Buecherkataloge locken nur wenige zum Lesen
RUB-Dissertation analysiert Buchwerbung in Prospekten
Zwei Dollar fuer jedes gelesene Buch. So versucht man in den USA, Kinder sozial schwacher Familien zum Lesen von Buechern zu koedern. In Deutschland beschraenkt man sich - noch - darauf, das Beduerfnis nach Buechern mit Werbung zu steigern. Doch wie? Unter anderem mit Verlagsprospekten, die aber nicht die Masse der Konsumenten ansprechen, sondern den ueberdurchschnittlich "gebildeten" Interessenten, der von vornherein einen engen Bezug zu dem Medium hat und regelmaessig liest. Das hat Dr. Sabine Steinkopf in ihrer soeben erschienenen Bochumer Dissertation "Buchwerbung in Prospekten" festgestellt. Betreut von Prof. em. Dr. Siegfrid Grosse (Germanische Philologie, Germanistisches Institut der RUB) untersuchte Dr. Steinkopf rund 700 Werbebroschueren kleiner und grosser Buchverlage auf ihre sprachliche Form. Ihr Fazit: Herausgeber von Buchkatalogen setzen bewusst keine uebliche Werbesprache ein und erreichen deswegen solche Adressaten nicht, die Buechern gleichgueltig oder ablehnend gegenueberstehen.
Werbeschriften vor allem fuer Wissenschaftsliteratur oder Klassiker unterscheiden sich gewaltig gegenueber Prospekten fuer herkoemmliche Produkte, die mit eindeutigen und positiven Aussagen den Konsumenten ansprechen. Die Sprache in Buchprospekten ist gepraegt von komplexem Satzbau, gehaeuftem Fremdwoertergebrauch und rhetorischen Fragen. Auch Anspielungen auf andere Buecher, Autoren, oder Kultur allgemein erschweren das Textverstaendnis. Anders werben die Verlage fuer Publikumsrenner und fuer Taschenbuecher: Wie bei herkoemmlicher Werbesprache preisen sie die Buecher im Telegrammstil und mit emotionaler Sprache an. Grundsaetzlich ein markanter Zug der Buchwerbung ist die metaphorische Ausdrucksweise. Bildhafte Vergleiche werden zwar auch bei gewoehnlicher Produktwerbung eingesetzt, sind aber dort viel seltener und beschraenken sich meist auf Schmuckmetaphern. Bei Buchwerbung haeufen sich Metaphern auch aus den Bereichen Kueche, Jagd oder Krieg. Besonders erstaunliches Ergebnis der Dissertation ist, dass selbst Werbung fuer Kinder- und Jugendliteratur wegen kompliziertem Satzbau und vermeidbaren Fremdwoertern schwer verstaendlich ist.
Mit guenstigen Preisen versucht kaum ein Prospekt die Interessenten zu locken. Zum Kauf eines bestimmten Buches wird abhaengig vom Genre geworben: Bei wissenschaftlicher Literatur soll der Hinweis auf den aktuellen Forschungsstand und auf das internationale Renommee des Verfassers den Konsumenten reizen, waehrend fuer Weltliteratur und Klassiker mit dem Kunstcharakter des Werkes und literaturwissenschaftlichen Fachbegriffen geworben wird. Der gewoehnlichen Werbesprache naehern sich Buchprospekte nur bei der Vorstellung von Belletristik. Vor allem Werbung fuer Taschenbuecher motiviert mit Signalwoertern, die die Emotionen des Lesers ansprechen sollen.
Buchwerbung in dieser Form animiert breitere Bevoelkerungsgruppen nicht zum Lesen, sondern schreckt eher ab. Die Bochumer Wissenschaftlerin schlaegt deshalb vor, Buchkataloge interessant und abwechslungsreich, aehnlich Magazinen zu gestalten. Um wenigstens Adressaten zu erreichen, die hin und wieder ein Buch lesen, sollte die Werbung mit strukturierten Texten und abwechslungsreichem Satzbau anstatt Schachtelsaetzen oder Telegrammstil gestaltet werden und ueberfluessige Fremdwoerter vermeiden. Das Medium Buch koennte optimistisch in die Zukunft schauen, so Dr. Steinkopf, wenn die Verlage in ihren Prospkten nicht nur "Eingeweihte" zum Erwerb bestimmter Buecher anregten, sondern allgemein fuer das Lesen plaedierten. So koennten sie amerikanischen Tendenzen vorbeugen und verhindern helfen, dass wir auch einmal Kinder fuer das Lesen von Buechern bezahlen muessen.
Sabine Steinkopf, Buchwerbung in Prospekten, Bochum, Universitaetsverlag Dr. N. Brockmeyer 1994, DM 29,80, ISBN 3- 8196-0300-X
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