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04/14/2025 10:06

Hirnforschung: Studie zeigt, wie Hirnstimulation Entscheidungen beeinflussen kann

Tom Leonhardt Stabsstelle Zentrale Kommunikation
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

    Eine einfache Methode zur Hirnstimulation verändert, wie Menschen Entscheidungen treffen. Das zeigt eine neue Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) im "Journal of Cognitive Neuroscience". Untersucht wurde das mit der transkraniellen Gleichstromstimulation, einer etablierten Methode in Forschung und Therapie.

    Bei der transkraniellen Gleichstromstimulation werden Elektroden auf der Kopfhaut angelegt. Über diese fließt ein sehr schwacher elektrischer Strom, mit dem sich gezielt einzelne Hirnregionen aktivieren oder hemmen lassen. Bei der anodalen Stimulation liegt die positive Elektrode auf und erhöht die Aktivität der Nervenzellen. Bei der kathodalen Stimulation mit einer negativen Elektrode wird die Aktivität dagegen gehemmt. "Die Methode hat große Vorteile: Sie ist nicht invasiv und sehr leicht anzuwenden. Deshalb ist sie in der Psychologie weit verbreitet", sagt der Psychologe Dr. Sebastian Kübler von der MLU. Auch ihr möglicher Einsatz zur Behandlung von neurologischen und psychischen Störungen wird intensiv untersucht.

    Die Forschenden untersuchten, ob die Gleichstromstimulation Einfluss darauf hat, wie Menschen Entscheidungen treffen. Dafür führten sie eine Studie mit 40 Personen durch, bei der eine spezielle Hirnregion stimuliert wurde: der dorsolaterale präfrontale Kortex. "Die Region ist für das Planen und Abwägen von Handlungen entscheidend", sagt Prof. Dr. Torsten Schubert vom Institut für Psychologie der MLU. Die Teilnehmenden mussten zwei Aufgaben gleichzeitig bearbeiten, eine Höraufgabe und eine visuelle Aufgabe. Sie sollten entscheiden, welche davon sie zuerst lösen. Während des Experiments trugen die Versuchspersonen die ganze Zeit die Elektroden. Allerdings wussten zum Zeitpunkt der Untersuchung weder sie noch die Forschenden, welche Art der Stimulation angewendet wurde und ob überhaupt Strom floss. Die Versuche wurden im Abstand von mindestens einer Woche wiederholt.

    Wurde die Aktivität der Hirnregion durch anodale Stimulation erhöht, benötigten die Teilnehmenden für die Wahl der Aufgabe insgesamt weniger Zeit; die Entscheidung erfolgte sozusagen schneller. Bei der kathodalen Stimulation, welche die Hirnaktivität hemmen soll, neigten sie dazu, eine gewählte Reihenfolge beizubehalten. "Insgesamt deutet das darauf hin, dass ein aktivierter oder gehemmter dorsolateraler präfrontaler Kortex die kognitive Flexibilität erhöht oder reduziert, wenn Menschen mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen sollen", sagt Sebastian Kübler. Die gemessenen Unterschiede lagen im Bereich von rund 100 Millisekunden. "Diese Differenz scheint zunächst gering, in der experimentellen Psychologie ist das aber eine relevante Veränderung. Offenbar verändert die transkranielle Gleichstromstimulation die Fähigkeit, sich für eine Handlung zu entscheiden", fasst Torsten Schubert zusammen.

    Geräte zur transkraniellen Gleichstromstimulation werden mittlerweile kommerziell vertrieben und sollen zum Beispiel Kreativität und Konzentration steigern können. "Solche pauschalen Versprechen sind nicht glaubwürdig. Unsere Studie zeigt jedoch, dass die Methode unter kontrollierten Bedingungen kognitive Prozesse wie Entscheidungen beeinflussen kann. Außerdem sind die Effekte sehr subtil und von vielen Faktoren abhängig", sagt Kübler.


    Original publication:

    Studie: Kübler S., Langsdorf L., Meyer M. & Schubert T. Transcranial Direct Current Stimulation of the Dorsolateral Prefrontal Cortex Modulates Voluntary Task-order Coordination in Dual-task Situations. Journal of Cognitive Neuroscience (2025). doi: 10.1162/jocn_a_02270
    https://doi.org/10.1162/jocn_a_02270


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    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Biology, Medicine, Psychology
    transregional, national
    Transfer of Science or Research
    German


     

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