Ob Tierblut oder Pflanzenfasern: Einfluss von Fressverhalten auf die Enzymvielfalt verschiedener Wanzenarten nachgewiesen
Der Speiseplan eines Insekts hat einen beträchtlichen Einfluss auf dessen körperliche Eigenschaften wie Panzer- und Flügelfarbe, Geruchs- oder Geschmackssinn. Das ist das Ergebnis einer großen Vergleichsstudie von Dr. Kristen Panfilio, Biologin an der Universität zu Köln und an der University of Warwick, Großbritannien. Panfilios Beitrag „Molecular evolutionary trends and feeding ecology diversification in the Hemiptera, anchored by the milkweed bug genome“ ist in der Fachzeitschrift „Genome Biology“ erschienen.
Das Erbgut (Genom) der Seidenpflanzen-Wanze („milkweed bug“) ist eine wichtige Ressource, um Gene und Proteine mit anderen Insektenarten zu vergleichen. Unter der Leitung von Panfilio arbeitete ein internationales Team von 83 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in 27 Arbeitsgruppen in 10 verschiedenen Ländern an der Sequenzierung des Erbguts dieser Wanze. Die Seidenpflanzen-Wanze wird seit Jahrzehnten als biologischer Modellorganismus für Genetik, Ökologie, Entwicklungsbiologie und Physiologie benutzt. Im Gegensatz zur Fruchtfliege, die in der Forschung längst als Modellorganismus etabliert ist, haben Wanzen häufig ein fünfmal so großes Genom und sind deshalb komplexer zu erfassen.
Die Analysen zeigen, dass Wanzenarten, die eine sehr einseitige flüssige Ernährung haben, wie beispielsweise blutsaugende Bettwanzen oder saftsaugende Blattläuse, ihre Genanzahl dahingehend verändern, dass sie sensorische Fähigkeiten von Riechen bis Schmecken stark reduzieren. Die Seidenpflanzen-Wanze hat im Vergleich dazu ein breites Repertoire an Sensorik. Um solche Einflüsse des Fressverhaltens besser zu erforschen, wurde im Genom-Projekt eine große Bio-Datenbank erstellt, die alle Enzyme umfasst, die eine Rolle für den Stoffwechsel spielen – unter anderem Verdauungsenzyme.
Hauptsächlich ernährt sich die kräftige Wanze von der giftigen Seidenpflanze, weshalb sie das knallige Rot-Orange als Warnfarbe auf ihrem Panzer trägt. „Dies ist ein Signal an potenzielle Fressfeinde. Die Seidenpflanze ist giftig, daher wäre auch die Wanze eine giftige Beute“, erklärt Panfilio. „Die Wanzen können jedoch ganz bestimmte Enzyme ausbilden, um die giftigen Pflanzenfasern aufzubrechen und zu verdauen. Obwohl die Monarchfalter die gleiche Seidenpflanze fressen, hat uns überrascht, dass sie unterschiedliche Enzyme ausbilden als die Wanze.“
Eine weitere Beobachtung ist, dass die Wanze von bestimmten Bakterien Enzyme geklaut und in ihr eigenes Genom eingebaut hat. Wie dieser „Diebstahl“ erfolgte ist Gegenstand aktueller Forschung. „Diese Zusammenhänge zum Speiseplan auf molekulargenetischer Ebene zu verstehen ist auch wichtig, um neue, nachhaltige Strategien der Schädlingsbekämpfung zu entwickeln“, so Panfilio. Mitautor Robert Waterhouse von der Université de Lausanne, Schweiz, erklärt: „Darüber hinaus tragen Genomsequenzierungsprojekte dazu bei, unser Verständnis der zoologischen Biodiversität zu erweitern.“
Die Ergebnisse sind in Kooperation mit Forscherinnen und Forschern des Exzellenzclusters CECAD und des 2017 beendeten Sonderforschungsbereich 680 „Molekulare Grundlagen evolutionärer Innovationen“ an der Universität zu Köln entstanden.
Inhaltlicher Kontakt:
Dr. Kristen Panfilio
Insect Extraembryonic Development (EED) Lab, Institut für Zoologie, Abt. Entwicklungsbiologie, Universität zu Köln
+49 221 470-8563
kpanfili@uni-koeln.de
Presse und Kommunikation:
Frieda Berg
+49 221 470-1704
f.berg@uni-koeln.de
Zur Publikation:
Panfilio, K.A., et al. Molecular evolutionary trends and feeding ecology diversification in the Hemiptera, anchored by the milkweed bug genome, 2019, Genome Biology, DOI: https://doi.org/10.1186/s13059-019-1660-0
Seidenpflanzen-Wanze
Jena Johnson
None
Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Environment / ecology, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research results
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).