Unter welchen Umständen befürworten Bürgerinnen und Bürger staatliche Überwachung? Dieser Frage gehen der Politikwissenschaftler Dr. Conrad Ziller von der Universität Duisburg-Essen (UDE) und sein Mannheimer Kollege Prof. Dr. Marc Helbling in einer aktuellen Studie nach. Die renommierte Zeitschrift European Journal of Political Research berichtet über die Ergebnisse.
Die Möglichkeit der staatlichen Überwachung der Bevölkerung hat durch die Digitalisierung enorm zugenommen. Die Einführung des chinesischen Social-Credit-Systems ist ein Beispiel dafür. Hierzulande wird die Sammlung von Daten durch die Coronakrise und die Frage der Nachverfolgbarkeit von Kontakten erneut diskutiert. Unter welchen Umständen und in welchem Ausmaß Menschen staatliche Überwachung akzeptieren, wurde bislang jedoch kaum systematisch untersucht. Vermutet wird: Flächendeckende Überwachung mittels moderner Bewegungs- und Gesichtserkennung stößt in westlichen Demokratien auf Widerspruch. Sie könnte längerfristig das Vertrauen in politische Entscheidungsträger und Institutionen erodieren lassen.
Die Politikwissenschaftler Conrad Ziller und Marc Helbling zeigen nun, dass ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland, Großbritannien, Spanien und Frankreich unter bestimmten Bedingungen eine weitreichende staatliche Überwachung mittels Gesichts- und Bewegungserkennung durchaus befürwortet – je nach Begründung der vorgeschlagenen Maßnahmen. Zielen sie auf potenzielle Kriminelle und Terroristen anstatt auf die Gesamtbevölkerung ab, werden sie eher befürwortet, gibt es Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit, werden sie deutlicher abgelehnt. „Der Hinweis auf in den vergangenen Jahren verübte Terroranschläge lässt die Zustimmung dagegen stark steigen“, so Conrad Ziller vom Lehrstuhl für Empirische Politikwissenschaft an der UDE.
Für ihre Studie führten die Wissenschaftler ein Umfrageexperiment unter einer repräsentativen Auswahl an Einwohnern der vier Ländern durch. „Wir konnten zeigen, dass die Einstellungen der Menschen dabei tatsächlich sehr ähnlich waren“, so Ziller. Was verwundert, da sich die Länder in der Tradition und der historischen Erfahrung mit staatlicher Überwachung stark unterscheiden. „Man hätte erwarten können, dass die Deutschen hier eher skeptisch sind, während die Briten staatliche Überwachung weniger kritisch sehen“, sagt Ziller.
Während für die Akzeptanz von Überwachungsmaßnahmen die Begründung ausschlaggebend ist, gilt dies nicht für das Vertrauen der Menschen in die Regierung. Hier ließ sich – jedenfalls kurzfristig – kein Zusammenhang nachweisen. Inwiefern staatliche Überwachung das politische Vertrauen längerfristig beeinflusst, müssen wiederholte Befragungen über einen längeren Zeitraum zeigen.
Dr. Conrad Ziller, Politikwissenschaft, Tel. 0203 379-2285, conrad.ziller@uni-due.de
https://ejpr.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1475-6765.12424
Criteria of this press release:
Journalists, all interested persons
Information technology, Politics, Social studies
transregional, national
Research results
German
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