Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) hat ihr Jahresgutachten 2023 an Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger überreicht. Es befasst sich auch mit Technologiemärkten, also mit Märkten, auf denen technologisches Wissen in Form von Rechten zum Schutz geistigen Eigentums (sogenannte IP-Rechte) wie z.B. Patenten gehandelt wird. Mit Prof. Dr. Carolin Häussler ist auch eine Wissenschaftlerin der Universität Passau in der Kommission vertreten.
„Technologiemärkte”, so Prof. Dr. Carolin Häussler von der Universität Passau und
Mitglied der Expertenkommission, „können erheblichen ökonomischen und
gesellschaftlichen Nutzen schaffen. Denn sie bieten die Möglichkeit, das von einem
Unternehmen entwickelte Wissen mit den komplementären Kompetenzen und Ressourcen
eines anderen Unternehmens zusammenzubringen, das dieses Wissen besser in die
Anwendung bringen kann als der bisherige Eigentümer. Diese Möglichkeit, eine neu
entwickelte Technologie nicht mehr selbst am Markt platzieren zu müssen, aber dennoch
von ihrer Entwicklung zu profitieren, gibt den Unternehmen zusätzliche Anreize, in
Forschung und Entwicklung zu investieren. Technologiemärkte begünstigen somit eine
effizientere Arbeitsteilung im Innovationsprozess“.
Der Bezug von IP-Rechten über Technologiemärkte kann erheblich zum Innovationserfolg
eines Unternehmens beitragen. „So weisen innovative Unternehmen, die IP-Rechte über
Technologiemärkte bezogen haben, einen um 4,5 Prozentpunkte höheren Umsatzanteil mit
Produktinnovationen auf als vergleichbare Unternehmen ohne solche IP-Rechte“, erklärt
Prof. Dr. Irene Bertschek vom ZEW Mannheim und stellvertretende Vorsitzende der
Expertenkommission. Wie wichtig Technologiemärkte sind, zeigt sich zudem daran, dass
gemäß einer repräsentativen Erhebung 63,6 Prozent der deutschen Unternehmen, bei denen der fehlende Zugang zu IP-Rechten Innovationen hemmte, auf Innovationen verzichteten.Kein anderes Innovationshemmnis wurde häufiger als Grund für den Verzicht auf Innovationen genannt.
Geringe Beteiligung deutscher Unternehmen am Technologiehandel
Trotz der vielen Vorteile, die Technologiemärkte bieten, liegt die Beteiligung deutscher
Unternehmen auf solchen Märkten zum Teil deutlich hinter der Beteiligung von
Unternehmen anderer Länder zurück. Als „besonders kritisch“ erachtet die EFI laut Irene
Bertschek, dass „die Übertragungen von am Deutschen Patent- und Markenamt
angemeldeten Patenten – auch im Verhältnis zu den Anmeldungen – in den letzten zwei
Jahrzehnten stark zurückgegangen sind“. Gerade in Anbetracht der aktuellen großen
gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel und demografische Entwicklung
gilt es, dieses brachliegende Potenzial ungenutzter Patente zu heben.
Schwierigkeiten bei der Identifikation geeigneter Handelspartner
Die Funktionsfähigkeit von Technologiemärkten wird in der Praxis jedoch durch eine Reihe
von Hemmnissen eingeschränkt. „So ist es insbesondere für kleine und mittlere
Unternehmen auf Technologiemärkten oftmals schwierig, geeignete Handelspartner zu
finden oder den Wert von IP-Rechten verlässlich einzuschätzen“, erklärt Prof. Dr. Uwe
Cantner von der Universität Jena und Vorsitzender der Expertenkommission. Denn bei IPRechten geht es häufig um sehr komplexe Technologien, über die das Unternehmen, das seine IP-Rechte verkaufen will, besser Bescheid weiß als ein potenzieller Käufer. Hinzu kommt mangelndes Vertrauen in die Technologiemärkte, dass sie sichere und faire
Transaktionen gewährleisten können.
Funktionsfähigkeit von Technologiemärkten durch bessere Rahmenbedingungen
stärken
Um die Beteiligung am Technologiehandel und die Funktionsfähigkeit von
Technologiemärkten zu erhöhen, sind geeignete Rahmenbedingungen sowie gezielte
Anreize der öffentlichen Hand notwendig. „Hierzu fordert die EFI die Weiterentwicklung
der Datenbanken des Deutschen Patent- und Markenamts und des Europäischen Patentamts, beispielsweise mit Hilfe von Verfahren der künstlichen Intelligenz, um so relevante patentgeschützte Technologien und Handelspartner besser matchen zu können“, so Irene Bertschek. Durch eine Verknüpfung dieser bei den Patentämtern bestehenden Datenbanken mit weiteren Daten könnten Informationen zu Übertragungen von IP-Rechten effizient gebündelt und nutzerfreundlich bereitgestellt werden. Hierzu bietet sich beispielsweise die in der Start-up-Strategie vorgesehene Deal-Datenbank an, in der Übertragungen von IPRechten dokumentiert werden sollen. Daneben ist es dringend geboten, „stärkere, auch finanzielle, Anreize zu setzen, Eigentumsübertragungen zentral und zügig dem Deutschen Patent- und Markenamt zu melden, um die Informationsbasis zu Technologiemärkten für potenzielle Nachfrager zu verbessern“, betont Carolin Häussler.
„Vor allem kleine und mittlere Unternehmen sollten bei Aktivitäten auf Technologiemärkten unterstützt werden“, so Uwe Cantner. Hierzu fordert die EFI, bestehende Initiativen zur Förderung der Patentierung und Verwertung von Erfindungen wie etwa das Förderprogramm „WIPANO – Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen“, fortzuführen und auszuweiten sowie die Ausarbeitung von Standardverträgen für die Übertragung von IP-Rechten weiter voranzutreiben.
Flankierend zu diesen Maßnahmen empfiehlt die EFI, bestehende Verwertungsstrukturen an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, insbesondere Technologietransfer und Patentverwertung, weiter zu professionalisieren sowie unternehmerischer und wettbewerblicher auszurichten.
Prof. Dr. Carolin Häussler
Lehrstuhl für BWL mit Schwerpunkt Organisation, Technologiemanagement und Entrepreneurship
Innstraße 27
94032 Passau
Carolin.Haeussler@Uni-Passau.De
https://www.e-fi.de/fileadmin/Assets/Gutachten/2023/EFI_Gutachten_2023.pdf
Prof. Dr. Carolin Häussler im Video-Interview
https://www.digital.uni-passau.de/beitraege/2023/efi-gutachten-2023 Beitrag zum EFI-Jahresgutachten 2023 im Digitalen Forschungsmagazin der Universität Passau
Prof. Dr. Carolin Häussler, Innovationsforscherin an der Universität Passau und Mitglied der Experte ...
David Ausserhofer
David Ausserhofer
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, Students, all interested persons
Economics / business administration, Information technology, Politics, Social studies
transregional, national
Science policy, Transfer of Science or Research
German
Prof. Dr. Carolin Häussler, Innovationsforscherin an der Universität Passau und Mitglied der Experte ...
David Ausserhofer
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