Der Virologe und RKI-Präsident Reinhard Kurth wird 60
Retroviren sind anders als andere Viren. Sie bauen ihre Gene in das Erbmaterial der infizierten Zellen ein und bleiben dort, bis ein Signal die Virusvermehrung anstößt. Das bekannteste Retrovirus ist HIV, das die Immunschwächeerkrankung AIDS auslöst. Retroviren standen im Mittelpunkt eines internationalen Symposiums des Robert Koch-Instituts am 6. Dezember 2002, mit dem das Robert Koch-Institut seinen Präsidenten Reinhard Kurth aus Anlass des 60. Geburtstages geehrt hat. Das Gebiet der Retroviren steht im Zentrum der wissenschaftlichen Arbeiten von Reinhard Kurth.
Es gibt drei Retrovirusfamilien des Menschen: die Humanen Immundefizienzviren (HIV), die Humanen T-lymphotropen Viren (HTLV), die eine besondere Form von Blutkrebs auslösen können, und die Humanen Endogenen Retroviren des Menschen (HERV), die sich bereits während der Evolution in das Erbgut integriert haben und wie Gene von Generation zu Generation weitergegeben werden. Alle drei Retrovirusfamilien sind, mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung, von Reinhard Kurth und seinen Mitarbeitern untersucht worden.
So fand Reinhard Kurth bereits 1977 beim Menschen Antiköper gegen tierische Retroviren, die einen ersten Hinweis auf die mögliche Existenz von humanen Retroviren gaben, und wies als erster endogene Retroviren beim Menschen nach, noch vor der Entdeckung von HTLV im Jahr 1980 und HIV-1 und HIV-2 danach. Im Jahre 1985 wies Kurth HIV in Blutprodukten nach, 1987 HIV-2 in Deutschland, 1995 publizierte er Ergebnisse zur Unterdrückung von HIV durch den Immunbotenstoff Interleukin 16, die allerdings bisher nicht therapeutisch nutzbar waren.
Schon vor mehr als zehn Jahren wies Kurth auf die weltweite Renaissance von Infektionskrankheiten als Konsequenz menschlichen Handelns hin. Derzeitige Forschungsschwerpunkte der Arbeitsgruppen von Reinhard Kurth sind die BSE-Krankheitsentstehung und -Diagnose, die Entwicklung eines AIDS-Impfstoffes und die Untersuchung von endogenen Retroviren des Schweins, die möglicherweise bei einer zukünftigen Xenotransplantation von Schweinegewebe oder -organen auf den Menschen Schaden anrichten könnten.
Reinhard Kurth, der nach seiner Bestallung zum Arzt 1969 in die Forschung gegangen ist, wurde mit zahlreichen wissenschaftlichen Preisen ausgezeichnet, 1998 wurde er in Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften berufen. Seit 1996 leitet Reinhard Kurth das Robert Koch-Institut, aber schon 1971 war er für zwei Jahre Wissenschaftlicher Assistent in der Virologie des Instituts am Nordufer. Nach zwei Jahren als Wissenschaftlicher Assistent mit eigener Arbeitsgruppe am Imperial Cancer Research Fund in London leitete der gebürtige Dresdner von 1975 bis 1980 eine Nachwuchsgruppe der Max-Planck-Gesellschaft in Tübingen. Im Jahre 1980 kam Kurth als Leiter der Abteilung Virologie ins Paul-Ehrlich-Institut, das er von 1986 bis 1999 leitete, die letzten drei Jahre führte er gleichzeitig das Robert Koch-Institut. Beide Forschungsinstitute haben unter anderem die Aufgabe, vorläufige wissenschaftliche Erkenntnisse zu bewerten und auf ihre Bedeutung für die Gesundheitspolitik zu prüfen. Sie wurden unter seiner Aegide evaluiert, umfassend reformiert und international wettbewerbsfähig positioniert.
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