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04/29/2004 15:01

Das Volkseigene in Tanz und Körperkultur

Volker Schulte Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Kooperation zwischen Paris und Leipzig gilt einem unentdeckten Kapitel der deutsch-französischen Kulturbeziehungen, den ''Archives Internationales de la Danse''

    Eine Einladung und ein Referat, dazu eine Idee und ein Vorschlag - so einfach kann eine bilaterale Zusammenarbeit beginnen. Ingeborg Baxmann ist das gelungen: Gemeinsam mit dem Centre National de la Danse (Paris) untersucht die Leipziger Professorin für Tanzwissenschaft und -geschichte vom Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig die ''Archives Internationales de la Danse''.

    Das Gestern führt die ausgewiesene Kultursoziologin und ihre französischen Partner in das Paris der 1930er Jahre. Damals trafen sich unter dem Dach der ''Archives Internationales de la Danse'' internationale Tänzer, Tanz- und Kulturwissenschaftler sowie Ethnologen, Anthropologen, Soziologen. Zudem fungierten die ''Archives'' als Sammelbecken für Künstler, Tänzer und Intellektuelle, die aus rassischen oder politischen Gründen vom Faschismus bedroht waren. Zu dem Geistes-Kreis gehörten unter anderem der deutsche Volkskundler Curt Sachs und der französische Soziologe Marcel Mauss, der französische Philosoph Georges Bataille und der deutsche Schriftsteller Walter Benjamin. Sie beschäftigten sich mit Themen wie Körperkulturen, Anthropologie sowie Konzepten von Gemeinschaft.

    Es war ein dichtes Geflecht aus Gedanken und Aktivitäten, das in jenen Jahren gespannt wurde. In ersten Umrissen zeichnen sich die ''Archives Internationales de la Danse'' (AID) als Projekt ab, ''das systematisch die Rolle und die Möglichkeiten der Theorie und Praxis von Bewegungskulturen für die Moderne auslotete''. So richtete sich die Zusammenarbeit der Künstler und Wissenschaftler zum einen darauf, die moderne Kultur - in Abgrenzung zur prägenden Buchkultur - neu zu fundieren. Zum anderen fragten sie - angesichts der politischen Situation - nach dem Beitrag von Bewegungskulturen für politische Bestrebungen im Geiste von Gemeinsinn und Gemeinwohl.
    Das Heute knüpft im doppelten Sinne an die Historie an: Zum einen ist das Geflecht der ''Archives Internationales de la Danse'' bislang noch nicht aufgearbeitet. Die Entwicklung neuer Theorieansätze und Organisationsformen gilt es ebenso zu rekonstruieren wie die Verknüpfungen mit der zeitgenössischen Kunstszene und die Kontakte auf internationaler Ebene. Dabei laufen die Fäden in unterschiedlichste Richtungen - einige Aspekte mögen das verdeutlichen: Am Department für Soziologie und Ethnologie der AID flossen Ethnologie, Anthropologie, Philosophie, Soziologie und Ästhetik ineinander; Lecture-Demonstrations verbanden Tänzer und Tanztheoretiker; ''besonders interessant'' sind die AID als unentdecktes Kapitel der deutsch-französischen Kulturbeziehungen der Zwischenkriegszeit.

    Das Spannende, das nach einem erstem Gang über die Brücke zwischen Gestern und Heute zu Tage tritt: ''Die Entgrenzung zwischen Wissenschaft und Kunst ist bereits in den 'Archives', schon in den 1930er Jahren gelaufen.'' Die Aussage von Prof. Baxmann öffnet sowohl den Zugang zur historischen Rekonstruktion der AID als auch zur aktuellen Kooperation zwischen Paris und Leipzig. Letztlich lassen sich die ''Archives Internationales de la Danse'' als Teil jener Suche verstehen, die Wissenskultur der Moderne zu etablieren - einer Wissenskultur, die über die im 19. Jahrhundert gezogenen Trennlinien zwischen einzelnen Fachdisziplinen, zwischen Wissenschaft und Kunst, zwischen Theorie und Praxis hinaus führt. Die Suche findet nun ihren Fortgang zwischen dem Centre National de la Danse (Paris), der Bibliothèque de l'Opera (Paris), dem Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig und dem Tanzarchiv Leipzig e.V., dessen Direktorium Prof. Inge Baxmann angehört. 2005 wird die gemeinsame Arbeit in eine Ausstellung und eine internationale wissenschaftliche Konferenz in Paris samt begleitenden Publikationen münden. Für dieses Ziel stellt das französische Kultusministerium seit 2003 jährlich 60.000 Euro bereit. Warum? Das sei schwer zu beantworten, meint Prof. Inge Baxmann. ''Womöglich haben die Franzosen eher begriffen, welche Rolle Bewegungskulturen für die Untersuchung der eigenen Kultur, für eine Ethnologie des Eigenen spielen...''

    Daniela Weber


    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Ingeborg Baxmann
    Telefon: 0341 97-30403
    E-Mail: inge.baxmann@snafu.de
    www.uni-leipzig.de/~theater


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    Criteria of this press release:
    Art / design, History / archaeology, Music / theatre, Social studies
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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