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07/18/2001 16:43

Das Siegel der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig

Dr. Bärbel Adams Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Im Siegel der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig sind zwei Heilige dargestellt: St.Cosmas (SC) im linken Feld und St.Damian (SD) im rechten Feld. St.Cosmas hält in der rechten Hand ein Buch und in der linken ein Uringlas, St.Damian hat in der rechten Hand ebenfalls ein Buch und umfasst mit der linken einen Mörserstab oder eine Spatula zur Herstellung von Arznei.

    Das Siegel der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig

    Prof. Dr. Heinz-Gerd Zimmer, Direktor des Instituts für Physiologie der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, interessierte sich für das Siegel der Medizinischen Fakultät und fand folgendes heraus:

    Im Siegel der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig sind zwei Heilige dargestellt: St.Cosmas (SC) im linken Feld und St.Damian (SD) im rechten Feld. St.Cosmas hält in der rechten Hand ein Buch und in der linken ein Uringlas, St.Damian hat in der rechten Hand ebenfalls ein Buch und umfasst mit der linken einen Mörserstab oder eine Spatula zur Herstellung von Arznei. Dadurch sind sie mit den Attributen der Gelehrsamkeit, der Diagnostik und der Therapie ausgestattet. Bekanntlich wurde 1409 die Universität Leipzig von Professoren, Scholaren und Studenten gegründet, die aus der Universität Prag ausgezogen waren. Es ist daher interessant, dass heute noch im Siegel der tschechischen Ärztekammer St. Cosmas und St. Damian in der realen Situation der Arzt-Patienten-Beziehung zu sehen sind. Insbesondere die Funktion des Uringlases zur Harnschau als diagnostische Maßnahme ist deutlich zu erkennen. Wie kommt es, dass diese beiden als Ärzte ausgewiesenen Heiligen die Schutzpatrone der Mediziner und deren Fakultäten und Vereinigungen wurden?

    Cosmas und Damian waren Zwillingsbrüder und wurden um 260 AD geboren. Ihr Vater war bereits den Märtyrertod gestorben. Sie studierten Medizin in Syrien und lebten dann als Ärzte in Kilikien, Asia minor, im heutigen Süden der Türkei. Ausgehend von Egea zogen sie durch das Land und behandelten kostenlos Kranke. Sie wurden daher "Aanargyroi" genannt. Sie starben 303 unter Diokletian den Märtyrertod. Über die Versuche, sie zu töten, gibt es einige Legenden. Sie sind von Fra Angelico (1387-1455) dargestellt worden. So wurden sie ans Kreuz gebunden. Die Peiniger zielten Steine auf sie und schossen Pfeile ab. Doch diese wurden auf sie zurückgelenkt. In einer anderen Darstellung sollten sie zusammen mit ihren Brüdern auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Aber das Feuer schlug zurück und verbrannte die Brandstifter. In einem weiteren Versuch band man Steine um sie und stürzte sie von einem Felsen ins Meer. Aber während des Sturzes löste ein Engel die Steine, und sie konnten unversehrt ans Ufer schwimmen. Schließlich sah man keine andere Möglichkeit als die beiden Ärzte zusammen mit ihren drei Brüdern nach der Art der Römer zu enthaupten.

    Angesichts der aufsehenerregenden Wunderheilungen ist es nicht erstaunlich, daß Cosmas und Damian bald nach ihrem Tod heilig gesprochen wurden. Nach der Anerkennung des christlichen Glaubens unter Kaiser Konstantin errichtete man über ihrem Grab in Killiz, Syrien, eine Kirche. In seiner Regierungszeit 527-565 ließ der oströmische Kaiser Justitian zu Ehren dieser beiden Heiligen eine große Basilika in der Hauptstadt Konstantinopel errichten, da er glaubte, durch ihre Hilfe von einer schweren Krankheit geheilt worden zu sein. In Rom ließ Papst Felix IV. (526-530) ihnen zu Ehren in unmittelbarer Nähe des Forums die Basilika "SS. Cosmas e Daminano" erbauen. Das Mosaik in der Apsis stellt die beiden Heiligen dar. Die Beulenpest, die um das Jahr 600 Italien heimsuchte, führte zu Bittprozessionen und machte die Verehrung der heiligen Ärzte in Italien populär.

    Aus der Verehrung der beiden Heiligen und aus dem Glauben an ihre Wunder entwickelte sich die Idee der Transplantation. So träumte der Diakon Justinianus der Basilika in Rom, die St.Cosmas und St.Damian geweiht war, daß die beiden Heiligen zu ihm kämen, das kranke Bein abnähmen und es durch das Bein eines ägyptischen Mohren, der kurz zuvor gestorben war, ersetzten. Diese Geschichte ist von zahlreichen Malern dargestellt worden. Auf dem Bild von Fra Angelico im Kloster San Marco in Florenz spielt die Szene in einem Schlafzimmer. Die beiden Heiligen-Ärzte haben gerade das Bein des Mohren transplantiert. Der Patient scheint ruhig zu schlafen.

    Die Idee und die bildliche Darstellung einer Transplantation entstanden in Mitteleuropa also schon recht früh. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Organtransplantationen im Tierversuch realisiert. Voraussetzung hierfür war der Nachweis, dass aus dem Organismus entnommene Organe durch Perfusion mit geeigneten Lösungen vital erhalten werden können. In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts wurden im Physiologischen Institut der Universität Leipzig unter der Leitung von Carl Ludwig (1816-1895) Organe aus dem Frosch, dem Kaninchen und dem Hund isoliert und mit geeigneten Lösungen durchströmt. Das isolierte Froschherz war über Stunden funktionsfähig. Die isolierte Kaninchenleber produzierte Galle, die isolierte Hundeniere aber keinen Urin.

    Auf der Basis dieser Experimente entwickelte Alexis Carrel (1873-1944) Anfang des 20. Jahrhunderts eine Methode zur Gefäßnaht. Mit dieser Technik führte er bei Hunden und Katzen Transplantationen von Gefäßen, Schilddrüse, Milz und Niere durch. Auch die Transplantation eines Beines, also das Wunder von Cosmas und Damian, ist beim Hund gelungen. Für diese Arbeiten erhielt er 1912 den Nobelpreis für Physiologie und Medizin. Beim Menschen wurden ab Mitte des 20. Jahrhunderts Transplantationen von Niere, herz und Leber durchgeführt. Interessanterweise erfolgte die erste Transplantation einer Hand erst 1998. Das Wunder von St. Cosmas und St. Damian, die Transplantation eines Beines, ist bis heute noch nicht realisiert worden.

    Anschrift:
    Prof.Dr.med.H.-G.Zimmer
    Carl-Ludwig-Institut für Physiologie
    Universität Leipzig
    Liebigstr. 27
    D-04103 Leipzig
    Tel: 0341/9715500
    Fax: 0341/9715509
    e-mail: zimmer@medizin.uni-leipzig.de


    More information:

    http://webmed.zmai.uni-leipzig.de/~cliphys/


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    Das Wunder von St. Comas und St. Damian: Transplantation eines Mohren-Beines
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    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research results
    German


     

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