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06/05/2002 17:35

"Trommelschläge" für die Flugsicherheit

Volker Schulte Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Nicht immer ist die Großwetterlage entscheidend. Leipziger Meteorologen entwickeln ein Verfahren zur Wettervorhersage für kleinräumige Gebiete wie zum Beispiel einen Flughafen. Dabei erfolgt die Messung von Windgeschwindigkeit und Temperatur mit Hilfe des Schalls. Die Luftschalltomographie könnte der Flugsicherheit zugute kommen.

    Schon Aristoteles verfasste eine Abhandlung, die Meteorologica (griechisch meteoros: in der Luft schwebend), in der er atmosphärische Erscheinungen beschrieb. Von diesem Werk wurde der neuzeitliche Begriff Meteorologie abgeleitet. Die Entwicklung der Meteorologie ging einher mit den Fortschritten der Thermodynamik und der Hydrodynamik, die wichtige theoretische Grundlagen für die Meteorologie lieferten. Erst exakte Messungen der so genannten Wetterelemente, moderne Beobachtungsgeräte und die Organisation eines Netzwerkes von Beobachtungsstationen zum Sammeln von Wetterdaten ermöglichten eine wissenschaftliche Wettervorhersage. Nach 1950 ergab sich durch den Einsatz von Computern eine wesentlich verbesserte Möglichkeit, die grundlegenden Theorien der Hydrodynamik und Thermodynamik auf das Problem der Wettervorhersage anzuwenden. Aber die Atmosphäre ist viel zu groß und zu komplex, um exakte Vorhersagen zu treffen. Es ist jedoch möglich, realistische mathematische Modelle für die Vorhersage aufzustellen. Wie gut diese ist, wird durch die Messungen von Wind, Luftdruck, Temperatur und Feuchtigkeit der zahlreichen am Boden befindlichen Wetterstationen, in Deutschland sind es mittlerweile 1500, bestätigt. Dennoch gibt es in der täglichen Praxis Situationen, wo nicht die Großwetterlage, sondern das Wetter eines ausgewählten kleinräumigen Gebiets wie z.B. eines Flughafens vorhergesagt werden muss. Ein Messsystem für diese speziellen Anforderungen zu entwickeln ist das Ziel der Arbeitsgruppe um Armin Raabe vom Institut für Meteorologie der Leipziger Universität.
    Seit 1995 arbeiten die Forscher an einem System, mit dem sie kurzfristige Veränderungen von Temperatur und Windgeschwindigkeit in der bodennahen Luftschicht messen können. Dabei nutzen sie die Methode der akustischen Laufzeittomographie, das heißt, es werden Schallwellen ausgesendet und die Veränderung ihrer Ausbreitungsgeschwindigkeit gemessen. Die Veränderungen in der Ausbreitungsgeschwindigkeit werden in meteorologische Größen - Wind und Lufttemperatur - umgerechnet und die so erhaltenen kleinräumigen bodennahen Daten können mit Modellvorhersagen verglichen werden.
    Für den Versuch wurden auf einem 300 x 700 m großen Gebiet Trichterlautsprecher und Mikrofone zwischen einem und zwei Meter Entfernung vom Boden aufgestellt. Ihre Anordnung erfolgte so, dass ein Netzwerk aus Messpunkten entstand. Mit dessen Hilfe können die zeitlichen und räumlichen Veränderungen der Schallgeschwindigkeit dreidimensional gemessen werden. Über die Lautsprecher wird dazu alle 30 Sekunden ein kurzes Schallsignal abgegeben, das sich wie ein kräftiger Trommelschlag anhört und von den Mikrofonen aufgenommen wird. Änderungen der Laufgeschwindigkeit des Schalls zwischen Sender und Empfänger im Vergleich zu Normwerten geben Hinweise darauf, inwiefern sich das Wetter im Versuchsgebiet bis in 10 m Höhe, das ist die Höhe, auf die sich auch die üblichen Wettervorhersagen beziehen, verändert haben. Da besonders Wind und Lufttemperatur die Laufzeit des Schalls beeinflussen, lassen sich aus diesen Daten sehr kurzfristige Wetterprognosen über ein räumlich begrenztes Gebiet aufstellen.
    Vor allem in Gebieten, wo ein schneller Wetterumschlag verheerende Folgen für die Zivilisation haben kann, ist der Einsatz einer solchen tomographischen Technik denkbar. So ist zum Beispiel seine Installation auf Flugplätzen vorstellbar. Mit Hilfe dieser Technik sind die gefährlichen Luftverwirbelungen von startenden und landenden Flugzeugen messbar. Eine solche Überwachung des Fluggeschehens kann dann die Flugsicherheit von nachfolgenden Maschinen, die in diesen gefährlichen Luftsog kommen würden, erhöhen.
    Ein weiteres Einsatzgebiet der Tomographie stellen sich die Forscher für Messungen in Straßenschluchten von Ortschaften mit stark befahrenen Verkehrswegen vor. Aus den Daten solcher Untersuchungen können dann Belüftungskonzepte für Siedlungen aufgestellt werden.
    Da mit der Messung kleinräumiger Wetterveränderungen, wie sie die Leipziger Forschergruppe durchführt, auch Rückschlüsse auf die großflächigen Wettermodelle gezogen werden können, stellt das Verfahren einen kleinen Schritt zur Verbesserung unserer Wetterprognose, die auch heute noch sehr viel Geschick der "Wetterfrösche" bei der Interpretation der Daten erfordert, dar. Noch befindet sich das Projekt, für das die Wissenschaftler als Partner für die technische Ausführung die SINUS Messtechnik GmbH Leipzig gewinnen konnten, in der Entwicklungsphase. Doch die Ergebnisse sind so positiv, dass Armin Raabe hofft, dass das Projekt bald in der Praxis Anwendung findet. Zur Zeit ist das Forscherteam auf der Suche nach Anwendungsmöglichkeiten in Industrie und Umwelt.

    Wer mehr über die Luftschalltomographie und ihre Nutzung erfahren möchte, hat am 8. Juni Gelegenheit, sich auf dem "campus 2002" im Stadtzentrum (Grimmaische Straße) im Zelt 3 und 4 zu informieren. An diesem Tage präsentiert sich die Alma mater den Leipzigern und ihren Gästen als eine "Universität zum Anfassen". H. T.

    weitere Informationen: Dr. Armin Raabe
    Telefon: 0341 97 32853
    E-Mail: gppar@hpcom23.meteo.uni-leipzig.de


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    Criteria of this press release:
    Geosciences, Mathematics, Physics / astronomy, Traffic / transport
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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