Das sächsische Kabinett hat beschlossen, dass für den Bau von Windkraftanlagen ein Mindestabstand von 1.000 Metern zur Wohnbebauung eingehalten werden muss und die Gemeinden mehr Entscheidungsspielraum bezüglich des Baus von Windkraftanlagen bekommen sollen. Die Koalitionäre erhoffen sich, damit den Bau von Windkraftanlagen im Freistaat voran zu bringen. Ist dieser Optimismus gerechtfertigt? Fragen an JP Dr. Paul Lehmann, Leiter der Forschungsgruppe Multiple Umweltwirkungen Erneuerbare Energien an der Universität Leipzig.
Wie schätzen Sie den Kabinettsbeschluss zu den Abständen von Windkraftanlagen ein? Werden fortan in Sachsen mehr Windkraftanlagen gebaut?
Dass der Abstand kommt, wurde im Koalitionsvertrag beschlossen. Im vergangenen Sommer kursierten schon Vorschläge, dass dieser Mindestabstand zu drei Wohneinheiten eingehalten werden muss. Schon ein Gebäude mit drei Wohnungen hätte dann Windräder im Umkreis von 1.000 Metern ausgeschlossen. Jetzt muss der Abstand zu Ansiedlungen mit mindestens fünf Wohngebäuden eingehalten werden. Das heißt, der Kabinettsbeschluss ist weniger restriktiv. Die Frage ist aber auch, was unter einer Ansiedlung von fünf Wohngebäuden verstanden wird. Ist damit ein Hof mit mehreren Gebäuden gemeint? Oder sind damit fünf separate Höfe gemeint? Und weit dürfen diese maximal auseinanderstehen, damit sie noch als Ansiedlung gelten. Die genauen Bestimmungen bleiben abzuwarten, um zu sehen, wie viel geeignete Fläche für Windkraftanlagen übrig bleibt.
Ob zukünftig mehr Windräder in Sachsen gebaut werden, hängt aber auch davon ab, wie viel Flächen die Regionalverbände künftig ausweisen. Sachsen ist bislang bundesweit Schlusslicht mit 0,2 Prozent ausgewiesener Fläche. Das Ziel der Bundesregierung ist, zwei Prozent der Flächen als geeignete Flächen für Windkraftanlagen auszuweisen.
Die Gemeinden sollen künftig Entscheidungsspielraum haben, indem sie entscheiden können, dass die 1.000 Meter Abstand unterschritten werden können. Das trüge zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung bei, erhofft sich Staatsminister Schmidt. Teilen Sie den Optimismus?
Die Kommunen werden vor Ort unter starken Rechtfertigungsdruck geraten, wenn sie auf den 1.000 Meter Abstand verzichten wollen. Daher ist unklar, ob und in welchem Umfang Gemeinden die Regel nutzen werden. In Bayern, wo eine ähnliche Regel gilt, wird der Spielraum von den Kommunen bislang kaum genutzt.
Für den Ausbau solcher Anlagen braucht das Land mehr Flächen. Als mögliche Standorte werden ehemalige Tagebaulandschaften ins Spiel gebracht. Wären solche Flächen für größere Windkraftanlagen, beispielsweise Windparks, geeignet?
Das schließe ich nicht aus. Ob das bautechnisch überall möglich ist, kann ich nicht beurteilen. Aber ehemalige Tagebaue würden sich anbieten. Hier könnte es aber zu Konflikten mit einer möglichen touristischen Nutzung kommen.
Hintergrund
JP Dr. Paul Lehmann leitet die Forschungsgruppe Multiple Umweltwirkungen Erneuerbarer Energien (MultiplEE) an der Universität Leipzig. Die Gruppe untersucht fächerübergreifend, welche Zielkonflikte bei der Energiewende mitgedacht werden sollten.
JP Dr. Paul Lehmann
Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement
VWL, Umwelt- und Energieökonomik
Telefon: +49 341 2351076
E-Mail: lehmann@wifa.uni-leipzig.de
https://uni-leipzig.de/+mutliplee
https://magazin.uni-leipzig.de/entdecken-erforschen
Eine Windkraftanlage auf einem Feld.
Foto: Colourbox
Der Prozess von der Planung bis zur Inbetriebnahme einer Windenergieanlage
Infografik: Thomas Häse
Criteria of this press release:
Journalists
Economics / business administration, Energy, Politics
regional
Research results, Transfer of Science or Research
German
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