Die duale Ausbildung ist eine zentrale Säule des deutschen Arbeitsmarktes und trägt maßgeblich zur Fachkräftesicherung bei. Eine verbesserte Lernortkooperation kann nicht nur die Ausbildungsqualität steigern, sondern auch die Attraktivität der dualen Ausbildung erhöhen – ein wichtiger Faktor angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels. Eine neue Studie der Universität Paderborn untersucht die Zusammenarbeit der drei zentralen Lernorte in der dualen Ausbildung – Berufsschulen, Ausbildungsbetriebe und überbetriebliche Berufsbildungsstätten.
Anhand von Leitfadeninterviews mit relevanten Akteur*innen der beruflichen Bildung sowie eines integrativen, vergleichenden Forschungsansatzes zeigt die Untersuchung Probleme wie etwa unzureichend abgestimmte Ausbildungsinhalte und das Fehlen verbindlicher Strukturen auf. Gleichzeitig liefert sie innovative Ansätze zur Verbesserung der Kooperation. Die Studie ist Teil des EU-Projekts „FEWL“ („Enhancing Research on the Integration of Formal Educational Programmes and Workplace Learning“) und wurde in der Fachzeitschrift „Social Sciences“ veröffentlicht.
Herausforderungen in der Lernortkooperation: Problemzentrierte Kommunikation
Im dualen Ausbildungssystem ergänzen sich Lernen in der Schule und praktische Erfahrungen im Betrieb, unterstützt durch überbetriebliche Berufsbildungsstätten. Gerade diese Verzahnung macht das deutsche Modell weltweit anerkannt. Doch damit das Zusammenspiel reibungslos funktioniert, ist eine enge Abstimmung der Lernorte – die sogenannte Lernortkooperation – erforderlich. Im Rahmen des Forschungsprojekts „FEWL“, das von Januar 2023 bis Dezember dieses Jahres läuft und mit insgesamt rund 804.000 Euro von der EU gefördert wird, analysierte die Universität Paderborn systematisch die Zusammenarbeit zwischen den Lernorten. Geleitet wurde das Projektteam von Prof. Dr. Christian Harteis und Prof. Dr. Dietmar Heisler aus den Arbeitsgruppen „Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Bildungsmanagement und Bildungsforschung in der Weiterbildung“ und „Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Berufspädagogik“. „Die Studie zeigt, dass die Kommunikation zwischen Schulen, Betrieben und überbetrieblichen Einrichtungen oft problem- und anlasszentriert statt kontinuierlich erfolgt. Austausch findet meist erst statt, wenn Probleme wie Fehlzeiten oder Leistungsdefizite auftreten. Obwohl Lehr- und Ausbildungspläne vorliegen, sind Inhalte und Zeitabläufe häufig nicht ausreichend abgestimmt. Das führt zu Überschneidungen oder Lücken im Lernprozess der Auszubildenden. Verbindliche Standards für die Zusammenarbeit fehlen, sodass diese stark von individuellen Initiativen der beteiligten Akteur*innen abhängt“, erklärt Mitautorin Jana Schwede von der Universität Paderborn.
Erfolgskonzepte für eine bessere Zusammenarbeit basieren häufig auf festen Ansprechpersonen
Die Forscher*innen identifizierten jedoch auch positive Beispiele, die zeigen, wie Lernortkooperation gelingen kann: Regelmäßige gegenseitige Besuche, gemeinsame Projekte oder strukturierte Austauschformate zu Ausbildungsinhalten und -methoden in einzelnen Betrieben und Berufsschulen erleichtern das Zusammenwirken. Besonders erfolgreich ist die Zusammenarbeit mit großen Betrieben, bei denen Koordinator*innen als Ansprechpersonen für die Abstimmung zwischen den Lernorten eingesetzt werden. Eine dauerhafte, verbindlichere Kommunikation kann die Qualität der Ausbildung effektiv steigern.
Attraktivität der dualen Ausbildung steigern
Die Erkenntnisse der Studie sind nicht nur für Ausbildungsbetriebe und Berufsschulen, sondern auch für bildungspolitische Entscheidungsträger*innen von Interesse. „Eine verbesserte Lernortkooperation könnte die Qualität des dualen Systems erhöhen, Lernprozesse effizienter und ganzheitlicher gestalten und somit langfristig die Attraktivität der beruflichen Ausbildung steigern“, fasst Schwede zusammen. Die Ergebnisse der Studie lassen darauf schließen, dass die Herausforderungen der Abstimmung zwischen Lernorten nicht allein auf die duale Ausbildung beschränkt sind: Auch andere Bildungsbereiche, in denen Theorie und Praxis verbunden werden müssen – wie die Lehrkräftebildung –, könnten von den Ergebnissen profitieren.
Über „FEWL“
Die Studie wurde im Rahmen des EU-Projekts „FEWL“ durchgeführt, das von der Europäischen Union im Förderprogramm „Horizon Europe“ unterstützt wird. Das Projekt, an dem neben der Universität Paderborn die „School of Educational Sciences“ der Universität Tallinn (Estland) und das „Finnish Institute for Educational Research“ der Universität Jyväskylä (Finnland) beteiligt sind, untersucht neue Wege, um theoretisches Lernen besser mit praktischen Erfahrungen zu vereinbaren.
Der Artikel zur Studie ist online aufrufbar: https://doi.org/10.3390/socsci14030117
Jana Schwede, Fakultät für Kulturwissenschaften, Fon: +49 5251 60-2949, E-Mail: jana.schwede@uni-paderborn.de
https://doi.org/10.3390/socsci14030117
Criteria of this press release:
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