idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/02/2002 14:31

Abdrücke ersten tierischen Lebens

Ramona Ehret Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    Die Forschung rätselt seit langem, wie tierisches Leben entstehen und sich dessen Vielfalt in der Frühzeit der Erdgeschichte entwickeln konnte. Auf der Jangtse-Plattform im Südosten Chinas förderten Wissenschaftler der TU Berlin und chinesische Forscher nun eine Vielzahl Fossilien der ersten tierischen Lebewesen zu Tage. Aus den Funden können neue Schlüsse zur frühen Entwicklung des tierischen Lebens gezogen werden.
    Scheinbar unvermittelt treten in Kambrischen Gesteinen mit einem Alter von rund 545 Millionen Jahren massenhaft Fossilien von Tieren unterschiedlichster Stämme auf, während diese in den älteren Proterozoischen Gesteinen nirgendwo auf der Welt zu finden sind. Wissenschaftler sprechen von der "Kambrischen Explosion" des höheren Lebens.
    Was spielte sich in diesem kritischen Zeitbereich für die Entwicklung des Lebens vor 545 Millionen Jahren ab? Wie hatte sich in kurzer Zeit aus niederen Lebensformen, wie Bakterien und Algen eine Vielzahl höher entwickelter Lebensformen herausgebildet? Diese Vorstellung bedeutet für die Evolutionsbiologie ein ernsthaftes Problem, das bereits Darwin erkannt hatte.
    Die Forschung des TU-Geologen Professor Dr. Bernd-Dietrich Erdtmann und seines wissenschaftlichen Mitarbeiters Dr. Michael Steiner konzentriert sich insbesondere auf die Erforschung der Umweltverhältnisse, die zur Entwicklung der ersten Meerestiere und der erstmaligen Bildung von mineralischen Skeletten im Frühkambrium beitrugen. Ihrer These zufolge spielten untermeerische heiße Quellen, so genannte Hydrothermale Vents und große Bakterienansammlungen die Schlüsselrolle.
    Die TU-Forscher sowie ihre chinesischen Kollegen hatten bei ihren Untersuchungen Glück: Sie entdeckten auf der Jangtse-Plattform Dutzende von weichkörperlich erhaltenen Fossilien, darunter Vorväter der heutigen Fische und Krebse.
    Gesteinspakete aus der Tiefsee sind nur äußerst selten geologisch überliefert, da gerade diese Bereiche immer wieder im Jahrmillionen dauernden Zyklus der Erdplattenverschiebung verschluckt und aufgeschmolzen werden. Dies könnte erklären, warum gerade von den frühesten tierischen Formen bisher noch keine Fossilien entdeckt wurden.
    Aufsehen erregend war dann der Nachweis von sulfidischen Hydrothermalerzen in rund 535 Millionen Jahre altem Sedimentgestein mit Fossilmassenlagen. "Ein eindeutiger Beleg für untermeerische Hydrothermaltätigkeit und gleichzeitige rege Lebenstätigkeit in einer ansonsten recht lebensfeindlichen Umwelt", erläutert Dr. Michael Steiner.
    Elementbeladene Wässer mit Temperaturen von bis zu 370 °C treten auch heute noch an geologisch aktiven Zonen vor allem in der Tiefsee auf. Aufgrund der im kalten Meerwasser ausfallenden schwarzen Sulfidpartikel werden diese heißen Quellen auch schwarze Raucher genannt. Offenbar bildeten damals schon heiße Quellen Oasen für eine große Zahl von Lebensformen, die sich völlig unabhängig von Sonnenlicht und die daran geknüpften Nahrungsketten entwickeln konnten. An den Hydrothermalquellen sind insbesondere chemothrophe Bakterien von Bedeutung, die aus den reduzierten Verbindungen, wie Schwefelwasserstoff, Energie gewinnen und eine große Biomasse aufbauen, die wiederum die Lebensgrundlage von vielen Konsumenten darstellt. Ähnliche Prozesse nehmen Erdtmann und Steiner nun für eine frühe Entwicklung der tierischen Vorfahren im Präkambrium an. In den kambrischen Gesteinen konnten Sie bereits Schwefelbakterien, Arthropoden und andere Schalenfossilien nachweisen.
    Auch für die Erklärung eines weiteren globalen Phänomens der Erde vor 600 Millionen Jahren ist die Theorie der TU-Forscher von Bedeutung: "Nur am Meeresboden der Tiefsee existierten damals Bedingungen für das Überleben höheren Lebens, da aufgrund einer verheerenden Eiszeit vor rund 600 Millionen Jahren der Erdball vermutlich komplett von einer bis zu Hunderten von Metern dicken Eisschicht überzogen war", vermutet Erdtmann. Die vollständige Vergletscherung der Erde, durch amerikanische Wissenschaftler auch "Snowball Earth" genannt, ließ erste Vorläufer der kambrischen Meerestierchen nur in der Tiefsee im Umfeld solcher Hydrothermalquellen "überwintern".

    Datenbank
    Projekt: Die Biodiversität im Neoproterozoikum - Frühkambrium auf der Yangtse-Plattform, China
    Ansprechpartner: Prof. Dr. Bernd-Dietrich Erdtmann, E-Mail: erdt0938@mailzrz.zrz.tu-berlin.de, Dr. Michael Steiner, E-Mail: steishhb@mailszrz.zrz.tu-berlin.de
    Kontakt: TU Berlin, Institut für Angewandte Geowissenschaften, Ernst-Reuter-Platz 1, 10587 Berlin, Tel. 030/314-23650; Fax. 030/ 314-21107, http://www.tu-berlin.de/fb9/palaeontologie
    Fachgebiet: Paläontologie und Historische Geologie
    Finanzgeber: Deutsche Forschungsgemeinschaft

    Wissenschaftsdienst der Technischen Universität Berlin, September 2002, 3. Jg., Weitere aktuelle Berichte im Internet unter: www.tu-berlin.de/forschung-aktuell


    More information:

    http://www.tu-berlin.de/fb9/palaeontologie
    http://www.tu-berlin.de/forschung-aktuell


    Images

    Criteria of this press release:
    Geosciences
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).