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06/05/1997 00:00

Vielfalt der kollektiven Selbsthilfe

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Vielfalt der kollektiven Selbsthilfe

    Wohnungsgenossenschaften in den neuen Bundeslaendern

    Den typischen Wohnungsmarkt als Kennzeichen des ehemaligen Sozialismus gibt es nicht. Vielmehr existiert eine grosse Zahl segmentierter Teilmaerkte, deren Unterschiedlichkeit ueberrascht. Einen wesentlichen Teilmarkt bilden dabei die Wohnungsgenossenschaften in den neuen Bundeslaendern. Als Traeger kollektiver Selbsthilfe auf dem Wohnungsmarkt sollte ihre Leistungsfaehigkeit wieder verstaerkte Beachtung finden. Zu diesem Ergebnis kommt Dr. Werner Schoenig in seiner Studie, erstellt am Seminar fuer Genossenschaftswesen der Universitaet zu Koeln.

    In seiner Analyse vergleicht er die Situation des Wohnungs- bestandes in den neuen Bundeslaendern mit der Situation in den alten. Seinen Schwerpunkt legt er dabei auf die Entwicklung der Wohnungsgenossenschaft. Der Blick in die Geschichte zeigt hier keine geradlinige Entwicklung. Die Wohnungsgenossenschaften werden oft als, so Dr. Schoenig, "Kinder der Not" angesehen, da sie auch auf staatliche Unterstuetzung angewiesen waren. Ihre Bedeutung wuchs immer dann, wenn der Wohnungsmarkt alleine aufkommende Probleme nicht loesen konnte. Eine wesentliche Grundlage des Genossenschafts- geistes war die mit Utopien verbundene und insofern Reform- orientierte Wohnkonzeption. Aber genau diese Utopie hatte in der Zeit des Nationalsozialismus keinen Platz, da sie als Bedrohung fuer das System empfunden wurde.

    So reduzierte der Staat die Aufgabe der Genossenschaften auf eine rein gueterwirtschaftliche Funktion. Mit diesem Verlust der weltanschaulichen Grundlage waren nachhaltige Probleme in der Begruendung der Mitgliedersolidaritaet verbunden. Diese, so Dr. Schoenig, "Krise des Gruppengeistes" praegte die spaeteren wohnungswirtschaftlichen Probleme ganz entscheidend. So konnten die Wohnungsgenossenschaften nach dem Zweiten Weltkrieg in beiden Teilen Deutschlands nicht mehr ihr altes Profil zurueckgewinnen. Waehrend jedoch in den alten Bundeslaendern die Wohnungsgemeinnuetzigkeit Freiraeume liess, war sie in der DDR zu stark in die zentrale Verwaltungswirtschaft eingebunden. Dort wurden einige Genossenschaften zur Errichtung eines enormen industriellen Neubaus instrumentalisiert.

    Als Folge ist in den neuen Bundeslaendern noch heute ein, so Dr. Schoenig, grosses Auseinanderklaffen des genossenschaftlichen Spektrums zu beobachten. Der Koelner Wirtschaftswissenschaftler zeichnet hier insgesamt sechs verschiedene Typenbilder auf, wobei er zwischen Merkmalen wie Groesse, Mitgliederinteressen und Aufgaben differenziert. So ergibt sich eine vielfaeltige Bandbreite von der kleinsten Genossenschaft - mit bis zu 150 ehrenamtlichen Mitgliedern - bis zur groessten mit ueber 1500 hauptamtlichen Mitgliedern.

    Aus diesen differenzierten Ergebnissen seiner Bestandsaufnahme resultiert nach seiner Auffassung auch eine unterschiedliche Perspektive. Infolge ihrer Einbindung in den komplexen DDR-Wohnungsbau haben z.B. einige Grossgenossenschaften mehrere Tausend Wohnungen in den sogenannten Plattenbauten. Daraus koennten sich nach Ansicht von Dr. Schoening substantielle Probleme - wie etwa hohe Altschulden - ergeben. Dagegen seien viele eher kleinere Wohnungsgenossenschaften ohne Plattenbaubestand von der Substanz her durchaus mit den westdeutschen vergleichbar. Als Folgerung ergibt sich ein strukturell gutes Zusammengehoerig- keitsgefuehl bei "traditionell" errichteten Wohnungsbestaenden, ein eher schlechtes dagegen bei Bewohnern von Plattenbau-Wohnungsge- nossenschaften. Waehrend zukuenftig Altbauten und traditionell errichtete Neubauten schnell modernisiert und aufgewertet werden koennen, sind bei den Plattenbauten zukuenftig Vermietungsprobleme zu erwarten.

    Diese gewachsenen Strukturen sind nach Auffassung von Dr. Schoening genauso in der Wohnungspolitik zu beruecksichtigen, wie die Orientierung auf konzeptionelles und langfristiges Handeln. So wenig wie es "die" typische Wohnungsgenossenschaft gibt, so wenig kann es "die" typische Wohnungspolitik geben. Wenn in der wieder auftretenden Wohnungskrise heute verstaerkt nach Traegern wohnungspolitischer Instrumente gefragt wird, sollte an die Leistungsfaehigkeit der genossenschaftlichen Konzeption erinnert werden.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Fuer Rueckfragen steht Ihnen Dr. Werner Schoenig unter den Telefonnummern 0221/470-2301, 470-4239 und der Fax-Nummer 0221/470-5563 zur Verfuegung.

    Fuer die UEbersendung eines Belegexemplares waeren wir Ihnen dankbar.


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