Mehr als 20.000 Flugzeuge sind täglich über Europa in der Luft. Damit Sicherheitsabstände immer eingehalten werden und gleichzeitig der Luftraum effizient genutzt wird, sind komplexe mathematische Berechnungen nötig. Im europäischen Rahmenprogramm Horizon 2020 wurde ein neues Marie-Curie Doktorandenprogramm ETN (European Training Network) bewilligt, das von Prof. Dr. Frauke Liers von der Professur für Diskrete Optimierung in den Ingenieurswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) koordiniert wird.
Ziel von MINOA (Mixed-Integer Non-Linear Optimisation Applications) ist es, den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Angewandten Mathematik, insbesondere in der gemischt-ganzzahligen nichtlinearen Optimierung, auszubilden, damit er den heutigen Herausforderungen in Europa in den Bereichen Energie, Logistik, Natur- und Ingenieurwissenschaften erfolgreich begegnen kann. Beispiele sind etwa die Optimierung des öffentlichen Nahverkehrs in Echtzeit oder der bestmögliche Ausbau des Stromnetzes eines Landes, auch unter unsicheren Zukunftsprognosen. In dem Projekt werden in den nächsten vier Jahren Promovierende mathematische Optimierungsmethoden für Anwendungen der modernen Welt entwickeln. Gefördert wird das Projekt mit insgesamt drei Millionen Euro. Im Rahmen der Ausbildung entwickeln die Promovierenden innerhalb ihres Forschungsprojekts neue mathematische Optimierungsmethoden und -konzepte. Diese werden für realistische Anwendungsszenarien erprobt und validiert. Zur Ausbildung gehört mindestens ein Praktikum bei einem der beteiligten Industriepartner und ein Forschungsaufenthalt bei einem universitären Partner des Netzwerks.
International agierender Verbund aus Forschung und Industrie
In Erlangen wird ein Promovierender unter der Leitung Liers und Prof. Dr. Martin Schmidt von der Juniorprofessur zur Optimierung von Energiemärkten der FAU (Lehrstuhl für Wirtschaftsmathematik) untersuchen, wie Energiemärkte unter unsicheren Zukunftsprognosen optimal ausgelegt werden können. Insgesamt werden sich zwölf Promovierende in Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich mit Fragen der mathematischen Optimierung auseinandersetzen. Forschungsprojekte der anderen Universitäten thematisieren unter anderem Optimierungsfragen bei Quantencomputern, die bestmögliche Auslegung von Industrieanlagen oder die effiziente Nutzung von Landebahnen eines Flughafens.
Durch das Marie-Curie ETN wird vor allem die strukturierte Doktorandenausbildung gefördert. Dabei liegt der Wert vor allem darauf, dass neben universitären Einrichtungen auch nichtakademische Partner beteiligt sind – in MINOA sind es zwölf Universitäten sowie sieben internationale Industriepartner. Marie-Curie ETNs haben nur eine äußerst geringe Bewilligungsquote, dieses Jahr lag sie in der Mathematik bei lediglich 5,3 Prozent. MINOA ist zudem das erste Doktorandenprojekt im Horizon 2020 Rahmenprogramm, das von der FAU koordiniert wird.
Weitere EU-Projekte
Der Lehrstuhl für Wirtschaftsmathematik der FAU ist an einem weiteren EU-Projekt beteiligt: Im Rahmen von Horizon 2020 wurde ein European Industrial Doctoral Programm (EID) bewilligt, um Doktoranden auf internationaler Ebene im Verbund mit Partnern aus der Industrie zu fördern. Für die Lösung von heutigen komplexen Industrieanwendungen mit Hilfe der mathematischen Modellierung, Simulation und Optimierung ist eine in sich konsistente Hierarchie von Modellen nötig. Diese reichen von der Einbeziehung detaillierter physikalischer Randbedingungen bis hin zu sehr groben Abschätzungen derselben, dafür unter Einbeziehung globaler Aspekte. Das europäische Industrie-Promotionsprogramm ROMSOC (Reduced Order Modelling, Simulation and Optimization of Coupled Systems) will Modellreduktionsmethoden, die die unterschiedlichen Modelle konsistent ineinander überführen, entwickeln und auf Problemstellungen in verschiedenen Branchen anwenden. In Erlangen wird in Kooperation mit der DB Schenker Rail Polska unter der Leitung von Prof. Dr. Alexander Martin untersucht, wie internationale Transportnetze optimiert werden können. Forscher aus sieben Nationen arbeiten unter der Leitung der TU Berlin mit elf internationalen Industriepartnern zusammen.
Das Projekt „Control of Flexible Structure and Fluid Structure Interactions“ (ConFlex) setzt bei der Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern ebenfalls auf die Kooperation von Wissenschaft und Industrieunternehmen. Die FAU wird durch Prof. Dr. Günter Leugering vom Lehrstuhl für Angewandte Mathematik 2 vertreten. Drei Promovierende werden von Erlangen aus koordiniert und untersuchen in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und Airbus Industries unerwünschte Schwingungen und wie man diese auffangen und ableiten kann. Derartige Störungen sind zum Beispiel seismische Schwingungen in hohen Gebäuden, Kabel, deren Schwingungen zu Verletzungen führen können, oder flatternde Flügel in Höchstgeschwindigkeitsflugzeugen. Mithilfe von intelligenten Reglern und aktiven Steuerungen sollen solche Schwingungen in flexiblen Strukturen, auch bekannt als Fluid-Strukturinteraktionen, aus dem System getrieben werden. Unter der Leitung der Universität von Tel Aviv in Israel sind insgesamt Wissenschaftler aus neun Ländern und zehn Industrieunternehmen an ConFlex beteiligt.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Frauke Liers
Tel.: 09131/85-67151
frauke.liers@math.uni-erlangen.de
Prof. Dr. Alexander Martin
Tel.: 09131/85-67162
alexander.martin@fau.de
Prof. Dr. Günter Leugering
Tel.: 09131/85-67135
guenter.leugering@fau.de
Criteria of this press release:
Journalists
Economics / business administration, Mathematics
transregional, national
Research projects
German
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