Wissenschaftler der Universität Paderborn entwickeln frei zugängliches Tool und erhalten Auszeichnung für Studie
Der freie Zugang zu Informationen im Internet ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Doch was hierzulande als Selbstverständlichkeit gilt, ist längst nicht überall möglich. Forscher der Universität Paderborn und des Technology Innovation Institute in Abu Dhabi zeigen deshalb in einer aktuellen Studie auf, wie Internetzensur durch gezielte Modifikation der Verschlüsselungsprotokolle umgangen werden kann. Ziel ist es, Betroffenen den Zugang zu gesperrten Webseiten zu erleichtern und Ansätze für künftige Technologien bereitzustellen. Besonderer Fokus liegt auf bekannten Zensursystemen wie der „Great Firewall“ in China und der Zensur im Iran. Die Autoren plädieren außerdem dafür, die sogenannte „Zensurforschung“ auszubauen. Ihre Ergebnisse sind also nicht nur von praktischem Nutzen, sondern liefern auch wertvolle Erkenntnisse für die Wissenschaft. Für seine Arbeit wurde das Team Mitte Mai auf der renommierten „IEEE Symposium on Security and Privacy“-Konferenz in San Francisco mit einem Award ausgezeichnet.
Mechanismen für ein freieres Internet
Die Wissenschaftler haben mit „Censor Scanner“ ein Open-Source-Werkzeug entwickelt, das Internetanfragen so verschlüsselt, dass Zensursysteme sie entweder nicht erkennen oder nicht blockieren können. Das Team testete damit auch, welche Techniken diese Systeme umgehen und dabei gleichzeitig sicherstellen, dass die Internetanfrage von echten Webseiten verstanden wird. Das ist entscheidend, um gesperrte Seiten erfolgreich anzeigen zu können.
Ein zentrales Beispiel, das die Forscher dabei unter die Lupe genommen haben, ist ein Mechanismus im Dienst „TLS“, also „Transport Layer Security“. Das Protokoll sorgt normalerweise dafür, dass Internetverbindungen sicher verschlüsselt werden. „Da TLS weltweit millionenfach genutzt wird, ist es ein beliebtes Ziel für Zensoren. Um unerwünschte Webseiten zu blockieren, können sie das Protokoll analysieren. Das ist möglich, weil die allererste TLS-Nachricht unverschlüsselt geschickt wird und den Namen der Webseite verrät, zu der man sich verbinden möchte. So können Zensoren den Anfang der TLS-Verbindungen beobachten und bei Bedarf unterbinden“, erklärt Prof. Dr. Juraj Somorovsky, Leiter der Arbeitsgruppe „Systemsicherheit“ am Paderborner Institut für Informatik und Mitautor der Studie.
Unter den erfolgreichsten Methoden zur Umgehung der Zensur ist laut Team die sogenannte „TLS-Fragmentierung“. „Dabei wird die erste TLS-Anfrage, die den Namen der Zielwebseite trägt, in kleine Teile zerlegt, die für die Zensursysteme schwerer zu analysieren sind“, erklärt Erstautor Niklas Niere, ebenfalls von der Universität Paderborn. Weitere Tricks bestehen darin, Angaben über die Zielwebseite zu verändern oder zu verschleiern. Eine andere Methode entfernt bestimmte Informationen ganz aus den Internetanfragen. Alle identifizierten Lösungen haben eines gemeinsam: Sie sind nicht nur wirksam gegen Zensursysteme, sondern werden auch von Internetservern akzeptiert. Das bedeutet, dass die Anfragen trotz dieser Tricks erfolgreich beantwortet werden.
Globale Bedeutung
Die Ergebnisse der Forscher sind ein Lichtblick für Personen, die unter repressiven Regimen keinen freien Zugang zum Internet haben. Sie könnten in Zukunft praktische Technologien unterstützen, die Menschen weltweit dabei helfen, Sperren zu umgehen. Dabei betonen die Wissenschaftler, dass auch Zensoren ihre Technik stetig weiterentwickeln. Beispielsweise zeigen sie in ihrer Arbeit, dass die chinesische „Great Firewall“ aus drei verschiedenen Systemen besteht, die für eine erfolgreiche Zensurumgehung überlistet werden müssen.
Während Verschlüsselung und Sicherheitsmechanismen weltweit verbessert werden, bleibt die Freiheit im Internet ein Wettlauf zwischen technischem Fortschritt und staatlicher Kontrolle. Die Studie dient nicht nur als Grundlage für künftige wissenschaftliche Arbeiten, sondern auch als Leitfaden für die Entwicklung von Tools, die einen freien Zugang zum Internet fördern.
Zur Studie: https://ris.uni-paderborn.de/record/59824
Prof. Dr. Juraj Somorovsky, Institut für Informatik der Universität Paderborn, Fon: +49 5251 60-6690, E-Mail: juraj.somorovsky@uni-paderborn.de
https://ris.uni-paderborn.de/record/59824
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils
Information technology, Politics, Social studies
transregional, national
Contests / awards, Transfer of Science or Research
German
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