idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/12/2002 16:38

Ein Baustein für die School of Media Leipzig

Volker Schulte Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Unter der Regie von Prof. Rüdiger Steinmetz vom Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig entstand das DVD-Projekt "Film- und Fernsehästhetik in Theorie und Praxis". Das Projekt ist in doppelter Hinsicht innovativ: technologisch bedient es sich mit der DVD des neuesten Mediums im Bereich der audiovisuellen Lehre, thematisch gibt es bislang nichts Vergleichbares im deutschsprachigen Raum. Das Pilotprojekt, das am 17. September erstmals präsentiert wird, könnte auch ein erster Baustein für die künftige School of Media Leipzig werden.

    Es gab Zeiten, da rückte die schreibende Zunft ein neues Projekt mit Titeln wie "Film ab" oder "Erste Klappe für ..." ins Licht der Öffentlichkeit. Die Zeiten von Zelluloid und Filmrollen sind dahin, selbst "MAZ ab" hat sich bereits überholt, LCD-Schirme markieren die Klappe, und Filme kommen per DVD zum Publikum. Hohe Qualität und hohes Speichervolumen sprechen für die Digital Versatile Disk. Allein mit Spielfilm und Features wie verschiedene Sprachen, Director's Cut oder Produktionsausschnitten ist eine DVD jedoch nicht ausgelastet. Der aufgehende Star am Himmel der Silberscheiben kann mehr. Dachten sich René Blümel, Kai Steinmann, Professor Rüdiger Steinmetz und Sebastian Uhlig und nutzten das neue Medium für ihr Projekt "Film- und Fernsehästhetik in Theorie und Praxis": Drei Stunden Filmausschnitte haben sie auf einer DVD vereint, exemplarisch veranschaulichen sie die Entwicklung des Mediums Film. Am 17. September wird das Projekt der Sächsischen Medienstiftung vorgestellt, die es förderte.
    In dem Konzept stecken zwei Novitäten: In ihrer Materialfülle und Interaktivität präsentiert es im deutschsprachigen Raum ein bislang einzigartiges Lehr- und Lernelement, das sich zudem mit der DVD der am weitesten fortgeschrittenen Technologie bedient. Mit beiden Faktoren stößt die "Film- und Fernsehästhetik in Theorie und Praxis" in die Erfahrungs- und Berufswelt von Medienpraktikern, Studenten, Absolventen und Hochschullehrern vor, die im Bereich der audiovisuellen Medien tätig sind. Ihnen soll die DVD das Lernen und Selbstlernen ermöglichen.
    Der Anstoß kam aus der Praxis. "Für jedes neue Seminar, für jede neue Vorlesung spule ich mir was zusammen", skizziert Professor Rüdiger Steinmetz die Situation. Das Regal in seinem Arbeitszimmer an der Universität Leipzig illustriert seine Worte: VHS-Kassetten stehen dicht bei dicht, die ersten stapeln sich schon auf dem Fußboden. Aus derartiger Fülle müssen Dozenten immer wieder aufs Neue bildende Elemente für die Lehre auswählen. Zwar gibt es die eine oder andere Veröffentlichung, die sich film- und fernsehhistorischen Entwicklungen und Standards nähert, aber eben als Buch und nicht als audiovisuelle Publikation, die ihrem Gegenstand quasi auf Augenhöhe begegnet. Naheliegend Steinmetz' Idee: Das Prozedere "etwas vereinfachen". Bei einer Tagung in den USA stieß er auf die CD-Rom "Film, Form und Culture" von Robert Kolker. "Ein Werk, das die Richtung angeben konnte", erläutert der Leipziger Medienwissenschaftler im Rückblick. Aber zum einen richtete Kolker seinen Fokus fast ausschließlich auf das Hollywood-Kino, zum anderen erwies sich die visuelle Qualität einer CD-Rom als unzulänglich - die Speicherkapazität genügte nicht.
    Das Leipziger Projekt ist dagegen auf europäische und amerikanische Stile des Films und auf die DVD als innovativste Lösung ausgerichtet. Rüdiger Steinmetz, Professor für Medienwissenschaft und -kultur an der Universität Leipzig, agierte als "Drehbuchautor", zeichnete somit für Inhalt und Didaktik verantwortlich; René Blümel, Absolvent der Hochschule für Grafik und Buchkunst, sowie Kai Steinmann und Sebastian Uhlig, Studenten an der Universität Leipzig, setzten das Drehbuch mit der neuesten Hard- und Software auf DVD um. Ein Pilotprojekt in mehrfacher Hinsicht - innovativ in Thema und Technologie.
    Wenn der Nutzer jetzt die DVD "aufschlägt", hört er zuerst Projektoren rattern, auf dem Bildschirm erscheint der Titel "Exposition" im Stile des Stummfilms und dann der berühmte Bahnhof La Ciotat. Die Ankunft des Zuges ist jener kurze Filmstreifen der Gebrüder Lumière aus dem Jahr 1895, bei dessen Anblick die Zeitgenossen vor Schreck aufgesprungen, ja, unter ihre Sitze gekrochen sein sollen. Aus heutiger Perspektive wirft dieser Schlüsselfilm gleich zu Beginn der Filmgeschichte Fragen auf, die nichts von ihrer Brisanz und Aktualität eingebüßt haben.
    Entsteht ein Film, drehen sich immer wieder Entscheidungen um die Größe von Einstellungen und die Bewegung der Kamera, um Licht und Ton, um Schnitttechnik und Montagekonzept, um Dramaturgie, Musik und Raum. Seit jener ersten, dokumentarischen Einstellung auf dem Bahnhof von La Ciotat bildeten sich ästhetische Variablen und Konstanten heraus, prägten und veränderten sich audiovisuelle Erzählkonventionen. Bis heute dauert der Prozess an, nunmehr durch die Digitalisierung in der Film- und Fernsehproduktion beeinflusst.
    Genau diese Kriterien greift die DVD auf. Von einer Übersicht aus kann sich der Nutzer in die einzelnen Bausteine einklicken - und bei den Informationen verweilen, die ihm mittels Filmbild und -ton, mittels Sprecher aus dem Off und einem ergänzenden Text zugänglich sind. Es bleibt ihm überlassen, in welchem Tempo und in welcher Intensität er sich bewegt - er muss keine Aufgaben lösen, aber er kann sich auf ästhetische Details konzentrieren, sei es durch Wiederholung und Anhalten des Bildes oder durch den Wechsel vom Navigations- zum Vollbildmodus.
    Die DVD veranschaulicht eine Fülle markanter und typischer Beispiele sowie ausführliche Erläuterungen, wie sich Produktions-, Produkt- und Rezeptionsästhetik des Films in Europa und den Vereinigten Staaten entwickelt haben. Drei Stunden, bis an die Grenze der Speicherkapazität, reiht die DVD Sequenz an Sequenz - die genannten Kriterien strukturieren die Fülle. So zeigt ein Ausschnitt aus "Paris, Texas" (Wim Wenders, 1984), wie die Panoramaeinstellung die Tiefe und Weite des Raumes vermittelt. "Lola rennt" (Tom Tykwer, 1998) beleuchtet den Einsatz der Kamera als Erzähler. Und "Cocktail für eine Leiche" (Alfred Hitchcock, 1948) erhellt die Spannung, die der verdeckte Schnitt aufbaut. Die Auswahl der Filmszenen reicht bis zu Beispielen für die Verletzung oder gar Zerstörung der klassischen Regeln wie sie sich im Film Noir oder der Dogma-Schule widerspiegelt.
    Die DVD paßt zu Projekten wie der geplanten School of Media Leipzig. Die Schule, als Weiterbildungsportal für Medienberufe konzipiert, stützt sich auf die Potentiale der vier Leipziger Hochschulen: der Universität Leipzig, der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK), der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) sowie der Hochschule für Musik und Theater. Zudem haben der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR), die Medienstiftung der Sparkasse sowie der Freistaat Sachsen und die Stadt Leipzig ihre - auch finanzielle - Unterstützung für die bis 2007 avisierte Testphase der School of Media zugesagt. Das Angebot, ein kommerzieller Aufbaustudiengang mit dem Abschluss als Magister oder Master of Science, richtet sich an Medienprofis und Quereinsteiger, die sich in der Branche etablieren wollen. Aus dem Pool der Hochschulen sollen vor allem ideelle und virtuelle Kapazitäten einfließen. Die DVD "Film- und Fernsehästhetik in Theorie und Praxis", erarbeitet mit Förderung der Sächsischen Stiftung für Medienausbildung, markiert hierbei den Anfang.
    Daniela Weber

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Rüdiger Steinmetz
    Telefon: 0341 97 35701
    E-Mail: rstein@uni-leipzig.de


    Images

    Criteria of this press release:
    Media and communication sciences
    transregional, national
    Research projects, Studies and teaching
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).