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04/05/2002 12:53

Dissertation zu Raum und Lernen

Volker Schulte Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Wenn Erwachsene lernen (dürfen oder müssen), dann hocken sie oft genug in Räumen, die zu klein und zu dunkel sind, die sich schlecht lüften lassen und in denen das Mobiliar fest steht, die an einer Hauptstraße oder in einem Gewerbegebiet liegen - kurzum Räume, die dem Lernen (zu) wenig Raum geben. Von Luft zum Atmen und Spaß am Denken mal ganz zu schweigen ...
    Was macht nun ein Pädagoge, wenn er in einen solchen Raum kommt? Mit der Aufgabe, Mitarbeiter für das Unternehmen zu qualifizieren, Sprachfreaks aufs nächste Englisch-Level zu heben oder Volkshochschüler ins Internet einzuführen? Meist macht er nichts - jedenfalls nicht mit dem Raum. Er nimmt die Defizite einfach hin. Seine erwachsenen Schüler reagieren im übrigen genauso - passiv. Ein dürftiger Zustand und für Daniela Rätzel der Anlass, sich mit dem Phänomen Raum auseinander zu setzen. Seit einem knappen Jahr dreht sich ihre Dissertation, die sie an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig unter der Betreuung von Professor Jörg Knoll, Lehrstuhl für Erwachsenenpädagogik, sowie mit einem Stipendium der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Weiterbildungsforschung Berlin (ABWF) erarbeitet, um das Thema "Gestalteter Raum und Lernen von Erwachsenen".
    Aus Sicht der jungen Pädagogin gehört in ihrem Beruf das "Agieren mit und nicht allein in einem Raum genauso zum professionellen Handeln wie das Beherrschen des Stoffs". Klein, dunkel, muffig - egal. Jeder Raum ist in ihren Augen eine Chance. "Ich bin prinzipiell der Überzeugung, dass es keinen schlechten Raum gibt." Daniela Rätzel hat ein klares Konzept von dem, was sie will. "Mein größter Wunsch ist es, eine eigene Raumpädagogik für die Erwachsenenbildung zu entwerfen." Die Frage, der sie nachgeht, ist klar: In welchen Räumen kann sich Lernen, können sich Argumente und Diskussionen entfalten? Wie muss ein Raum gestaltet sein, der Erwachsene im Bildungsprozess unterstützt? Wie muss ein Pädagoge agieren, um einen Raum für die pädagogische Arbeit mit Erwachsenen zu erschließen? Ihr Wunsch: Ein Pädagoge möge mit Geschick und Wissen Lernräume - auch ungünstige - so gestalten können, dass sie das Lernen unterstützen. Oder umgekehrt formuliert: Ein Raum soll als Mittel und Medium zur Unterstützung des Lernens begriffen werden.
    Sie wagt sich in ein Dickicht. Zum einen erscheint das Thema jedem Menschen anders; jeder Referent, jeder Seminarteilnehmer reagiert in seiner Weise auf eine Raumsituation. Zum anderen wurde der Begriff "Raum" in der deutschen geisteswissenschaftlichen Forschung verdrängt - der Nationalsozialismus mit seiner Idee des Raumes als expansivem Landraub hielt den Begriff besetzt; erst in den letzten Jahren begannen sich Zweige wie die Philosophie, die Psychologie, die Geographie und Soziologie sich des Begriffs neu anzunehmen.
    Um dem Austausch und der Wirkung zwischen dem Inhalt von Bildung auf der einen und dem Ort von Bildung auf der anderen Seite auf die Spur zu kommen, begleitet Daniela Rätzel den Aufbau zweier Bildungseinrichtungen. In Leipzig beginnt ein Unternehmen gerade mit dem Umbau seines Zentrums für die berufliche Erwachsenenbildung; in Innsbruck wird die Umgestaltung eines katholischen Bildungshauses im September abgeschlossen sein. Anhand von Interviews und Gruppendiskussionen mit den Verantwortlichen und den Nutzern der jeweiligen Bauten sowie anhand der Analyse der vorliegenden Dokumente möchte die Leipziger Nachwuchswissenschaftlerin jene Elemente finden, die für die Qualität von Bildungsräumen entscheidend sind. Im Detail möchte sie von ihren Gesprächspartnern zum Beispiel wissen: Wie schätzen Lehrende und Lernende die Notwendigkeit der Raumgestaltung für den Bildungsprozeß ein? Wie schätzen Pädagogen und Architekten den Wert kooperativer Zusammenarbeit beim Bau von Bildungseinrichtungen ein?
    Nach ihren Fragen, so hofft Daniela Rätzel, können Antworten und Erkenntnisse dazu dienen, eine Handlungskatalog zu erstellen. Um dem Trainer anzuregen, einen Raum als lernunterstützend zu begreifen, und um den Trainer zu motivieren, den Raum konkret und praktisch zu gestalten. Mag der Raum auch noch so klein und dunkel sein ... D. W.

    weitere Informationen: Daniela Rätzel,
    Telefon: 0341 97 31472


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    Criteria of this press release:
    Construction / architecture, Teaching / education
    transregional, national
    Research projects, Studies and teaching
    German


     

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