Bochum, 03.09.1997 Nr. 156
Von gewagten Lebensformen Auch arabische Philosophen lebten gefährlich RUB-Philosophen mit neuem Jahrbuch für Antike und Mittelalter
,Wir müssen Studienanfängern deutlich sagen, daß Philosoph-Sein eher eine gewagte Lebensform als eine sichere Laufbahn ist..." Mit diesen Worten schlägt der Bochumer Prof. (em.) Dr. Günter Gawlick eine Brücke zur Gegenwart im soeben erstmals erschienenen ,Bochumer Philosophischen Jahrbuch für Antike und Mittelalter". Mit der neugegründeten Reihe bieten die Herausgeber Prof. Dr. Burkhard Mojsisch, Dr. Olaf Pluta und PD Dr. Ulrich Rehn (Philosophisches Institut der RUB) ein Forum für kontroverse Diskussionen zur antiken und mittelalterlichen Philosophie. Unterstützt werden sie von einem hochrangig besetzten internationalen Herausgeberbeirat mit Philosophen u. a. aus den USA, Großbritannien, Dänemark, Italien, Japan etc. Die Reihe wendet sich sowohl an Philosophiehistoriker als auch an Philosophiestudenten sowie weitere Interessierte.
Philosophen bedrohten die Gesellschaft
Daß Philosophen und Religionskritiker im Mittelalter gelegentlich auf dem Scheiterhaufen endeten, macht das Beispiel Giordano Bruno deutlich. Auch arabische Philosophen konnten sich damals nicht in Sicherheit wiegen. Weil ihre Äußerungen häufig als Bedrohung der Gesellschaft oder der Religion verstanden wurden, hatten diese Gelehrten ein ambivalentes Verhältnis zur Niederschrift ihrer Gedanken - was ihren Einfluß auf die abendländische Philosophie jedoch nicht verhinderte. Das verdeutlicht Sarah Stroumsa (Jerusalem) in ihrem Aufsatz.
Nicht nur Griechen und Christen
Anders als bisherige Herausgeber haben sich die Bochumer Philosophen mit dem Jahrbuch zum Ziel gesetzt, auch arabische und jüdische Einflüsse auf die mittelalterliche und antike Philosophie zu integrieren. Damit gehen sie über die übliche lateinische und griechische Perspektive hinaus. So will das neue Jahrbuch neue Forschungsvorhaben vorstellen, bisher Unveröffentlichtes zugänglich machen, in Interviews mit einschlägigen Gelehrten schließlich auch das Persönliche hinter der Wissenschaft erkennen lassen.
Von Mißverständnissen in der Philosophiegeschichte
,Fern sei mir, Meister des Fachs darüber belehren zu wollen, was sie eigentlich tun. Mein Ziel kann nur sein, einige Mißverständnisse zu beleuchten", so der Bochumer Mittelalterspezialist Prof. (em) Dr. Kurt Flasch über Martin Heidegger, den er verantwortlich macht für das Verschwinden einer - philosophisch betriebenen - Philosophiegeschichte in Deutschland nach 1945. Der programmatische Artikel von Flasch eröffnet das Jahrbuch mit grundsätzlichen Betrachtungen zur Philosophiehistorie. Sie gipfeln in der Aussage, daß wir philosophische Texte gar nicht unhistorisch lesen können: Vorgegebene Ordnungsschemata und Vergangenheitsbilder sind Teil unseres intellektuellen Werkzeugs. An und mit Texten können wir bestimmte Geschichtsbilder überprüfen, bestätigen oder verwerfen. Philosophiegeschichte schärft den Geist und hilft, Dogmen als solche zu entlarven. Übrigens eine Tätigkeit, die auch heute noch mancherorts mit Gefahr verbunden sein kann.
Aus dem Inhalt
Aus dem Inhalt: Christos Terezis (Patras, Griechenland), ,The Ontological Relation `One-Many' according to the Neoplatonist Damascius", Wolfgang Ommerborn (Bochum), ,'Mein Geist ist das Universum'. Ontologische und erkenntnistheoretische Aspekte in der Lehre des Lu Jiuyuan (1139-1193)", Olaf Pluta (Bochum), ,Der Alexandrismus in den Universitäten im späten Mittelalter", Graziella Federici Vescovini (Florenz), ,L'espressivitá del cielo die Marsilio Ficino, lo Zodiaco medievale e Plotino", Burkhard Mojsisch (Bochum), ,The Epistemology of Humanism" usw. Alle Artikel werden in englischen Resümees zusammengefaßt; Rezensionen, Neuerscheinungen und ein ausführliches Namensregister runden das Buch ab.
Titelaufnahme
Burkhard Mojsisch, Olaf Pluta, Rudolf Rehn ( Hg.): ,Bochumer Philosophisches Jahrbuch für Antike und Mittelalter". Band 1., B.R. Grüner Publishing Company; Amsterdam, 1997; 283 Seiten, broschiert , DM 120._ (ISBN 90 6032 444 7)
Weitere Informationen, WWW und Redaktionsadressen
Prof. Dr. Burkhard Mojsisch, Bochumer Philosophisches Jahrbuch für Antike und Mittelalter, Institut für Philosophie, Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/700-2731, http://www.ruhr-uni-bochum.de/philosophy/journals/jahrbuch.htm
Hinweise für Autoren:
http://www.ruhr-uni-bochum.de/philosophy/journals/instructions.htm
Criteria of this press release:
History / archaeology, Law, Politics, Social studies
transregional, national
Research projects
German
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