Nicht "Fälle, Aufzählungen von 'Megamördern' oder Zahlen von Toten" auflisten", sondern die Entscheidungen und Formen der Durchführung von Genoziden analysieren will die neue "Zeitschrift für Genozidforschung", dessen erstes Heft vor wenigen Tagen erschienen ist. Die Fachzeitschrift wird herausgegeben vom Institut für Diaspora- und Genozidforschung (IDG)an der RUB.
Bochum, 14.12.1999
Nr. 316
Nicht Megamörder auflisten ...
... aber Völkermorde wissenschaftlich analysieren
Neue RUB-Fachzeitschrift für Genozidforschung erschienen
Nicht "Fälle, Aufzählungen von 'Megamördern' oder Zahlen von Toten" auflisten", sondern die Entscheidungen und Formen der Durchführung von Genoziden analysieren will die neue "Zeitschrift für Genozidforschung", dessen erstes Heft vor wenigen Tagen erschienen ist. Die Fachzeitschrift wird herausgegeben vom Institut für Diaspora- und Genozidforschung (IDG)an der RUB und versammelt Beiträge aus Geschichtswissenschaft, Soziologie, Sozialpsychologie, Literaturwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte, die sich wissenschaftlich mit dem Völkermord beschäftigen. Die Zeitschrift will außerdem Studien zu Trauma, Migration und Erinnerung einen Raum geben.
Genozid ist eigenständiges Phänomen
"Eher unwohl" fühlen sich Sozialwissenschaftler in Deutschland bei der Beschäftigung mit Genozid, stellt der Herausgeber der Zeitschrift und Geschäftsführer des IDG, Dr. Mihran Dabag, im einleitenden Beitrag zu "Genozidforschung" fest. Als positivistische Wissenschaft spricht sie Opfern die wissenschaftliche Objektivität ab und nimmt diesen einen wichtigen Raum, indem sie Emotionen und Ethik zu umschiffen versucht. Statt dessen suche sie die Auseinandersetzung mit dem Täter. Auch bisherige Ansätze zu einer "Soziologie" der Gewalt seien da, weil verallgemeinernd, kritisch zu betrachten. Eine soziologisch fundierte Genozidforschung müsse deshalb mit den überlieferten Vorstellungen brechen und den Genozid als eigenständiges soziales Phänomen erkennen.
Feminisierung des Genozids
Die irische Soziologin und Professorin für Soziologie, Ronit Lentin, vertieft solche Forschung, indem sie den Genozid als "vergeschlechtlicht" analysiert, was einerseits seinen Ausdruck in den Massenvergewaltigungen und Ermordungen von Frauen und Mädchen findet wie andererseits ihrer Typisierung als Trägerin nationaler Ehre oder Schande. Schließlich werden, so Lentin, Mädchen und Frauen als universelle Opfergruppe beschrieben und ihre Rolle als Aggressoren verwischt, wo männliche Tutsi wie beim Völkermord in Rwanda die eigentlichen Opfer sind.
Der Kosovo-Konflikt im Focu
Ein regelmäßiger "Focus" des Heftes bietet mit Kurzbeiträgen Diskussionsstoff zu Schwerpunktfragen. In der ersten Nummer steht der "Kosovo" im Mittelpunkt.
Weitere Beiträge sind:
Helen Fein: Genozid als Staatsverbrechen - Rwanda und Bosnien
Omer Bartov: Widerschein der Zerstörung - Krieg, Genozid und moderne Identität
Ronit Lentin: Geschlecht und Genozid - Feminisierung der Katastrophe
Otto Luchterhandt: Völkerrecht und Genozid
Seit 1994 Institut für Genozidforschung
Das Institut für Diaspora- und Genozidforschung wurde 1994 in Erweiterung des 1989 entstandenen interdisziplinären Arbeitsschwerpunkts an der RUB-Fakultät für Sozialwissenschaft gegründet und wurde im Juni 1998 als Institut an der Ruhr-Universität Bochum anerkannt.
Titelaufnahme
Zeitschrift für Genozidforschung. Verlag Leske + Budrich, Opladen. Erscheint halbjährlich, je ca. 150 Seiten, Jahresabo: DM 68,- (Studiernde 54,-; Einzelheft 40,-) ISSN 1438-8332
Weitere Informationen
Institut für Diaspora- und Genozidforschung an der RUB, Tel.: 0234/707978, Fax: 0234/708095, Redaktion: E-Mail: Zfgbochum@aol.com
http://www.ruhr-uni-bochum.de/idg/
Criteria of this press release:
History / archaeology, Language / literature, Law, Philosophy / ethics, Politics, Religion, Social studies
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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