Zwei Veröffentlichungen in Angewandte Chemie
Elemente aus der Gruppe der Seltenerdmetalle sind heute von großer, auch technischer Bedeutung. Die Arbeitsgruppe Bioanorganische Chemie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) befasst sich auf vielfältige Weise mit diesen Elementen. In der Fachzeitschrift Angewandte Chemie veröffentlichte die Gruppe jetzt zwei Studien. Eine befasst sich mit Peptiden, die diese Elemente binden kann. Das andere beleuchtet die potenzielle Rolle der Elemente bei der Entstehung des Lebens.
Insgesamt umfassen 17 Elemente die Gruppe der Seltenerdmetalle, sie besitzen alle ähnliche chemische Eigenschaften. Zu ihnen gehören neben den beiden leichtesten Elementen Scandium und Yttrium auch Lanthan, Cer und Neodym sowie das radioaktive Promethium. Der Name dieser Elementengruppe ist irreführend, denn selten kommen sie auf der Erde gar nicht vor; aber ihre Vorkommen sind weltweit sehr ungleich verteilt, was ihnen eine globalpolitische Bedeutung gibt. Denn Seltenerdmetalle sind für viele Hightechanwendungen notwendig, von Smartphones über Magnete (beispielsweise für Windkraftwerke), Katalysatoren bis hin zu optischen Komponenten.
Die HHU-Arbeitsgruppe Bioanorganische Chemie um Lehrstuhlinhaberin Prof. Dr. Lena Daumann befasst sich unter anderem damit, wie Organismen Seltenerdmetalle aufnehmen können. Diese Prozesse können, so das Ziel, möglicherweise technisch genutzt werden, um die Elemente zu gewinnen oder aber aus alten Geräten zu recyclen.
In der Studie „Reversing Lanmodulin's Metal-Binding Sequence in Short Peptides Surprisingly Increases the Lanthanide Affinity“ befasst sich Daumanns Team unter Beteiligung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) mit kurzkettigen Eiweißmolekülen (sogenannten Peptiden), welche durch das im Bakterium Methylorubrum extorquens AM1 vorkommende, Seltenerdmetall-bindende Protein Lanmodulin inspiriert wurden. Die neuen, in Düsseldorf synthetisierten Peptide weisen eine hohe Bindungskraft für diese Gruppe von Metallen auf.
Dr. Sophie M. Gutenthaler-Tietze, Erstautorin der Studie und Postdoc an Daumanns Institut: „Tatsächlich geht die Entwicklung dieser kurzkettigen Peptide ursprünglich auf einen Synthesefehler zurück. Wir haben unbeabsichtigt die Aminosäurenabfolge im Peptid im Vergleich zu derjenigen im natürlichen Protein Lanmodulin umgekehrt. Spannenderweise haben die so entstandenen Peptide eine um eine Größenordnung höhere Affinität zu Seltenerdmetallen als ihre natürlichen Pendants.“
Zusammen mit den Kollegen aus Dresden-Rossendorf fanden die Forschenden strukturelle Motive, die für die hohe Affinität verantwortlich sind. Daumann: „Auf dieser Grundlage optimierten wir die Affinität weiter und konnten sie so in den niedrigen nanomolaren Bereich verschieben. Die untersuchten Peptide bilden eine ideale Basis, um nachhaltige, biologisch-inspirierte Recyclingmethoden für Seltenerdmetallen zu entwickeln. Indem wir bereits genutzte Ressourcen zurückgewinnen, entlasten wir nicht nur die Umwelt, sondern machen uns auch rohstoffpolitisch unabhängiger.“
Die zweite in Angewandte Chemie erschienene Studie „Influence of Rare Earth Elements on Prebiotic Reaction Networks Resembling the Biologically Relevant Krebs Cycle“ befasst sich mit einem ganz anderen Aspekt der Seltenerdmetalle. Es geht hier um ihre Rolle bei der Entstehung des frühesten Lebens auf der Erde. Auf der sogenannten „abiotischen Erde“ begannen vor mehr als 3,5 Milliarden kleine organische Bausteine unter den richtigen Bedingungen miteinander zu reagieren. Sie bildeten zunehmend komplexere Strukturen, die Vorstufen biologischer Makromoleküle. Dabei spielten höchstwahrscheinlich Metalle wie etwa Eisen als Katalysatoren eine zentrale Rolle. Dass aber auch Seltenerdmetalle in diesem Prozess wichtig gewesen sein können, wurde bisher kaum berücksichtigt.
Erstautor Dr. Jonathan Gutenthaler-Tietze: „Wir haben erstmals systematisch untersucht, ob diese Elemente in einem präbiotischen Szenario Reaktionen begünstigen. Und tatsächlich können Seltenerdmetalle zentrale chemische Reaktionen moderieren. Ausgehend von Glyoxylat und Pyruvat, zwei einfachen organischen Säuren, die als potenzielle Ausgangsstoffe des frühen Lebens gelten, wiesen wir in Anwesenheit der Seltenerdmetalle sieben von elf Intermediaten des biologischen ‚Krebszyklus‘ nach.“ Der Krebszyklus ist ein zentraler Bestandteil des Energiestoffwechsels aller Lebewesen. Die Reaktionen bildeten ein komplexes Netzwerk mit einer Vielzahl an Verbindungen.
Daumann: „Die Ionenradien der Seltenerdmetalle sind entscheidend für ihre Reaktivität. Wir sahen außerdem, dass bereits sehr geringe Metallkonzentrationen ausreichen, um das Reaktionsnetzwerk deutlich zu beeinflussen. Die Ergebnisse rücken somit eine bislang unterschätzte Gruppe von Metallen in den Fokus der präbiotischen Forschung.“
Bildunterschrift für Bild 2:
Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Lena Daumann erforschte zwei sehr unterschiedliche Aspekte der Seltenerdmetalle (SEE), in dieser Abbildung bilden die Elementsymbole die Umrandung. Das linke Teilbild zeigt die neu entwickelten Peptide, die SEE sehr effektiv binden können. Das rechte Teilbild symbolisiert die Frage, welche Rolle SEE bei der Entstehung des Lebens gehabt haben können. (Grafik: HHU / Jonathan Gutenthaler-Tietze)
Sophie M. Gutenthaler-Tietze, Jerome Kretzschmar, Satoru Tsushima, Robin Steudtner, Björn Drobot, Lena J. Daumann; Reversing Lanmodulin's Metal-Binding Sequence in Short Peptides Surprisingly Increases the Lanthanide Affinity; Angewandte Chemie International Edition, 64 (46), e202510453 (2025)
DOI: 10.1002/anie.202510453
Jonathan Gutenthaler-Tietze, Carolina G. Heßler, Lena J. Daumann; Influence of Rare Earth Elements on Prebiotic Reaction Networks Resembling the Biologically Relevant Krebs Cycle; Angewandte Chemie International Edition; e16853 (2025)
DOI: 10.1002/anie.202516853
Dr. Sophie M. Gutenthaler-Tietze und Dr. Jonathan Gutenthaler-Tietze sind die Erstautoren der beiden ...
Copyright: HHU / Christoph Kawan; HHU / Sophie M. Gutenthaler-Tietze
Symbolbild für die beiden Forschungsarbeiten. Ausführliche Bildunterschrift unter dem Meldungstext
Copyright: HHU / Jonathan Gutenthaler-Tietze
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Chemistry, Environment / ecology, Geosciences, Materials sciences
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German

Dr. Sophie M. Gutenthaler-Tietze und Dr. Jonathan Gutenthaler-Tietze sind die Erstautoren der beiden ...
Copyright: HHU / Christoph Kawan; HHU / Sophie M. Gutenthaler-Tietze
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