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06/25/1997 00:00

Mehr Schulden, weniger Ansprüche

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Mehr Schulden, weniger Ansprueche

    Verschiebung der Waehrungsunion nicht durchsetzbar

    Je hoeher die Staatsverschuldung, desto geringer sollte das Anrecht auf Inanspruchnahme von Leistungen aus der Gemeinschaft sein. Eine dafuer notwendige Verschiebung der geplanten Waehrungsunion wird sich aber - entgegen oekonomischen Argumenten - aus politischen Gruenden nicht durchsetzen lassen. Der Europaeische Rat wird die Konvergenzkriterien des Maastricht-Vertrages im Fruehjahr 1998 eher grosszuegig auslegen. Dann koennten auch Laender aufgenommen werden, welche die oekonomische Ziele zwar nicht alle erfuellen, aus politischen Gruenden aber unbedingt dabei sein muessen, wie zum Beispiel Deutschland oder Frankreich. Zu diesem Schluss kommt Dr. Carolin Nerlich in ihrer Untersuchung ueber die wirtschaftliche Stabilitaet in einer Waehrungsunion, erstellt im Institut fuer Wirtschaftspolitik (Geschaeftsfuehrender Direktor: Professor Dr. Juergen Donges) der Universitaet zu Koeln.

    Die Vorteile einer gemeinsamen europaeischen Waehrung werden sich nur dann zeigen, so die Koelner Volkswirtin, wenn ihre Stabilitaet gewaehrleistet ist. Unabdingbare Voraussetzung dafuer ist nach ihrer Auffassung, dass die Europaeische Zentralbank das strikte Ziel der Geldwertstabilitaet verfolgt. Dieses Ziel ist jedoch in Gefahr, wenn die Entwicklungsniveaus der Teilnehmerlaender zu unterschiedlich sind. Deren Harmonisierung haengt aber wesentlich von der jeweiligen nationalen Einkommensentwicklung ab. Diese koennte nach Ansicht von Dr. Nerlich sehr unterschiedlich verlaufen. Als wesentlichen Grund fuehrt sie hier sogenannte negative Spill-over-Effekte an. Konkret bedeutet dies zu grosse Unterschiede bei entscheidenden (makrooekonomischen) Bestimmungsgroessen. Dazu zaehlen etwa Differenzen in der Fiskalpolitik - wie z.B. bei der Staatsverschuldung - oder Geldpolitik - wie z.B. bei den Inflationsraten. Hier aeussert Dr. Nerlich Zweifel an der Anpassungsfaehigkeit der Mitgliedstaaten. So gibt es nach ihrer Ansicht im Moment nachdrueckliche Bestrebungen, die Harmonisierung in wirtschaftspolitischen Bereichen zu energisch voranzutreiben. Dies koennte dazu fuehren, dass sich die Anpassungsbereitschaft einiger Laender verringert, die sich zu sehr unter Druck gesetzt fuehlen. Wenn aber die Anpassungsfaehigkeit der Mitglieder gering ist, bleibt zu ueberlegen, ob die jeweiligen Regierungen nicht wenigstens zeitweise stabilisierend eingreifen sollten. Insbesondere in bezug auf die Fiskalpolitik sieht die Koelner Wirtschaftswissenschaftlerin Handlungsbedarf bei der anzustrebenden Harmonisierung. Doch hier koennten nach ihrer Auffassung auch neue Probleme entstehen. Denn innereuropaeische Transfermechanismen - etwa nach dem Vorbild eines Bund-Laender-Finanzausgleichs - fuehren nicht automatisch zu einer Harmonisierung der nationalen Einkommensentwicklungen. Der Anreiz der schwaecheren Laender, Anpassungslasten mit zu tragen, koennte so zurueckgehen. Fuer ebenfalls nur bedingt tauglich haelt Dr. Nerlich Bestrebungen, die nationalen Steuersaetze zu harmonisieren. Dies allein sei keine geeignete Massnahme, den fiskalpolitischen Handlungsspielraum zu erhoehen. Nach ihrer Auffassung kann nur eine Harmonisierung der Verschuldungsniveaus ueberzeugen, wobei sie die Maastricht-Kriterien fuer bei weitem nicht ausreichend haelt. Diese Massnahme sei zwar eine wesentliche Voraussetzung fuer den Erfolg einer gemeinsamen Waehrung, aber fuer sich alleine nicht ausreichend. Nach Auffassung von Dr. Nerlich sollten noch weitere Stabilitaetsbedingungen geschaffen werden. Hierzu zaehlt sie insbesondere die Beseitigung mobilitaetshemmender Regulierungen, wie z.B. in der Gesetzgebung, als auch die Verbesserung der nationalen Standortfaktoren. Die bestehenden (nominalen) Konvergenzkriterien sollen ihrer Meinung nach auf jeden Fall eingehalten werden. Bei gleichzeitiger Erfuellung des Zeitplans wuerde dies jedoch zu einem anfangs sehr kleinen Teilnehmerkreis fuehren. Dadurch aber waere der Nutzen der Teilnehmerlaender beeintraechtigt, und dies gleich, so Dr. Nerling, in zweierlei Hinsicht: Die Effizienzvorteile sinken grundsaetzlich in einem gemeinsamen Waehrungsraum, je geringer die Zahl der Mitglieder ist. Weiterhin koennten sich die ausgeschlossenen Laender dann immer noch bestehenden Wechselkursschwankungen zunutze machen. So koennten sie, zunaechst ausgegrenzt, ihren "eigenen Handel" gegen gemeinsame EU-Interessen betreiben. Damit es nicht zu diesen moeglichen fehlerhaften Entwicklungen kommt, befuerwortet Dr. Nerlich, dass die Beitrittskriterien grosszuegig ausgelegt werden. Die aktuelle Debatte zeigt das Bemuehen, den Kreis der Teilnehmer moeglichst gross werden zu lassen. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass die EWU mit Laendern gebildet wird, deren Mass an wirtschaftlicher Konvergenz fuer ausreichend befunden wird. Damit es nicht zu den beschriebenen Wettbewerbsverzerrungen kommt, sollte nach Dr. Nerlichs Ansicht zumindest die Beziehungen zwischen Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern weiterhin "gepflegt" werden. Nur so koenne jederzeit ein Anreiz bestehen, die Eintrittskriterien zu erfuellen.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias Fuer Rueckfragen steht Ihnen Professor Dr. Juergen Donges unter der Telefonnummer 0221/470-5731, Fax-Nummer 0221/470-5187 und der Email-Adresse Juergen.Donges@uni-koeln.de zur Verfuegung.

    Fuer die UEbersendung eines Belegexemplares waeren wir Ihnen dankbar.


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