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05/29/2017 13:15

Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss - eine Last für den deutschen Bürger

Susann Huster Stabsstelle Universitätskommunikation/Medienredaktion
Universität Leipzig

    Der deutsche Leitungsbilanzüberschuss liegt mit 8,5 Prozent der Wirtschaftsleistung oder 300 Milliarden Euro weiterhin auf sehr hohem Niveau. Die Kritik daran ist in Europa und den USA groß. Der Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump, Peter Navarro, hat den deutschen Exportüberschuss als eine Form der Ausbeutung bezeichnet. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht ihn hingegen als Ausdruck der hohen Qualität deutscher Produkte. Was steckt hinter dem Konflikt, der auf dem gerade zu Ende gegangenen G7-Gipfel in Italien neu aufgebrochen ist? Dazu äußert sich Prof. Dr. Gunther Schnabl vom Institut für Wirtschaftspolitik der Universität Leipzig.

    Herr Prof. Schnabl, beutet Deutschland wirklich seine Handelspartner aus, wie Peter Navarro behauptet?

    Leistungsbilanzüberschüsse oder -defizite sind keine Ausbeutung, weil sie von entsprechenden Kreditströmen begleitet werden. Deutschland vergibt in großem Umfang Kredite an seine Handelspartner, die es den Handelspartnern erst erlauben, deutsche Güter zu kaufen. Deutschland ermöglicht den Ländern mit Leistungsbilanzdefiziten damit heute mehr Konsum und ein höheres Wohlstandsniveau. In der Zukunft müssen diese Kredite allerdings zurückgezahlt werden. Dann müssen die Handelspartner mit früheren Leistungsbilanzdefiziten den Konsum reduzieren. Das kann schmerzhaft sein, wie Griechenland oder Spanien derzeit zeigen.

    Vernichten Leistungsbilanzüberschüsse bei den Handelspartnern Arbeitsplätze?

    Hier muss man genau hinsehen. Sie vernichten Arbeitsplätze in den Wirtschaftsbereichen, in denen mehr ausländische Güter zuströmen. In den USA hat beispielsweise die Automobilindustrie unter den Exportüberschüssen Japans und Deutschlands gelitten. Allerdings hat der Dienstleistungssektor von den Krediten aus Deutschland und Japan profitiert, weil mehr konsumiert werden konnte. Deshalb ist die Arbeitslosigkeit in den USA auch trotz wachsender Leistungsbilanzdefizite nicht angestiegen. In Deutschland ist es genau anders herum. Es werden viele Arbeitsplätze in der Industrie geschaffen. Hingegen entstehen viele Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor nicht, weil mit der hohen Kreditvergabe ins Ausland den Menschen heute viel Kaufkraft verloren geht. Das äußert sich in Lohnsteigerungen, die immer noch im Vergleich zu den Produktivitätsgewinnen gering sind.

    Warum werden dann die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse im Ausland so stark kritisiert?

    In Wirtschaftsbereichen, in denen die Konkurrenz durch die deutsche Industrie steigt, sind die Menschen unzufrieden. Die Politiker entsprechen den Erwartungen dieser Menschen, indem sie Deutschland kritisieren. Das findet bei den Wählern viel Zuspruch. Zudem wird von den eigenen politischen Fehlern abgelenkt. Ob die Leistungsbilanzdefizite in Zukunft in den USA dazu führen werden, dass der Konsum eingeschränkt wird, hängt davon ab, ob die Kredite wirklich zurückgezahlt werden. Das war in der Vergangenheit oft nicht der Fall. Zum Beispiel wurden die Forderungen, die Deutschland durch Leistungsbilanzüberschüsse erworben hat, zum Beispiel im Verlauf der US-Hypothekenmarktkrise und der Eurokrise vernichtet. Ich schätze diese Verluste auf etwa 1.000 Milliarden Euro. Wenn Deutschland Geld verschenkt, um seine Exportindustrie zu fördern, ist das zwar schön für die Exportindustrie. Es ist aber nicht im Interesse der deutschen Bürger, die in Form geringer Lohnsteigerungen dafür bezahlen.

    Hinweis:
    Prof. Dr. Gunther Schnabl ist einer von mehr als 150 Experten der Universität Leipzig, auf deren Fachwissen Sie mithilfe unseres Expertendienstes zurückgreifen können.



    Weitere Informationen:

    Prof. Dr. Gunther Schnabl
    Institut für Wirtschaftspolitik
    Telefon: +49 341 97-33560
    E-Mail: schnabl@wifa.uni-leipzig.de
    Web: www.uni-leipzig.de/~wipo


    More information:

    http://www.uni-leipzig.de/service/kommunikation/medienredaktion/expertendienst.h...


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    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, all interested persons
    Economics / business administration, Politics
    transregional, national
    Transfer of Science or Research
    German


     

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