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06/21/2000 10:22

Mit Körpertherapien die Magersucht bekämpfen

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    82/2000

    Körperkonfrontation

    Magersüchtige haben meist das Gespür für ihren Körper und seine Bedürfnisse verloren. Ist die Krankheit chronisch, so erweist sie sich häufig auch im Rahmen einer Bewegungstherapie als unbeeinflußbar. Doch lassen sich bei schwächer Erkrankten einige Erfolge erzielen. Sie nehmen stärker an Gewicht zu, beschäftigen sich gedanklich weniger mit dem Essen und überwinden ihre Depression besser. Alle Patientinnen - auch die chronisch Kranken - empfinden die Bewegungstherapie jedoch subjektiv als besonders wohltuend. Sie favorisieren sie gegenüber vielen anderen Therapiemaßnahmen. Zu diesem Ergebnis gelangt eine Studie, die Dr. Ralf Müller an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- -und Jugendalters an der Universität zu Köln erstellt hat.

    Der Mediziner interviewte eine Gruppe von 10 stationär behandelten Patientinnen im Alter von 14 bis 17 Jahren. Er befragte sie zu ihren Eßgewohnheiten, ihrer seelischen Verfassung, ihren körperlichen Beschwerden und der Wahrnehmung des eigenen Körpers. Die Befragten weisen, Dr. Müller zufolge, eine für Magersüchtige typische Symptomatik auf. Die Gedanken der Patientinnen kreisen ständig ums Essen, während sie sich mit Diäten, Abführmitteln oder Brechanfällen selbst kasteien. Oft umfängt sie eine tiefe Depression. Die Signale ihres Körpers, wie z.B. Hungergefühle, nehmen sie nicht mehr richtig wahr oder ignorieren sie. Dabei verleugnen sie den Zustand der körperlichen Auszehrung ebenso beharrlich, wie die seelischen Konflikte, die ihrer Krankheit zugrunde liegen.

    Intelligent und fleißig, jedoch unselbständig, introvertiert, überangepaßt und unsicher im sozialen Umgang, ist es um das Selbstvertrauen der Betroffenen häufig schlecht bestellt. Dies drückt sich - laut Dr. Müller - vor allem in ihrem negativen Körperbild aus, was nicht allzu verwunderlich ist, da Schönheit für Frauen häufig immer noch gleichbedeutend mit sozialer Anerkennung ist. Die Patientinnen empfinden sich stets als zu dick, gleichgültig, auf welches Gewicht sie sich schon heruntergehungert haben. Das Schlankheitsideal unserer heutigen Zeit trägt sein übriges dazu bei, doch scheint ein Konglomerat verschiedener anderer Faktoren für die Entstehung der Magersucht verantwortlich zu sein. Dazu zählen Probleme in der Eltern-Kind--Beziehung, seelische Belastungen oder auch biologische und genetische Einflüsse.

    Im Rahmen der Bewegungstherapie gilt es, so Dr. Müller, den Betroffenen wieder ein Gefühl für den eigenen Körper zu vermitteln. Sowohl körperliche als auch psychische und soziale Kompetenzen sollen auf diese Weise gefördert werden. Vorwiegend geht es um die Stärkung des Selbstvertrauens, der Autonomie und der allgemeinen Leistungsfähigkeit. Die Patientinnen sollen überdies aus ihrer sozialen Isolation befreit werden.

    In Einzelübungen und in der Gruppe erproben die Patientinnen schrittweise die Möglichkeiten ihres Körpers. Übungen, bei denen es darum geht, den eigenen Körper zu erspüren oder sich bewußt im Raum zu bewegen, stehen dabei ebenso auf dem Programm wie Partnerübungen, das Training an einfachen Geräten sowie Fitneß- und Gymnastikeinheiten. Daneben kommt Entspannungstechniken, wie z.B. der "Reise durch den eigenen Körper", eine große Bedeutung zu.

    In der Patientengunst stehen solche Übungen weit über dem Gruppengespräch oder der Musiktherapie. Das einzige Therapieelement, das eine ähnlich positive Resonanz erfährt, ist, der Erkenntnis des Kölner Mediziners zufolge, das Einzelgespräch. Im Laufe der Therapie reduzieren sich die körperlichen Beschwerden bei den Betroffenen zunehmend. Darüber hinaus beschäftigen sie sich gedanklich weniger mit dem Essen. Mit zunehmendem Gewicht schwinden die Depressionen. Doch obgleich im Rahmen der Therapie eine größere Vertrautheit mit dem eigenen Körper aufgebaut wird, bleibt die Unzufriedenheit mit den eigenen Körperdimensionen bei nahezu allen Betroffenen bestehen. Das Gefühl, zu dick zu sein, steigt überproportional zum Gewicht sogar an. Die Körperbildstörung - als wichtiger Krankheitsfaktor - ist also überaus konstant.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Für Rückfragen steht Ihnen Professor Lehmkuhl unter der Telefonnummer 0221/478-4370, der Fax-Nummer 0221/478-6104 und der Email- Adresse Gerd-.Lehmkuhl@medizin.uni-koeln.de zur Verfügung.

    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web
    (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.htm).

    Für die Übersendung eines Belegexemplares wären wir Ihnen dankbar.


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    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research results
    German


     

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