Verschiebungen zwischen einem künstlichen Hüftgelenk und dem Knochen, in dem es verankert ist, führen dazu, daß sich das Implantat lockert und ausgetauscht werden muß. Manche Endoprothesen neigen, je nach Design, früher zum Lockern als andere. Es liegt im Interesse der Patienten, dies innerhalb möglichst kurzer Frist festzustellen. An der Orthopädischen Klinik der Universität Erlangen-Nürnberg (Direktor: Prof. Dr. Raimund Forst) steht ein neues, sehr präzises Verfahren zur frühzeitigen Entdeckung solcher feiner Migrationsprozesse zur Verfügung. Nach den Erfahrungen, die Priv.-Doz. Dr. Paolo Pitto und Dr. Dittmar Schwämmlein gesammelt haben, sind beim Einsatz dieser Präzisionsmeßtechnik zwei Jahre ausreichend, um Hüftprothesen unterschiedlicher Formgebung auf eine erhöhte Lockerungstendenz hin zu überprüfen.
Weltweit werden mittlerweile jährlich über eine Million künstlicher Hüftgelenke implantiert. In der orthopädischen Chirurgie ist diese Operation heute zur Routine geworden. Der beträchtliche Gewinn an Lebensqualität für die Patienten wird aber noch immer dadurch gemindert, daß die Lebensdauer von Hüftprothesen begrenzt ist, obwohl die Form der Prothesen, die eingesetzten Werkstoffe und die Operationstechniken erheblich verbessert wurden. Neue Studien zeigen, daß bereits innerhalb der ersten beiden Jahre nach der Implantation ein minimales Verschieben der Prothese auftreten kann, das, ohne daß eine Entzündung auftritt, mit hoher Wahrscheinlichkeit kurz- bis mittelfristig dazu führt, daß sich das Implantat lockert.
Mit herkömmlicher Röntgentechnik sind diese Wanderungsprozesse jedoch erst erkennbar, wenn Implantat und Knochen mehr als 5 mm gegeneinander verschoben sind. Feinere Migrationsprozesse lassen sich dagegen nur mittels der sogenannten Röntgenstereophotogrammetrie, kurz Röntgenstereoanalyse (RSA), erkennen. Diese spezielle Röntgentechnik wird mit einer Computerauswertung der gewonnenen Daten kombiniert.
Stereobilder mit Tantalum-Marker
Um dieses Verfahren anwenden zu können, ist es nötig, während der Implantation des Kunstgelenkes in der Nähe der Prothese an festgelegten Stellen im Knochen winzige Tantalumkugeln einzubringen, die später als Meßmarker dienen. In festen Zeitabständen werden dann nach der Operation spezielle Röntgenaufnahmen des operierten Hüftgelenkes angefertigt, und zwar zu gleicher Zeit mit Hilfe zweier Röntgenröhren, deren Strahlung sich überkreuzt. Durch die unterschiedliche Projektion auf den beiden Röntgenaufnahmen lassen sich computergestützt präzise Meßwerte für die jeweilige Lage der Prothese und der Tantalum-Kügelchen zueinander ermitteln. Ein Teil der Tantalum-Marker bildet dabei jeweils zweidimensionale Koordinatensysteme. Computerunterstützt werden anschließend dreidimensionale Koordinaten aus den Abbildungen ermittelt.
Aus der Änderung dieser Markerpositionen im Zeitverlauf lassen sich minimale "Wanderungen" der Prothese gegenüber dem Knochen messen. Die RSA macht es möglich, Verschiebungen schon ab einer Größenordnung von zehn Mikrometer zu erkennen; Drehungen können ab 0,06 bis 0,3 Grad erfaßt werden.
Bis vor kurzem war es nur über Langzeitstudien von zehn oder mehr Jahren möglich, eine Tendenz zur Lockerung bei bestimmten Prothesen zu erkennen. Die Radiostereoanalyse verkürzt den erforderlichen Testzeitraum für ein Prothesenmodell auf zwei Jahre. So kann der Optimierungsprozeß in der Implantatherstellung beschleunigt werden, um langfristig seltener gelockerte Prothesen auswechseln zu müssen.
Die Orthopädische Klinik der FAU ist eine der drei Kliniken in Deutschland, denen das RSA-Verfahren derzeit zur Verfügung steht. In Europa findet sich diese Präzisionsmeßeinrichtung nur noch in Schweden, in Großbritannien und in den Niederlanden. Die Erlanger Orthopäden haben mittlerweile ihre Meß- und Auswertungseinrichtung soweit ausgestattet, daß dieses qualitätssichernde Verfahren bundesweit für zementierte und nicht zementierte, sowie roboterunterstützt implantierte Hüftendoprothesen angeboten werden kann.
* Kontakt:
Dr. Dittmar Schwämmlein, PD Dr. Rocco Paolo Pitto
Orthopädische Klinik mit Poliklinik am Waldkrankenhaus St. Marien
Rathsberger Straße 57, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/822 -303, -370, -275, Fax: 09131/85 -23565
E-Mail: pitto@rzmailuni-erlangen.de
Criteria of this press release:
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Research results
German
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