Eine mikroökonomische und -ökonometrische Untersuchung zur Beschäftigungsschaffung und -dynamik mit dem Betriebspanel Rheinland-Pfalz
Mittelständische Unternehmen scheinen in Deutschland unbestritten als Beschäftigungsmotor zu gelten. Im Vorlauf der Bundestagswahl war kein parteipolitisches Programm ohne den Verweis auf die Notwendigkeit der Förderung von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) zur Senkung der Arbeitslosigkeit ausgekommen. Dieses überrascht umso mehr, als die Beantwortung der seit zwei Jahrzehnten kontrovers diskutierten Frage - ob KMU im Vergleich zu Großunternehmen einen überproportionalen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen leisten - sich in Deutschland auf Grund einer unzureichenden Datenlage bisher einer angemessenen empirischen Überprüfung entzogen hat.
KMU sind bei der Schaffung von Arbeitsplätzen überlegen, wenn von einer Erhöhung des Anteils der KMU an der Wertschöpfung ein positiver Effekt auf die gesamtwirtschaftliche Arbeitsnachfrage ausgeht. Dazu müssen in KMU mehr neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden als in Großunternehmen. Ein beschäftigungsschaffender Effekt liegt nur dann vor, wenn die KMU nicht nur überproportionale Nettostellenzuwächse aufweisen, sondern die geschaffenen Möglichkeiten auch dauerhaft sind. Sonst weisen die KMU nur eine höhere Beschäftigungsdynamik auf.
Eine an der Unternehmensgröße orientierte Förderpolitik lässt sich nur dann legitimieren, wenn dieser nachhaltige positive Nettoeffekt aus Gewinnen und Verlusten realisierter Beschäftigungsmöglichkeiten nachweisbar ist. Eine Untersuchung des IAAEG mit dem Betriebspanel Rheinland-Pfalz zeigt, dass KMU kein höheres Potenzial aufweisen als größere Unternehmen. Der Mittelstandshypothese liegen weniger Unternehmensgrößeneffekte als Alterseffekte zu Grunde. Das bedeutet, dass die Beschäftigung schaffenden Effekte auf Existenzgründungen zurückgehen.
Wird dieser Einfluss statistisch kontrolliert und somit der reine Effekt der Unternehmensgrößenklasse untersucht, zeigen sich nur noch marginale Unterschiede in den Bruttostellenzuwächsen. KMU haben einen höheren Beschäftigungsumschlag, schaffen aber nicht mehr dauerhafte Beschäftigungsmöglichkeiten.
Die Mittelstandshypothese ist also eine unzulässige Verallgemeinerung: KMU haben kein größeres Beschäftigungspotenzial im Vergleich zu den größeren Unternehmen, allerdings eine höhere dynamische Effizienz. Vor dem Hintergrund einer hysteretisch verlaufenden Arbeitslosigkeit (Sockelarbeitslosigkeit), die durch Kapitalabbau und somit den Wegfall einmal unbesetzter Beschäftigungsmöglichkeiten charakterisiert ist (Kapitalmangel- oder Arbeitsplatzmangelarbeitslosigkeit), sollten die realisierten langfristigen Beschäftigungsmöglichkeiten durch Großunternehmen im Vordergrund stehen.
Dipl.-Volkswirt Florian Turk
Institute of Labour Law and Industrial Relations in the European Community (IAAEG)
Schloß Quint
D-54293 Trier
Tel. +49 651 9666-0
Fax. +49 651 9666-100
turk@iaaeg.de
www.iaaeg.de
Pressemitteilung 258/2002
Trier, 12.12.2002
Universität Trier
Pressestelle
Leitung: Heidi Neyses
Tel.: 0651/201-4238
Fax: 0651/201-4247
E-Mail: Neyses@uni-trier.de
Criteria of this press release:
Economics / business administration
regional
Research results
German
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