Bochum, 20.03.1997 Nr. 58
Von Kant und Computern in Menschengestalt
Moral und Ethik in ,Star Trek - The Next Generation"
RUB-Filmwissenschaftlerin analysierte erfolgreiche Kultserie
Eine vernuenftig gestuetzte, glaubwuerdige Idee der Zukunft vermittelt ,Star Trek" den Zuschauern. Das gilt fuer die naturwissenschaftlichen Ausgangspunkte der fiktiven Technik und in gleichem Masse fuer die politisch-soziale Utopie. Zu diesen Ergebnissen gelangt Nicola Ruth Wanning, M.A. in ihrer Analyse von ,Moral und Ethik" im Star Trek-Universum am Beispiel von ,The Next Generation". Die am Institut fuer Film- und Fernsehwissenschaft der RUB von Prof. Dr. Gunther Salje betreute Magisterarbeit ,Fenster in die Zukunft. Eine Betrachtung der Kultserie Star Trek" ist bereits die zweite Untersuchung dieses ,Dauerbrenners" im Fernsehen.
Erste Analyse des Remakes ,The next generation"
Die Erfolgsgeschichte von Star Trek ist beispiellos - keine Serie konnte sich so lange auf dem Bildschirm halten und dazu mit einem Remake aufwarten, das den Erfolg der Originalserie noch in den Schatten stellt. Dabei ist Star Trek - The Next Generation (TNG) weitgehend wissenschaftliches Brachland. Diese Luecke schloss Nicola Ruth Wanning mit ihrer Studie ,Fenster in die Zukunft".
Captain Picard's Ethik
Star Trek unterscheidet sich von anderer Science-fiction durch die Konzentrierung der Handlung auf dramatische Konflikte. Der Plot der Einzelepisoden basiert haeufig auf klassischen Motiven, die archetypische menschliche Konflikte widerspiegeln. Besonders die Figur des Captain Picard steht fuer intensive ethische Reflexion. Das Wertesystem, auf das er seine Entscheidungen gruendet, laesst sich zurueckverfolgen auf die Philosophie der Aufklaerung und die kantsche Ethik. Wenn Captain Picard eine Entscheidung - oft zu aktuellen Themen wie Gentechnologie, Drogen, Abtreibung etc. - trifft, legt er stets ihre ethischen Grundlagen dar. In der ,Sechs-Stufen-Theorie der Entwicklung des moralischen Urteils" des amerikanischen Psychologen Lawrence Kohlberg steht Picard damit auf der hoechsten Stufe: Fuer ihn gelten ausschliesslich universelle ethische Prinzipien, selbst demokratische Verfahren garantieren keine Gerechtigkeit.
Data, der ,galaktische Pinocchio"
Darueber hinaus setzt sich Star Trek mit existentiellen Fragen des Menschseins auseinander. Diese Themen werden beispielsweise anhand des Androiden Data, eines,galaktischen Pinocchio", aufgegriffen und diskutiert. Data wirkt wie ein Kind, das mit naiver Neugierde Antworten zum Wesen des Menschen sucht: Was bedeutet Freude und Trauer, Liebe usw.? Oft sind die Episoden, in denen Data menschliche Erfahrungen sammelt, ausgesprochen humorvoll. Die Komik resultiert aus dem Gegensatz des Computers in Menschengestalt zu dessen, oft unbewusst, sehr menschlichem Verhalten. Data ist auch hinsichtlich der Moral interessant. Um ihn den Menschen aehnlicher zu machen, hat sein Schoepfer ihn mit einem ,Ethik-Programm" versehen. Datas moralische Normen folgen seiner Existenz als ,lebender Computer", sie sind der Vernunft und der Logik als absoluter Instanz unterworfen.
Individualitaet, Toleranz, Freiheit
Die Foederation (der universelle Zusammenschluss verschiedener Planeten und Voelker, eine Art Weltraum-UNO) stellt sich dem Zuschauer als ideale Gesellschaft in der Tradition klassischer Utopien dar. Das utopische Denken glaubt an die positive Nutzung des menschlichen Potentials und an die Effektivitaet der evolutionaeren Kraefte des Menschen. Dies ist die Grundlage fuer das von Produzent Gene Roddenberry geschaffene Star-Trek-Universum. Der Mensch wird vornehmlich definiert durch den steten Antrieb, sich weiterzuentwickeln. Das gilt fuer den durch Wissenschaft und Technik zu erreichenden Fortschritt und fuer die Herauskristallisierung eines angemessenen ethischen Wertesystems. Die in TNG vermittelte Ethik stellt Individualitaet, Toleranz und Freiheit an die oberste Stelle; jedes Wesen hat ein Recht auf ein wuerdiges Leben; von eigenen Normen abweichende Verhaltens- und Wertesysteme werden akzeptiert.
Kant und die Idee des ewigen Friedens
Die Ethik orientiert sich an der Tradition der grossen geistesgeschichtlichen Stroemungen der Renaissance und vor allem der Aufklaerung. Die Individualitaet der Buerger der Foederation steht in keinem Widerspruch zur Unterordnung der persoenlichen Interessen unter das Gemeinwohl. Damit knuepft die Verfassung der Foerderation direkt an Immanuel Kants philosophischen Entwurf ,Zum ewigen Frieden" (1795) an. Es ist die Vernunft, die diesen Grundsatz hervorgebracht hat. Nicht umsonst gehoeren die Vulkanier zu den Gruendern der Foederation; ein Volk, das die Emotionen voellig unter Kontrolle hat und ausschliesslich nach den Grundsaetzen der Logik und Vernunft handelt.
Weitere Informationen
Nicola Ruth Wanning, M.A., Eichenstr. 23, 46535 Dinslaken, Tel. 02064/50838, Fax: 02064/17447
Criteria of this press release:
History / archaeology, Social studies
transregional, national
Research projects
German
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