Warum bilden Seifenblasen eine Kugelform? Und woher wissen Fette, wo sie in der Zelle hingehören? Zwei neue Forschungsgruppen an der Goethe-Universität widmen sich fundamentalen Fragen der Analysis und Zellbiologie: Dr. Tobias König erforscht die Stabilität geometrischer Funktionalungleichungen. Prof. Dr. Till Stephan untersucht, wie Lipide an den Kontaktstellen zwischen Zellorganellen hergestellt und verteilt werden. Beide Projekte wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Emmy Noether-Programms bewilligt.
FRANKFURT. Die Goethe-Universität freut sich über zwei Emmy Noether-Förderzusagen der Deutschen Forschungsgemeinschaft: Dr. Tobias König vom Institut für Mathematik und Prof. Dr. Till Stephan vom Institut für Molekulare Biowissenschaften haben sich mit ihren Vorhaben durchgesetzt. Mit der Förderung erhalten sie die Möglichkeit, jeweils eine eigene unabhängige Nachwuchsgruppe aufzubauen. Insgesamt fließen damit mehr als 3,1 Millionen Euro an Fördermitteln an die Goethe-Universität – eine wichtige Stärkung für den Forschungsstandort Frankfurt. Universitätspräsident Prof. Dr. Enrico Schleiff würdigt die Bewilligungen als wichtigen Erfolg: „Die Einrichtung zweier Emmy Noether-Projekte an der Goethe-Universität zeigt die herausragende Qualität unserer jungen Wissenschaftler*innen. Ich gratuliere Dr. König und Prof. Stephan herzlich – und wünsche bei der Umsetzung ihrer Projekte viel Erfolg und Spaß.“
Mathematische Stabilität natürlicher Phänomene
Dr. Tobias König wird mit seiner Emmy Noether-Förderung, die bis zu 1,3 Millionen Euro beträgt, das Forschungsprojekt „Geometric functional inequalities and their stability“ aufbauen. Darin geht es um zentrale mathematische Ungleichungen, die natürlichen Phänomenen zugrunde liegen – etwa warum Lichtstrahlen den kürzesten Weg nehmen oder Seifenblasen rund sind. Solche Erscheinungen lassen sich über das Konzept der Energie erklären, aber bislang ist wenig darüber bekannt, wie stabil diese optimalen Zustände gegenüber kleinen Abweichungen sind.
„Wir fragen: Wie sehen fast optimale Lösungen aus, wenn sie nicht genau dem Ideal entsprechen? Und warum können fast optimale Lösungen nicht völlig anders als die optimalen aussehen?“, sagt König. „Ziel ist es, neue mathematische Werkzeuge zu entwickeln, um diese Fragen systematisch zu beantworten. Damit wollen wir nicht nur zur Weiterentwicklung der Analysis beitragen, sondern auch das Verständnis der mathematischen Grundlagen vieler Naturphänomene vertiefen.“
Tobias König studierte Mathematik und Theoretische Physik an der LMU München sowie an der École normale supérieure in Paris. Er promovierte an der LMU mit einer Arbeit zu symmetrischen Lösungen variationeller Probleme. Es folgten Postdoc-Stationen in Paris und Frankfurt.
Wie Zellen ihren Lipidstoffwechsel organisieren
Prof. Dr. Till Stephan, seit dem 1. Mai 2025 Professor an der Goethe-Universität Frankfurt, untersucht in seinem aktuellen Forschungsprojekt einen zentralen, bislang nur unzureichend verstandenen Prozess der Zellbiologie: den Transport und die Synthese von Lipiden – also bestimmten fettähnlichen Molekülen – zwischen verschiedenen Zellorganellen. Im Mittelpunkt stehen dabei Kontaktstellen zwischen dem endoplasmatischen Retikulum, der Hauptproduktionsstätte zellulärer Lipide, und den Mitochondrien, den „Kraftwerken“ der Zelle. An diesen hochspezialisierten Schnittstellen findet ein gezielter Lipidaustausch statt, der für den zellulären Stoffwechsel essenziell ist. Störungen dieses Prozesses werden mit verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer in Verbindung gebracht.
„Zellen organisieren ihre innere Architektur mit erstaunlicher Präzision. Mich interessiert, wie das komplexe Zusammenspiel zweier zentraler Zellorganellen die Lipidhomöostase aufrechterhält – und wie uns dieses Wissen helfen kann, Krankheitsmechanismen besser zu verstehen“, erklärt Stephan. In seinem mit bis zu 1,8 Millionen Euro geförderten Projekt kommen biochemische Verfahren, Massenspektrometrie sowie hochmoderne bildgebende Technologien zum Einsatz, insbesondere die sogenannte Super-Resolution Fluoreszenzmikroskopie. Ein kürzlich für den Campus Riedberg separat bewilligtes STED-Mikroskop – ein spezielles Lichtmikroskop, mit dem sich Strukturen innerhalb lebender Zellen weit unterhalb der klassischen Auflösungsgrenze sichtbar machen lassen – bildet dabei eine zentrale Grundlage der geplanten Forschungsarbeiten.
Till Stephan studierte Biochemie an der Leibniz Universität Hannover sowie an der Medizinischen Hochschule Hannover. 2020 wurde er an der Georg-August-Universität Göttingen mit einer Arbeit zur ultrastrukturellen Organisation von Mitochondrien promoviert. Bis zu seinem Wechsel an die Goethe-Universität Frankfurt forschte er als Postdoktorand am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften in Göttingen.
Till Stephan ist unter anderem Mitglied im Forschungsverbund SCALE (SubCellular Architecture of LifE), der sich aktuell im Rennen um die Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder befindet.
Über das Emmy Noether-Programm
Das Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet sich an besonders qualifizierte junge Forschende, die durch eine eigene Nachwuchsgruppe frühzeitig wissenschaftliche Selbstständigkeit erlangen sollen. Die Förderung ist mit einer Laufzeit von bis zu sechs Jahren verbunden und gilt als wichtige Qualifikationsstufe für eine Hochschulprofessur.
Dr. Tobias König
Institut für Mathematik
Goethe-Universität Frankfurt
069 798 22502
koenig@math.uni-frankfurt.de
Prof. Dr. Till Stephan
Institut für Molekulare Biowissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt
069 798 42716
t.stephan@em.uni-frankfurt.de
Dr. Tobias König (links, Foto: privat) und Prof. Dr. Till Stephan (Foto: Miriam Merkel).
privat/Miriam Merkel
Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Mathematics
transregional, national
Research projects
German
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