Junge Menschen zeigen trotz genetischer Vorbelastung keine Symptome
Nachlassende Gedächtnisleistungen sind erste Symptome der Alzheimer-Krankheit, und die zeigen sich bei den meisten Betroffenen im Alter von 65 bis 75 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt sind die meisten Patienten sehr wahrscheinlich schon etwa zehn bis 20 Jahre an Alzheimer erkrankt. Wann die Krankheit jedoch genau einsetzt, ist bisher unklar. Wissenschaftler um Prof. Dr. Piotr Lewczuk von der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik (Klinikdirektor: Prof. Dr. Johannes Kornhuber) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben darüber jetzt neue Erkenntnisse gewonnen: Sie haben herausgefunden, dass junge Menschen – ca. 30 bis 40 Jahre vor dem typischen Einsetzen der Krankheit – trotz genetischer Vorbelastung noch keine Spuren von Alzheimer zeigen.
In ihrem frühen Stadium lässt sich die Alzheimer-Krankheit nur durch Untersuchungen der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit nachweisen. Dort suchen die Mediziner nach Änderungen der Konzentrationen eines Peptids mit dem Namen Amyloid β, das sich bei Alzheimer-Patienten im Hirn ablagert. Ein niedriger Amyloid β-Spiegel in der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit gilt als frühestes Anzeichen der Alzheimer-Krankheit. Diese Untersuchung wird bei Patienten mit Verdacht auf Alzheimer routinemäßig – unter anderem auch im von Prof. Lewczuk geleiteten Labor in Erlangen – durchgeführt.
Die Erlanger Wissenschaftler wollten nun herausfinden, ob schon bei jungen Erwachsenen dieses erste Alzheimer-Anzeichen nachzuweisen ist. Dazu untersuchten sie Blutproben von Freiwilligen im Alter zwischen 20 und 35 Jahren. Ein Teil der Probanden trägt einen genetischen Risikofaktor für Alzheimer in sich – das so genannte Apolipoprotein e4-Allel –, zeigt aber keine Gedächtnisprobleme. Das Ergebnis der Untersuchung: Im Vergleich mit genetisch nicht vorbelasteten Probanden wiesen ihre Blutproben keine Unterschiede auf.
Das Resultat der FAU-Forscher scheint auf den ersten Blick unspektakulär, hilft der medizinischen Wissenschaft jedoch, den Verlauf der Alzheimer-Krankheit besser zu verstehen. „Aus den Ergebnissen können wir ablesen, dass auch die Personen, die mit genetischen Risikofaktoren belastet sind, in einem frühen Lebensalter noch nicht krank sind. Sehr wahrscheinlich beginnt die Krankheit etwa zehn bis 20 Jahre bevor sich die ersten Symptome zeigen, darauf lassen ältere, schwedische Untersuchungen schließen, aber nicht früher“, erläutert Studienleiter Prof. Dr. Piotr Lewczuk.
Das Apolipoprotein e4-Allel gilt als ein Risikofaktor für die Alzheimer-Krankheit. Aber nicht alle Träger dieses genetischen Merkmals erkranken im Laufe ihres Lebens tatsächlich an Alzheimer. Darüber hinaus können Menschen ohne Vorbelastung im Erbgut die Alzheimer-Krankheit entwickeln. Diabetes, Bluthochdruck und ganz einfach das fortgeschrittene Alter gelten als zentrale Faktoren, die der Krankheit Vorschub leisten.
Wichtige Ergebnisse darüber, wann und wie sich die Krankheit entwickelt, könnte eine Folgestudie zur Untersuchung der FAU-Forscher liefern. „Wir möchten gern untersuchen, ob die Konzentrationen der Amyloid β-Peptiden der bereits untersuchten Personen tatsächlich stabil bleiben, bis sich eventuelle erste Veränderungen in Gedächtnisleistungen zeigen“, sagt Lewczuk. „Bevor wir dieses Langzeitprojekt in Angriff nehmen können, müssen aber erst grundlegende ethische und logistische Fragen geklärt werden.“
Die Ergebnisse ihrer Studie haben die Wissenschaftler jetzt im renommierten Fachmagazin „Journal of Alzheimer’s Disease“ veröffentlicht.
Zimmermann R., Huber E., Schamber C., Lelental N., Mroczko B., Brandner S., Maler J.M., Oberstein T., Szmitkowski M., Rauh M., Kornhuber J., Lewczuk P. J., Alzheimers Dis. 2014 Feb 20.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Piotr Lewczuk
Tel.: 09131/85-34324
piotr.lewczuk@uk-erlangen.de
Criteria of this press release:
Journalists
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Social studies
transregional, national
Research results
German
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