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05/05/1998 00:00

Russlands Unternehmer wünschen sich Marktwirtschaft nach westlichem Vorbild

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    81/98

    Auf illegale Praktiken angewiesen

    Russlands Unternehmer wuenschen sich Marktwirtschaft nach westlichem Vorbild

    Das marktwirtschaftlich orientierte Wirtschaftssystem in Russland beruht auch heute noch auf den Praktiken, die sich vor dem Beginn der Perestroika Ende der 80er Jahre im sowjetischen Planwirtschaftssystem etabliert haben. Die russische Wirtschaft ist dual strukturiert. Das heisst, neben dem offiziellen Markt wirtschaften russische Unternehmen auch auf einer inoffiziellen Ebene. Personen nutzen ihre offizielle Entscheidungsgewalt ueber Gueter und Ressourcen, um inoffiziell zu handeln und zu produzieren, ohne Steuern abzufuehren. Diese Praxis macht russische Unternehmen anfaellig fuer Erpressungen oder Betrugsversuche durch Geschaeftspartner. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung von Dr. Barbara Zschoch, die sie am Institut fuer Voelkerkunde der Universitaet zu Koeln angefertigt hat.

    Die Studie untersuchte die wirtschaftliche Lage und Entwicklung von Kleinunternehmen der russischen Stadt Jaroslavl" waehrend des Zeitraums von 1994 bis 1995. Da gerade Kleinunternehmen auf ein veraendertes wirtschaftliches Umfeld sehr schnell reagieren, koennen anhand der vorliegenden Studie Schluesse auf den Zustand des gesamten Wirtschaftssystems gezogen werden.

    Zur Zeit der Sowjetunion fuehrte die unflexible, buerokratische Planwirtschaft zu Engpaessen und Knappheit von Guetern und Dienstleistungen, was die Entstehung einer zweiten, inoffiziellen Wirtschaftsebene foerderte. Auf diesem inoffiziellen Markt strebten die Akteure nicht, wie in der marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaft ueblich, nach Gewinnmaximierung, sondern nach der Maximierung ihrer Kontrolle ueber Verteilungsprozesse. Nach dem Wegfall der sozialistischen Staatsform blieb diese Dualitaet des Wirtschaftssystems jedoch erhalten. Die Ursache hierfuer sieht die Koelner Wirtschaftsethnologin in der Steuergesetzgebung Russlands. Zu hohe Steuern machen es gerade den Kleinunternehmen praktisch unmoeglich, oekonomisch zu arbeiten. Sie koennen es sich im woertlichen Sinne nicht leisten, auf illegale Praktiken wie Steuerhinterziehung zu verzichten, so dass sie wie frueher an den offiziellen Stellen vorbei arbeiten. Im Vergleich zur Situation in der Sowjetunion hat die inoffizielle Seite der russischen Wirtschaft sogar noch an Bedeutung gewonnen. Sowohl Anzahl als auch Hoehe der Bestechungssummen sind, so die vorliegende Studie, deutlich gestiegen.

    Dennoch sind es gerade die Kleinunternehmen, die die Entwicklung der Wirtschaft in Russland zu einem marktwirtschaftlich orientierten System vorantreiben koennen. Da Kleinunternehmen in der Regel nicht selber ueber ausreichend Ressourcen verfuegen und auf diese Weise Macht innerhalb des inoffiziellen Marktes ausueben koennen, sind sie praktisch auf das Funktionieren der offiziellen regulaeren Wirtschaftsmechanismen angewiesen. Hinzu kommt natuerlich die wachsende UEberzeugung vieler Unternehmer, dass ein marktwirtschaftliches Wirtschaftssystem nach westlichem Vorbild die wirtschaftliche Situation in Russland positiv beeinflussen wuerde. Eine Moeglichkeit Gesetzestreue und marktorientierte Taetigkeit fuer die Unternehmer lukrativ zu machen, sieht die Koelner Wirtschaftsethnologin darin, die Steuern zu senken. Mit dem Machtwechsel in der russischen Regierung zugunsten der "Reformer" zu Beginn des Jahres 1997 stehen die Chancen fuer eine solche Entwicklung nicht schlecht.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Fuer Rueckfragen steht Ihnen Professor Dr. Thomas Schweizer unter der Telefonnummer 0221/470-2278 ,Fax-Nummer 0221/470-5117 und der Email-Adresse thomas.schweizer@uni-koeln.de zur Verfuegung.

    Fuer die UEbersendung eines Belegexemplares waeren wir Ihnen dankbar.

    Presse- und Informationsstelle der Universitaet zu Koeln, Albertus-Magnus-Platz 1, 50923 Koeln, Tel. 0221 470 2202, Fax 0221 470 5190, http://www.uni-koeln.de/organe/presse


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