208/97 Diabetikerbetreuung in Deutschland deutlich unter internationalem Standard Jaehrliche Mehrkosten von 689 Millionen DM notwendig
Die ambulante Behandlung und Therapiekontrolle von an Diabetes Erkrankten liegt in Deutschland insgesamt deutlich unter den von den Europaeischen Konsensus-Konferenzen empfohlenen Standards. Mehrausgaben bei der Behandlung des insulin- und nichtinsulinpflichtigen Diabetes erfordert besonders die Therapiekontrolle. Im Bereich der medikamentoesen Therapie koennen hingegen deutliche Einsparungen vorgenommen werden. Zu diesem Ergebnis kommen Lieselotte von Ferber und Ingrid Koester, Mitarbeiterinnen der Forschungsgruppe Primaermedizinische Versorgung der Klinik und Poliklinik fuer Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universitaet zu Koeln. Im Rahmen einer Krankheitskostenstudie untersuchten sie die Behandlung mit Antidiabetika, die Behandlungskontrolle sowie die Behandlungskosten anhand einer bevoelkerungsbezogenen Stichprobe und verglichen sie mit den international empfohlenen Minimalstandards.
In Deutschland leiden rund 4 Millionen Menschen an der "Volkskrankheit" Diabetes mellitus. Im versorgungstechnischen Bereich wird primaer nach der Behandlungsart unterschieden; sie gliedert sich in Insulinbehandlung, einer Behandlung mit oralen Antidiabetika und einer diabetischen Behandlung. Bei einem generellen Vergleich der Therapiekosten wird deutlich: Kosten fuer insulinbehandelte sind sechsmal so hoch wie fuer oralbehandelte und sogar rund dreissigmal so hoch wie fuer diaetisch behandelte Patienten. Bei der Ermittlung der direkten Krankheitskosten beschraenkte sich die Studie im wesentlichen auf die finanziellen Aufwendungen dreier verschiedener Arten von Leistungen: Antidiabetikaverordnungen, Verordnungen von Hilfsmitteln fuer die Stoffwechselselbstkontrolle sowie aerztlichen Leistungen nach dem BMAE.
Im Ergebnis wurde deutlich, dass in Deutschland besonders im Bereich der Therapiekontrolle Defizite bestehen: Nur eine Minderheit der Patienten erhaelt das empfohlene Mass an Hilfsmitteln zur Selbstkontrolle, wie z. B. Insulinspritzen, Teststreifen, Stechhilfen und Lanzetten. Auch aerztliche Leistungen, wie Bestimmung des Blutzuckers oder Augenhintergrundsuntersuchungen, erfolgen nicht im erforderlichen Ausmass. Die beobachteten Kostenaufwendungen bleiben bei insulin- und oralbehandelten Diabetikern in der Therapiekontrolle bis zu 70 Prozent unter den empfohlenen Werten. Anders stellt sich die Situation im Bereich der medikamentoesen Therapie dar. Dort liegen die beobachteten Kosten deutlich ueber den empfohlenen. Dies resultiert aus der Tatsache, dass die Tagesdosen von Insulin und oralen Antidiabetika in 6 bis 13 Prozent aller Faelle die maximale Dosisempfehlung ueberschreiten.
Eine moegliche Loesung fuer die offensichtliche Schieflage zwischen Therapie und Therapiekontrolle liefert die Studie: Die notwendigen Mehrausgaben, die in der Therapiekontrolle unbedingt erforderlich sind, koennen durch Einsparungen im medikamentoesen Bereich wenn auch nicht adaequat ausgeglichen, so doch zumindest kompensiert werden. Dazu bedarf es einer deutlich strengeren Indikationsstellung fuer die Behandlung mit Insulin oder oralen Antidiabetika sowie einer genauen Beachtung der maximalen Tagesdosen. Auf diese Weise koennen die jaehrlichen Gesamtaufwendungen fuer orale Antidiabetika um knapp 9 Prozent, fuer Insulin um 1,3 Prozent gesenkt und in die Therapiekontrolle investiert werden.
Um die Therapiekontrolle in Deutschland dem internationalen Standard anzugleichen, fallen jedoch wesentlich hoehere Mehrkosten an (rund 64 Prozent der Gesamtausgaben). Eine den heutigen Empfehlungen entsprechende Betreuung von an Diabetes Erkrankten wuerde jaehrliche Mehrkosten von 689 Millionen DM erfordern. Diese Mehrkosten koennten auch durch vermehrte Verordnung von Neuropathie-Medikamenten und durchblutungsfoerdernden Mitteln aufgefangen werden. Sie werden bei Diabetikern zwar haeufig eingesetzt, ihr therapeutischer Nutzen ist jedoch umstritten.
Letztlich wird im Rahmen der Studie von Ferber und Koester eines deutlich: Auch wenn eine verbesserte ambulante Versorgung hohe Mehrkosten verursacht, bewirkt sie jedoch langfristig eine guenstige Beeinflussung der Entwicklung diabetesbedingter Sekundaerkomplikationen (z. B. Arterienverkalkung, Blasenstoerungen, Furunkel), eine Zunahme der Lebensjahre ohne Behinderung und eine Verlaengerung der Lebenserwartung.
Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
Fuer Rueckfragen steht Ihnen Dr. Lieselotte von Ferber unter der Telefonnummer 0221/478-6547, Fax-Nummer 0221/478-6766 und der Email-Adresse Lieselotte.vonferber@medizin.uni-koeln.de zur Verfuegung. Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/#index.htm).
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Criteria of this press release:
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
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