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02/23/2000 11:37

Kunststoffe aus der Natur

Norbert Frie Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster

    Wenn man an die unaufhörlich wachsenden Müllberge denkt oder an den Verbrauch wertvoller Ressourcen wie Erdöl für die Produktion von Polymeren, könnte man sich eine Welt ohne Kunststoffe erträumen. Aber Kunststoffe sind heute aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken: Sie besitzen so gute und vielseitige Materialeigenschaften, dass sie für die Herstellung der unterschiedlichsten Verbrauchsgegenstände wie Verpackungen, Spielzeug, Isoliermaterial, Prothesen, Joghurtbecher und Windeln verwendet werden. Ein wahrer Wunschtraum sind deshalb Biopolymere, die dieselben Eigenschaften wie synthetische Kunststoffe besitzen, aber zudem noch biologisch abbaubar sind. Nach Gebrauch könnte man den Plastikmüll einfach auf den Kompost werfen und dem Abbau durch Mikroorganismen überlassen.

    An der Entwicklung "natürlicher Kunststoffe" ist unter anderem Prof. Dr. Alexander Steinbüchel vom Institut für Mikrobiologie der Universität Münster beteiligt. In seinem Arbeitskreis werden bestimmte Polyester, sogenannte Polyhydroxyfettsäuren, untersucht, die von vielen Mikroorganismen als Reservestoffe gebildet und gespeichert werden. Sie werden produziert, wenn genügend Kohlenstoffquellen, wie Zucker, vorhanden sind oder aber das Angebot an Phosphat und Stickstoff in der Nahrung zu niedrig ist. Benötigen die Mikroorganismen Energie, so wird der Speicherstoff wieder in seine Einzelteile zerlegt und verbraucht. Mit Hilfe molekularbiologischer und biochemischer Methoden wird untersucht, wie die verschiedenen Hydroxyfettsäuren als Bausteine für die Biopolyester von den Mikroorganismen hergestellt und dann durch ein Schlüsselenzym, der Polyestersynthase, zum langkettigen Polymer verknüpft werden. Unterstützt wird diese Grundlagenforschung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die EU.

    Der Gruppe um Prof. Steinbüchel gelang es erstmals, Gene von wichtigen Enzymen der Biosynthese zu klonieren und damit entscheidend zur Aufklärung der molekularen Mechanismen beizutragen. Heute sind mindestens 130 verschiedene Bausteine für mikrobielle Polyester bekannt. Außerdem beschränken sich die Kohlenstoffquellen nicht mehr allein nur auf Zucker, Fettsäuren und Proteine. Es können auch fossile Rohstoffe als Substrate eingesetzt werden. Pilzartige Organismen beispielsweise können Braunkohle verflüssigen. Bakterien wiederum können die dabei entstehenden Abbauprodukte in Biopolymere umwandeln.

    In anderen Projekten mit Pflanzenzüchtern wird versucht, die Biosynthese-Gene der Polyhydroxyfettsäuren in Nutzpflanzen wie Raps oder Kartoffeln einzubauen. Man erhofft sich davon unter anderem eine Senkung der Produktionskosten für Biopolymere. "Ein biotechnologisch hergestellter Polyester ist heute noch rund zehnmal so teuer wie ein aus Erdöl produziertes herkömmliches Polymer", erklärt Prof. Steinbüchel. "Ein Durchbruch in der Herstellung von Biopolymeren könnte durch die Produktion großer Mengen durch transgene Pflanzen erreicht werden."

    Bislang gibt es nur ein Biopolymer auf dem Markt, das beispielsweise als Material für Shampoo-Flaschen verwendet wird. Weitere Anwendungen sind in der Landwirtschaft als Mulchfolien, in der Medizin als Implantat- und chirurgisches Nahtmaterial und in der Autoindustrie als Verbundmaterial mit Fasern denkbar. Allerdings kann erst mit weiteren Produkten auf dem Markt gerechnet werden, wenn die Produktionskosten für biotechnologische Verfahren gesenkt oder neue Biopolyester mit speziellen Eigenschaften, die hohe Kosten rechtfertigen würden, entwickelt werden. "Im Bereich der Medizin wird die Gentechnik inzwischen von den Menschen weitestgehend akzeptiert," glaubt Prof. Steinbüchel. Ob Biopolymere aus transgenen Nutzpflanzen oder von gentechnisch veränderten Mikroorganismen ebenso akzeptiert werden, wird sich zeigen.


    More information:

    http://mibi1.uni-muenster.de/steinbu/index.htm


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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Economics / business administration, Environment / ecology, Information technology, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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