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06/29/2001 10:41

Leipziger Universitätskantaten

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    89/2001
    Leipziger Universitätskantaten
    Collegium musicum spielte Bach auf CD

    "Johann Sebastian Bach - Leipziger Universitätskantaten" ist der Titel einer CD, die das Collegium musicum vocale et instrumentale der Universität zu Köln unter der Leitung von Universitätsmusikdirektor Professor Dr. Dieter Gutknecht eingespielt hat. Die CD enthält die Kantaten "Zerreißet, zersprenget, zertrümmert die Gruft" (BWV 205), die Kantate "Laß, Fürstin, laß noch einen Strahl" (BWV 198) und die Kantate "Vereinigte Zwietracht der wechselnden Saiten" (BWV 207). Für 20 DM ist die CD am Kiosk im Foyer des Hauptgebäudes der Universität, Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln, erhältlich.

    Die in dem Konzert aufgeführten Kantaten vermögen einen Einblick in das musikalisch-universitäre Leben der Universität Leipzig zu geben, wie Bach es von der Mitte der zwanziger Jahre des 18. Jahrhunderts an mitgestaltete. Außer den drei im Programm enthaltenen Werken schuf Bach nachweislich wesentlich mehr Kompositionen für die unterschiedlichen Anlässe des akademischen Lebens, die jedoch z.T. nicht erhalten oder aber nicht zuweisbar sind. Z.B. haben erst neuere Forschungen ergeben, dass Bach von seinem Amtsantritt 1723 an - er war von 1723 bis 1725 nach Schering neben Thomaskantor auch Universitätsmusikdirektor - jeden Sonntag für die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes in der Universitätskirche (Paulikirche) fast bis zu seinem Tode verantwortlich war und dafür bezahlt wurde. Neben diesem kirchlichen Universitätsdienst galt es ferner, aus Anlass von Promotionsfeiern, die von allen Fakultäten übrigens ebenfalls in der Paulikirche durchgeführt wurden - man nutzte sie also als Aula maxima für Stadt- oder Landesfeierlichkeiten wie Geburtstage, Trauerfeierlichkeiten oder Jubiläen hochgestellter Persönlichkeiten -, Musik zu komponieren und aufzuführen. Bachs Beziehung zur Universität erfuhr 1725 eine teilweise Unterbrechung, da er nicht mehr gewillt war, größere Musiken ohne Entgelt in der Paulikirche aufzuführen.

    Aus zwei unterschiedlichen Anlässen verdanken die drei Kantaten des Programms ihre Entstehung. Wurden die Kantaten "Zerreißet, zersprenget, zertrümmert die Gruft" BWV 205 (1725) und "Vereinigte Zwietracht der wechselnden Saiten" BWV 207 (1726) von Studenten als Huldigungsmusik verehrter Universitätslehrer bei Bach in Auftrag gegeben, so stellt die Trauer-Kantate "Lass, Fürstin, lass noch einen Strahl aus Salems Sterngewölben schießen" BWV 198 (1727) gewissermaßen nolens volens eine offizielle Auftragskomposition der Universität dar - wenigstens fasste Bach es so auf. Die Universitätsleitung teilte ihm jedoch von vornherein mit, dass er aus dieser Gelegenheit nicht schließen dürfe, er habe mit der Duldung einen Präzedenzfall geschaffen, der zu weiteren Aufträgen Anlass geben könnte. Eine von der Universität verlangte schriftliche Bestätigung unterschrieb Bach nicht.

    Am 3. August 1725 führten Leipziger Studenten dem äußerst beliebten Universitätsprofessor Dr. August Friedrich Müller, Jurist und Philosoph, zu seinem Namenstag als Freiluftmusik die äußerst üppig besetzte Kantate BWV 205 auf, die als "Dramma per musica" konzipiert ist und den Titel "Der zufriedengestellte Äolus" trägt. Der Text stammt von Picander (Henrici), dem eine einfache Handlung zugrunde liegt: Pallas Athene gibt ein Fest zu Ehren des Professors Müller, befürchtet aber, dass Äolus als Gott der Winde schon jetzt im August die Herbststürme loslassen könnte. Aber mit Hilfe von Zephyr, dem Gott der milden Winde, Pomona, der Göttin des Obstbaues und dem nachdrücklichen Hinweis auf die Ehrung des verehrten Herrn Professors gelingt es Pallas Athene, Äolus umzustimmen und somit das Fest ohne Störung durchzuführen. Nachdem nun eine Störung abgewendet ist, lädt Pallas Athene alle Anwesenden ein, in ein gemeinsames "Vivat" auf den gelehrten Mann einzustimmen.

    BWV 207 ist ebenfalls ein Auftragswerk von Studenten an Bach, um den Leipziger Professor Dr. Gottlieb Kortte zu ehren. Die vier Solosänger treten als allegorische Personen des "Glücks" (Sopran), der "Dankbarkeit" (Alt), des "Fleißes" (Tenor) und der "Ehre" (Bass) auf. Die Musik des Eingangschores entlehnte Bach aus dem ersten "Brandenburgischen Konzert" (3. Satz), ferner zitiert er das 2. Trio aus demselben Konzert, hier jedoch in der Instrumentierung mit Trompeten statt Hörnern. Insgesamt ist auch diese Kantate eine überaus üppig gestaltete Huldigungsmusik mit reichhaltigstem Instrumentarium.
    Die schon angesprochene Kantate BWV 198 erklang zur Trauerfeier auf den Tod der Kurfürstin Christiane Eberhardine, der Gemahlin Augusts des Starken. Die Fürstin war im evangelischen Sachsen äußerst beliebt, da sie sich der Konvertierung zum Katholizismus, die ihr Gemahl bekanntlich vollzog, widersetzt hatte. Der Leipziger Student Carl von Kirchbach gab diese Trauermusik in Auftrag und verpflichtete neben Bach Johann Christoph Gottsched als Textdichter. Auch diese Musik verlangt ein abwechslungsreiches Instrumentarium, da neben den üblichen Streichern ferner zwei Viole da Gamba und Lauten verlangt werden, Instrumente, die Bach ja auch in beiden Passionskompositionen zur Darstellung von Trauer einsetzte bzw. einsetzen sollte. Teile dieser Komposition gingen in nachfolgende Trauermusiken und in die verlorene Markus-Passion von 1731 ein.

    Diese drei Bachschen Werke geben einen Eindruck besonderer universitärer Feiergestaltung aus den unterschiedlichsten Anlässen wieder. Sie stehen in langer Tradition, da seine Amtsvorgänger im Thomaskantoratsamt ebenfalls solche Werke schufen und später z.B. Mozart solche für Salzburger Freunde auch komponiert hat (Sextett KV 364 u.a.)

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Für Rückfragen steht Ihnen Professor Dr. Dieter Gutknecht unter der Telefonnummer 0221 470 2770, der Fax-Nummer 0221 470 4964 und der Email-Adresse dieter.gutknecht@uni-koeln.de zur Verfügung.
    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.html).

    Für die Übersendung eines Belegexemplares wären wir Ihnen dankbar.


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    Criteria of this press release:
    Art / design, Music / theatre
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications
    German


     

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