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02/20/2003 11:40

Skepsis gegenüber grüner Stromerzeugung

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Skepsis gegenüber grüner Stromerzeugung
    Nur wenige nutzen die Liberalisierung des Strommarktes

    Seit der Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 können Kunden zwischen zahlreichen Anbietern wählen. Bis zum Jahr 2002 wechselten aber nur ca. vier Prozent der rund 38 Millio-nen Haushalte ihren Stromanbieter, und nur knapp ein Prozent zu einem neuen Grünstromanbieter. Wer überhaupt den Anbieter wechselt, welche Gründe es dafür gibt und wer zum "Grünstrom" wechselt hat Katja Schlager in einer Studie am Forschungsinstitut für Soziologie der Universität zu Köln unter der Leitung von Professor Dr. Jürgen Friedrichs und mit Unterstützung der GEW RheinEnergie AG untersucht.

    Die wichtigsten Gründe, welche die Befragten davon abhalten, einen grünen Stromtarif zu wählen, sind an erster Stelle der Preis, danach folgt mit großem Abstand eine Skepsis gegenüber grüner Stromerzeugung und an dritter Stelle mangelnde Informationen. Einigen Befragten ist auch der zeitliche und organisatorische Aufwand zu groß, sich über grüne Stromtarife zu informieren. Ein erstaunlicher Befund war, dass die Kunden von "normalen" Tarifen mit durchschnittlich 5.240 kWh/Jahr fast doppelt so viel Strom wie die Kunden von "grünen" Stromtarifen mit durchschnittlich 2.440 kWh/Jahr verbrauchen. Vermutlich ist es insbesondere ihr hoher Verbrauch, der sie daran hindert, zu dem teureren Grünstrom zu wechseln.

    Grünstromkunden bewerten die konventionelle (atomare und fossile) Energieerzeugung kritischer als die Kunden der normalen Tarife. Die Kluft zwischen den beiden Stromgruppen ist beim Thema der atomaren Energieerzeugung größer als bei dem der fossilen Erzeugung, deshalb hierzu einige Beispiele: Den Beziehern von normalen Tarifen ist es zu 33 Prozent "sehr wichtig" bzw. "wichtig", dass ihr Stromversorger keinen Strom aus atomarer Produktion anbietet; bei den Kunden von grünen Tarifen sind es mit 94 Prozent in diesen beiden Kategorien die überwiegende Mehrheit. Dementsprechend schätzen Kunden grüner Stromtarife die Gefährlichkeit der Kernenergie mit 92 Prozent als "außerordentlich" bzw. "ziemlich gefährlich" ein; Kunden des anderen Tarifes tun dies zu 54 Prozent. Letztere votieren in den Randkategorien zu 19 Prozent dafür, dass Kernkraftwerke grundsätzlich weiter betrieben werden, im Gegensatz zu 8 Prozent aus dieser Gruppe, die für eine sofortige Abschaltung der Kernkraftwerke plädieren. Bezieher grüner Tarife sind mit 27 Prozent für eine sofortige Abschaltung und mit 1 Prozent für einen grundsätzlichen Weiterbetrieb.

    Grünstromkunden sehen sich zu 70 Prozent selbst in der Verantwortung, die Produktion von Grünstrom unterstützen. Die Kunden von normalen Tarifen fühlen sich demgegenüber nur zu 23 Prozent dafür verantwortlich. Den Stromversorgern weisen 79 Prozent der Grünstromkunden die Verantwortung für eine Erhöhung der Grünstromproduktion zu, die Kunden normaler Tarife tun dies zu 56 Prozent. Die überwältigende Mehrheit von 96 Prozent der Grünstromkunden sieht es als Aufgabe der Politik an, grünen Strom zu fördern, bei den Kunden normaler Stromtarife sind 73 Prozent dieser Meinung.

    Grünstromkunden haben auch stärker das Gefühl, durch einen persönlichem Stromwechsel Einfluss auf die Stromzusammensetzung nehmen zu können als die Bezieher der normalen Tarife. Sie versuchen den eigenen Einflussbereich noch zu erweitern, indem sie befreundete Personen davon überzeugen wollen, ebenfalls einen grünen Stromtarif zu beziehen. Da sich dieser Punkt der wahrgenommenen Einflussnahme auf die Stromerzeugung, neben den Einstellungen zur atomaren und fossilen Energieerzeugung, als wichtiger Faktor für die Wahl eines grünen Stromtarifs erwiesen hat, geht die Empfehlung an die Stromversorger, den Kunden diese Mechanismen der Stromversorgung bewusst zu machen und auf den Beitrag hinzuweisen, den jeder Einzelne dazu leisten kann.

    An der schriftlichen Befragung haben 731 Personen teilgenommen. Die Mehrheit der Befragungspersonen (98 Prozent) hat schon von der Liberalisierung des Strommarktes gehört. Die Kunden der normalen Tarife erhoffen sich von der Liberalisierung zu 54 Prozent niedrigere Preise, sie befürchten mit 51 Prozent hauptsächlich unübersichtliche Tarife. Die Kunden der grünen Tarife erhoffen sich mit 49 Prozent von der Liberalisierung vor allem eine freie Wahl der Stromversorgung und befürchten mit 47 Prozent unseriöse Anbieter.

    Von den Befragten beziehen 269 (ca. 37 Prozent der Stichprobe) Personen einen normalen Tarif, vorwiegend von den Anbietern GEW RheinEnergie AG und Yello Strom GmbH, und 462 (63 Prozent der Stichprobe) einen grünen Tarif, z.B. von den Unternehmen GEW RheinEnergie AG, Greenpeace energy eG, Lichtblick GmbH und den Elektrizitätswerken Schönau GmbH. Ca. 34 Prozent der Befragten waren weiblich, 66 Prozent von ihnen männlich. Das Durchschnittsalter betrug 42 Jahre. Betrachtet man das Alter getrennt nach den verschiedenen Tarifen, fällt auf, dass die Kunden von normalen Tarifen ein Durchschnittsalter von ca. 50 Jahren haben, die Kunden von grünen Stromtarifen mit einem Durchschnittsalter von ca. 41 Jahren deutlich jünger sind.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Für Rückfragen steht Ihnen Professor Dr. Jürgen Friedrichs un-ter der Telefonnummer 0221/470-2409 der Faxnummer 0221/470-5180 und der E-Mail Adresse fisoz@wiso.uni-koeln.de zur Verfü-gung.
    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.html).
    Für die Übersendung eines Belegexemplars wären wir Ihnen dankbar.


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    Criteria of this press release:
    Biology, Economics / business administration, Electrical engineering, Energy, Environment / ecology, Oceanology / climate
    regional
    Research results
    German


     

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