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07/10/2003 09:44

200 Jahre Botanischer Garten Münster

Norbert Frie Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster

    Auch 200 Jahre nach seiner Gründung dient der Botanische Garten der Westfälischen Wilhelms-Universität nicht nur der Forschung und akademischen Lehre, sondern gehört zu den großen Publikumsmagneten in Münster. Obwohl er im Lauf der Zeiten vielfach sein Gesicht gewandelt hat, büßte er bis heute nichts von seiner Attraktivität ein. Ein Höhepunkt im Jubiläumsjahr ist eine Ausstellung über "Geschichte, Forschung und Aufgaben des Botanischen Gartens Münster - einst und jetzt", die bis 3. August 2003 in der Orangerie des Gartens hinter dem Schloss zu Münster gezeigt wird. Eröffnet wird die Ausstellung am Sonntag, 13. Juli 2003, um 11 Uhr.

    Am 27. Oktober 1803 genehmigte die zuständige Königlich-Preußische Commission vorläufig die Anlage des Gartens und beauftragte mit der Planung den Mediziner Prof. Dr. Franz Wernekinck, der an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster den Lehrstuhl für Naturwissenschaften inne hatte. Der ursprünglich barocke Schlossgarten innerhalb der Gräfte wurde fast vollständig für den Botanischen Garten zur Verfügung gestellt. Am 5. November 1803 wurde dann der erste Spatenstich ausgeführt. 938 Karren Modder und viele Dutzend Fuder an Pferde- und Kuhmist wurden herangekarrt, um den Boden zu verbessern. Neben Gewächshäusern wurden vier zentrale Bereiche eingerichtet: eine "Botanische Partie", die "Ökonomisch Technologische Partie", die "Medicinal Partie" und das "Arboretum".

    Doch der Ausbau des Gartens mit seinen Gewächshäusern und später sogar einem Aquarium verlief nur schleppend. Denn die preußische Administration bevorzugte den Botanischen Garten in Berlin. Um die desolate Finanzsituation zu verbessern, setzte man auf den Verkauf von Pflanzen, Sträuchern und Obstbäumen. Der daraus entstehende Handel hatte über viele Jahrzehnte Bestand. Zwar sollte der Garten vor allem ein reichhaltiges Repertoire an "ausländischen" Pflanzen zeigen, doch Wernekincks Interesse galt der Erforschung der westfälischen Flora. 1818, nachdem die Universität zur Akademischen Lehranstalt zurückgestuft und der Botanische Garten der Philosophischen Fakultät zugeordnet wurde, änderten sich die Schwerpunkte. Von den fremdländischen Pflanzen sollten nur jene behalten werden, die für die Vorlesungen der Chirurgen und Tierärzte erforderlich waren beziehungsweise jene Merkmale aufwiesen, die zur Erklärung der Terminologie gebraucht wurden und die einheimischen Pflanzen fehlten.


    Mit seinen Vorstellungen nahm Prof. Wernekinck teilweise die heutige Struktur des Gartens vorweg: "Ein wesentlicher Punkt scheint nämlich zu sein, dass die Pflanzen, sei's nun in Samen oder Setzlingen, wo es immer nur möglich aus der freien Natur in den Garten gebracht werden, damit alles rein und ursprünglich zusammentrete." Heute wachsen Heide mit Moor, ein Alpinum, der Mittelmeergarten auf jenen Böden, die der natürlichen Vegetation entsprechen, wachsen jene Pflanzen zusammen, die auch in der freien Natur anzutreffen sind.

    Doch der Weg dahin war weit. 1826 übernahm der Jurist Prof. Dr. Clemens Maria Franz Freiherr von Bönninghausen die Leitung des Botanischen Gartens. Vor allem den Pflanzen Westfalens galt sein Interesse, über sie veröffentlichte er das erste grundlegende Werk. Mit Prof. Dr. Theodor Nitschke übernahm 1867 erstmals ein Botaniker die Leitung des Gartens. In sein Direktorat fallen der Neubau des Palmenhauses und vor allem die Anlage der Insel im Teich. Er konnte darüber hinaus durchsetzen, dass "im hiesigen königlichen Garten ferner weder Pflanzen noch Blumenbouquets verkauft werden durften". Nitschke war es auch, der den Botanischen Garten in seine Lehrveranstaltungen einband und anregte, ein Lehrgebäude zu errichten. Verwirklicht wurde es unter Prof. Dr. Oskar Brefeld, der die Pilzforschung ausbaute und das Institut zum damaligen Zentrum der mykologischen Forschung machte. Erstmals wurden auch Pflanzenkrankheiten vorgeführt. Wissenschaftlichen Weltruhm brachte ab 1909 Prof. Dr. Carl Correns nach Münster mit, der zu den Wiederentdeckern der Mendel'schen Gesetze gehört. Für seine genetischen Untersuchungen wurden viele Rasenflächen in Versuchsbeete umgewandelt. Erstmals wurde der Garten damit für wissenschaftliche Untersuchungen verwendet.

    Der Erste Weltkrieg hinterließ auch im Botanischen Garten seine Spuren. Die Orangerie wurde während der Sommermonate in eine Trinkhalle für erholungsbedürftige Soldaten umgewandelt und auch von den Bürgern Münsters genutzt. Durch den regen Publikumsverkehr und gelegentliche Kurkonzerte wurden der Lehr- und Gartenbetrieb erheblich gestört. Im Garten wurde eine neue Abteilung "wild wachsende Pflanzen" angelegt, um die wenig bekannten Gemüsepflanzen von Weg- und Wiesenrändern einzuführen und ihre Nutzung anzuregen. Erst Ende der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts erholte sich der Botanische Garten von den Folgen des Krieges, viele Gewächshäuser konnten saniert werden. Der Neubau des Palmenhauses allerdings verzögerte sich, denn der Provinzialkonservator von Westfalen regte an, den Botanischen Garten an eine andere Stelle zu verlagern.

    Der Zweite Weltkrieg beendete die Diskussion um den Standort. Das Botanische Institut wurde am 18. November 1944 durch eine Luftmine völlig zerstört, die Glasabdeckung der Gewächshäuser und die Heizungsrohre durch Bombensplitter zerschlagen, Bäume und Sträucher herausgerissen. Noch heute zeigt der atypische Wuchs mancher Bäume, dass sie damals verwundet wurden. Fast alle Warmhauspflanzen starben ab, weil die Gewächshäuser nicht mehr geheizt werden konnten. Glücklicherweise konnten viele Setzlinge gerettet werden.

    Vom alten Baumbestand zeugen unter anderem noch immer die Blutbuche hinter dem Teich von 1855 und eine Winterlinde im Eingangsbereich rechts des Weges, gepflanzt 1795. Ansonsten hat sich das Gesicht des Gartens in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Themenbereiche zeigen die Pflanzen in ihren natürlichen Lebensräumen. Naturnah bedeutet, dass auch die Eingriffe des Menschen nachvollzogen werden wie im Kalk-Buchenwald, der durch Beweidung zum Kalk-Mager-Rasen wird. Der erst im vergangenen Jahr eröffnete Zentralbereich vermittelt Einblicke in die Verwandtschaftsverhältnisse der Pflanzen, die Pelargonien-Sammlung, im Volksmund als Geranien bekannt, ist in ihrer Vollständigkeit fast einmalig. Sie wurde über Jahrzehnte hinweg vom heutigen wissenschaftlichen Leiter des Gartens, Prof. Dr. Focke Albers, zusammengetragen.

    Rund 35000 Besucher, so schätzt Gartenleiter Herbert Voigt, kommen jedes Jahr in den Botanischen Garten der Universität Münster, lassen sich beraten oder genießen einfach nur "das grüne Herz der Universität", einst angelegt auch zur "Erholung und Vergnügen des Publikums und zur fröhlichen Ergötzung".


    More information:

    http://www.uni-muenster.de/BotanischerGarten/


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    Historische Aufnahme des Botanischen Gartens Münster aus dem Jahr 1906
    Historische Aufnahme des Botanischen Gartens Münster aus dem Jahr 1906

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    Criteria of this press release:
    Biology, Information technology
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Organisational matters
    German


     

    Historische Aufnahme des Botanischen Gartens Münster aus dem Jahr 1906


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