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03/23/2000 13:33

Der Bombenkrieg in Köln 1940 bis 1945

Dr. Wolfgang Mathias Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    26/2000/Alarm.coc
    2000 Stunden im Alarmzustand
    Der Bombenkrieg in Köln 1940 bis 1945
    Köln, den 23. März 2000 - Von Mai 1940 bis zum März 1945 ver-brachte die Bevölkerung der Stadt Köln fast 2.000 Stunden im Alarmzustand, der durch insgesamt 1.122 Fliegeralarme und 1.089 sogenannte "Öffentliche Luftwarnungen" ausgelöst wurde. Dabei war Köln als Metropole des Westens für die Alliierten ein willkomme-nes Ziel, das leicht zu orten war. Für die Nationalsozialisten hatte die Stadt mit ihren Luftkriegserfahrungen die Funktion ei-nes Experimentierfeldes für den Umgang mit dem Bombenkrieg. Zu diesem Ergebnis gelangt Katharina Matthias in einer Untersuchung, die sie am Historischen Seminar der Universität zu Köln angefer-tigt hat.

    Den ersten Fliegeralarm erleben die Kölner bereits am 4. Septem-ber 1939, drei Tage nach Kriegsbeginn. Allerdings war es dieses Mal noch ein Fehlalarm, da eine Staffel deutscher Flugzeuge Köln überflog und dabei irrtümlicherweise von der Flak beschossen wur-de. In der folgenden Nacht setzte sich die Aufregung durch einen erneuten Alarm fort, der durch den Anflug feindlicher Flugzeuge ausgelöst wurde. Dieses Mal warfen sie allerdings nur Flugblätter ab. In die Kriegsgeschichte eingegangen ist jedoch der sogenannte "Tausend-Bomber-Angriff" in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 1942. Erstmals starteten hier über 1.000 Flugzeuge, um ein Ziel anzugreifen. Die Zerstörungen, die der Angriff in Köln hinter-läßt, war bis zu diesem Zeitpunkt für nur wenige Menschen vor-stellbar. Bei der Bewältigung der Folgen dieses Angriffes wurden in Köln wichtige Erfahrungen gesammelt, die auch für das Vorgehen von Hilfskräften, Kommunen und Partei in anderen Städten von Be-deutung wurden.

    Die Vorbereitungen, die zum Schutz der Bevölkerung auf derartige Luftangriffe getroffen worden waren, zeigten sich als völlig un-zureichend. Aktionen des Reichsluftschutzbundes wie Dachbo-denentrümpelung und das Auffüllen von Wassereimern erfüllten zwar die wichtige Funktion einer Gewöhnung der Menschen an den Luft-krieg; mit der Realität hatten sie jedoch wenig zu tun. Auch standen weder Luftschutzräume noch Bunker in genügendem Maße zur Verfügung.

    Das Warnsystem - so die Kölner Historikerin - funktionierte in Köln jedoch gut. Es brach nie vollständig zusammen, obwohl auch die Warnzentrale im September 1944 schwer getroffen wird. Ein wichtiges Indiz für einen drohenden Angriff war im übrigen das Ausbleiben der örtlichen Rundfunksender. Diese schalteten ab, um den alliierten Bomberverbänden keine Orientierungshilfen zu ge-ben. Zu einer wichtigen Informationsquelle über Position und Flugrichtung angreifender Verbände entwickelte sich im Verlauf des Krieges die Luftlagemeldungen der Jagdfliegerdivisionen, die mit normalen Rundfunkgeräten abgehört werden konnten. Die hierzu benötigten Jägergradnetzkarten wurden zunächst heimlich gehan-delt; später gab es sie mit offensichtlicher Duldung der Behörden an jeder Straßenecke.

    Im Jahre 1942 flogen die alliierten Bomberverbände verstärkt auch bei Tag Störangriffe. Als Folge davon stieg die Zahl der Flieger-alarme bei Tag, und entsprechend nahm der Produktionsausfall in der Rüstungsindustrie zu. Um dies zu verhindern, führten die Be-hörden im August 1942 als neues Alarmsignal die "Öffentliche Luftwarnung" ein. Die Verluste, die dabei durch den Abwurf eini-ger Bomben oder Minen entstanden, wurden von den Behörden gerin-ger eingestuft als Produktionsausfälle durch die ständigen Alar-me. Bewußt nahmen sie den Tod von Menschen in Kauf, um das öf-fentliche Leben und die Produktivität besonders der Rüstungsindu-strie aufrecht zu erhalten.

    Durch die Bombardierungen verliert die Bevölkerung - so die Köl-ner Historikerin - im übertragenen wie im wörtlichen Sinne den Boden unter den Füßen. Allein die Zahl der Toten werden in Köln mit ca. 20.000 beziffert, von denen zwei Drittel in Schutzräumen umkamen. Sie werden von den Nationalsozialisten zu "Gefallenen des Bombenkrieges" stilisiert und mythisiert, um damit die Akzep-tanz des Massensterbens durch die Bevölkerung zu erreichen. Nach dem Angriff vom 29. Juni 1943, bei dem über 4000 Kölner getötet worden waren, veranstalten die Nationalsozialisten am 10. auf dem Heumarkt eine "Gefallenengedenkfeier", bei der der Gauleiter Grohé und Wehrmachtsgenerale die Reihen der angetretenen Ehren-formationen der Partei, der Wehrmacht, der Polizei und anderer Organisationen abschreiten.

    Im weiteren Verlauf des Krieges wird es immer weniger möglich, den letzten Schein von Normalität und Alltag in Köln aufrecht zu erhalten. Der Schulunterricht wird bereits Anfang September 1944 endgültig eingestellt und das urbane Zentrum Kölns wird aufgege-ben. Als das größte Problem stellte sich im Verlauf des Krieges aufgrund der Treibstoff- und Ersatzteilknappheit sowie des Man-gels an Reparaturwerkstätten das Fehlen von Transportkapazitäten heraus. Hierdurch wurde es immer schwieriger, Straßen von Trüm-mern zu befreien und die Bevölkerung mit lebensnotwendigen Waren wie Lebensmitteln, Kleidung und Arzneimitteln zu versorgen. Be-sonders Schuhe waren während des gesamten Krieges eine extreme Mangelware in Köln. Dabei fielen zunehmend Busse und Bahnen aus, so daß die Kölner sich mehr und mehr zu Fuß bewegen mußten. Schuhreparaturwerkstätten gab es dagegen kaum noch, weil zu Be-ginn des Krieges zahlreiche Schuhmacher einberufen worden waren.

    (92 Zeilen á 60 Anschläge)
    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Für Rückfragen stehen Ihnen Professor Dülffer unter der Telefon-nummer 0221/470-5248, der Fax-Nummer 0221/470-5148 und Katharina Matthias unter der Telefonnummer 0221/2834297 und der Email-Adresse K.Matthias@netcologne.de zur Verfügung.
    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.html).

    Für die Übersendung eines Belegexemplares wären wir Ihnen dank-bar.


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    Criteria of this press release:
    History / archaeology
    regional
    Research results
    German


     

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