Europapolitische Debatten in sechs westeuropäischen Ländern in neuer Studie untersucht
Verschärfen Volksabstimmungen politische Polarisierung und bieten europakritischen und radikalen Parteien eine Bühne? Diese Annahme ist in politischen Diskussionen über direkte Demokratie verbreitet und wird häufig als Argument gegen Referenden etwa zu europapolitischen Fragen angeführt. Bislang gibt es allerdings nur wenige wissenschaftlich-vergleichende Untersuchungen der politischen Wirkungen europapolitischer Referenden.
Eine Studie der Freien Universität Berlin über 87 europapolitische Debatten, darunter zwölf Referendumsdebatten, in insgesamt sechs westeuropäischen Ländern zeigt nun: Volksabstimmungen führen nicht durchgängig zu stärker polarisierten und identitätsorientierten Debatten oder fördern auch nicht notwendigerweise die Sichtbarkeit radikaler Parteien in der öffentlichen Debatte. Die Studie ist in der politischen Fachzeitschrift „Politics and Governance“ veröffentlicht und online frei zugänglich: https://doi.org/10.17645/pag.9261
Für die Studie mit dem Titel „Game Changers: National Referendums and the Politicization of Europe“ wertete der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Swen Hutter öffentliche Debatten über die europäische Integration in insgesamt sechs westeuropäischen Ländern aus. Darunter waren mit Deutschland, Österreich, Frankreich und Schweden vier EU-Mitgliedsstaaten sowie mit der Schweiz und Großbritannien zwei eng mit der EU verbundene Staaten. Die Untersuchung berücksichtigt alle zentralen europapolitischen Entscheidungen in diesen sechs Ländern, beginnend beim ersten Referendum 1972 in Frankreich über den möglichen Beitritt Großbritanniens zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Teil der Analyse war auch die Debatte um das Brexit-Referendum im Jahr 2016. Swen Hutter forscht als Professor für Politische Soziologie an der Freien Universität Berlin und ist Direktor des Zentrums für Zivilgesellschaftsforschung, das von der Freien Universität und vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) getragen wird.
„Die Studie zeigt, dass Debatten zu Volksabstimmungen politisierend wirken. Menschen messen politischen Fragestellungen eine höhere Bedeutung zu, wenn diese in Volksabstimmungen entschieden werden. Das motiviert Akteure aus der Zivilgesellschaft, sich an Debatten vor Volksabstimmungen zu beteiligen. Obwohl Volksabstimmungen also die Vielfalt an Beteiligten Stimmen im Diskurs erhöhen, führt dies nicht durchgängig zu stärker polarisierten oder identitätsorientierten Debatten oder begünstigt gar den Aufstieg radikaler Parteien“, fasst Prof. Dr. Swen Hutter den zentralen Befund seiner Studie zusammen.
Das Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung
Das Zentrum erforscht Grundlagen, Selbstverständnis und Wandel von Zivilgesellschaften in demokratischen Staaten. In einem integrativen Forschungsansatz verbindet es die Protest- und soziale Bewegungsforschung systematisch mit der empirischen Analyse politischer Konfliktstrukturen und mit der Sozialkapitalforschung. Durch die Analyse politischer Konflikte und Transformationen in der Zivilgesellschaft über längere Zeiträume liefert das Zentrum Antworten auf grundlegende Fragen zur Zukunft der Demokratie und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Getragen wird das Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und der Freien Universität Berlin. Es wird darüber hinaus von der Stiftung Mercator und der Volkswagen-Stiftung gefördert.
Prof. Dr. Swen Hutter, Freie Universität Berlin, Fachbereich Politik und Sozialwissenschaften, E-Mail: swen.hutter@fu-berlin.de
Die Studie „Game Changers: National Referendums and the Politicization of Europe“ ist online frei zugänglich: https://doi.org/10.17645/pag.9261
http://zum Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung: https://www.wzb.eu/de/forschung/wandel-politischer-systeme/zentrum-fuer-zivilges...
Politikwissenschaftler Prof. Dr. Swen Hutter
David Ausserhofer
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
Politics, Social studies
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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