Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz hat heute, 4. November 2009, in der Aula der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) die Forschungspreise des Landes Sachsen-Anhalt verliehen. Den mit 25000 Euro dotierten Preis für Grundlagenforschung erhielt Dr. Katharina Schramm vom Seminar für Ethnologie der MLU. Sie war Post-doc-Stipendiatin an der MLU-Graduiertenschule "Asien und Afrika in globalen Bezugssystemen" (jetzt: "Societies and Cultures in Motion") und habilitiert zurzeit am Lehrstuhl vom Prof. Dr. Richard Rottenburg. "Mit dem Preisgeld kann ich die Feldforschung im Rahmen meiner Habilitation realisieren", freute sich die Preisträgerin.
Die gebürtige Berlinerin erforscht insbesondere mit Blick auf Afrika historische und gegenwärtige Beziehungsgeflechte zwischen verschiedenen Gesellschaften sowie deren konkrete kulturelle und politische Ausdrucksformen. Ihr Habilitationsprojekt ist an der Schnittstelle zwischen Ethnologie, Philosophie und den Lebenswissenschaften angesiedelt. "Dabei soll es vor allem um den Zusammenhang zwischen einem neuen genetischen Verfahren, dem sogenannten Genetic Ancestry Testing, und dessen Auswirkungen auf Identitätskonzepte gehen", verrät die Ethnologin. Ziel des Ancestry-Verfahrens ist es, die historische Mitgliedschaft eines Individuums zu einer oder mehreren Bevölkerungsgruppen zu bestimmen. Dabei wird suggeriert, kulturelle Zugehörigkeit sei über die Gene determiniert; die damit verbundenen sozialen Prozesse werden jedoch ausgeblendet. "Dieser Tendenz zur Rebiologisierung möchte ich einen wissenschaftliche Ansatz entgegen stellen, der die strikte Trennung der Sphären des Biologischen, des Sozialen und des Intellektuellen widerlegt", so Schramm.
Das Bewusstsein für die Komplexität von Zusammenhängen zu schärfen, ist für sie die zentrale Aufgabe von Wissenschaft. "Von dem Projekt erwarte ich zum einen ein besseres Verständnis der gesellschaftspolitischen Auswirkungen technologischer Innovationen und der Rückwirkung sozialer Prozesse auf wissenschaftliche Erkenntnis. Zum anderen geht es um die Frage, wie Identitäten und Kategorien "gemacht" werden, was auch in Bezug auf gegenwärtige Debatten um Migration, Zugehörigkeit und Rassismus in Deutschland von entscheidender Bedeutung ist", sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin der MLU. Um das Wechselspiel zwischen Politik, sozialer Geschichte und neuer Genetik kritisch untersuchen zu können, wird sie in Afrika Feldforschung betreiben. Ihre bisherigen wissenschaftlichen Arbeiten zu Fragen der Erinnerungspolitik und des Rassismus sowie zu zeitgenössischen Identitätsdiskursen und Kulturpolitik haben sie besonders oft nach Ghana geführt.
Katharina Schramm hat in Berlin Ethnologie und Afrikanistik studiert und anschließend mit Auszeichnung über die afroamerikanischen Rückkehrbewegungen nach Ghana promoviert. Seit August 2005 forscht die zweifache Mutter an der MLU in Halle. Die Ethnologin hat bereits eine Monografie zum ghanaischen Nationalballett und seiner Einbindung in die nationale Kulturpolitik sowie verschiedene wissenschaftliche Arbeiten über Pilgertourismus, kulturelle Authentizität, Panafrikanismus und den gegenwärtigen Status anthropologischer Feldforschung veröffentlicht.
Mit den Forschungspreisen des Landes Sachsen-Anhalt werden seit 1998 jährlich junge Wissenschaftler für ihre herausragenden Arbeiten ausgezeichnet. Der mit 50 000 Euro dotierte Preis für Grundlagenforschung ging dieses Jahr an zwei Nachwuchswissenschaftler, die jeweils 25 000 Euro erhalten. Katharina Schramm ist die erste Geisteswissenschaftlerin, die mit dem Preis für Grundlagenforschung geehrt wird. Der zweite Preisträger ist Dr. Gabor Janiga von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Durch die finanzielle Zuwendung sollen die Arbeitsmöglichkeiten der Preisträger verbessert und
erweitert werden.
http://www.ethnologie.uni-halle.de/personal/schramm_katharina/
Dr. Katharina Schramm
Foto: Florian Keller
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Criteria of this press release:
Cultural sciences, Philosophy / ethics, Social studies
regional
Contests / awards, Personnel announcements
German
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