Mit einem Anteil von 15,5% am Bruttosozialprodukt wird die Schwarzarbeit in Deutschland 1999 ein neues Rekordniveau erreichen. Davon geht der Linzer Ökonom Friedrich Schneider aus. Das Volumen der Schattenwirtschaft betrage damit in diesem Jahr 602 Mrd. DM, sagte Schneider heute auf der Otto-von-Freising-Fachtagung "Der Sozialstaat zwischen Markt und Hedo-nismus" an der Katholischen Universität Eichstätt. "Die Schwarzarbeit wächst damit drei mal schneller als die offizielle Wirtschaft", so Schneider, der diese Zahlen in Zusammenarbeit mit dem Tübinger Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) erarbeitete. Als Grund für diesen neuerlichen Anstieg sieht der Wissenschaftler besonders die Diskussion um die 630-Mark-Jobs.
Allerdings zeigen Studien, daß der Anteil der Schwarzarbeit in den letzten fünf Jahren in nahezu allen OECD-Ländern gestiegen ist; in Deutschland setzte diese Entwicklung bereits 1975 ein. Lediglich in den USA beobachtete Schneider eine gegenläufige Tendenz: Dort nahm der Anteil der Schwarzarbeit am Bruttosozialprodukt von 9,4% im Jahr 1994 auf 8,8% in 1998 ab. Im in-ternationalen Vergleich zeigt sich darüber hinaus, daß Schwarzarbeit besonders in Entwicklungsländern verbreitet ist: Dort beträgt der Anteil der Schwarzarbeit am Bruttosozialprodukt im Schnitt 39,2%, in Übergangsländern 23,2%, ermittelte Schneider in einem Vergleich von 67 Ländern. In OECD-Staaten liegt dieser Anteil bei 14,2%.
Für die auch in der Bundesrepublik starke Verbreitung von Schwarzarbeit fand Siegfried Lamnek von der Katholischen Universität Eichstätt eine Erklärung: Eine bundesweit repräsentative Befragung zeigt, daß der größte Teil der Bevölkerung die Steuerlast als viel zu hoch und als nicht gerecht verteilt betrachtet. Ähnliches gilt für Umfang und Verteilung von Sozialabgaben. Hierin sind aus Sicht der Forscher mögliche Gründe für soziale Devianz zu sehen - darunter fallen Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung, Mißbrauch staatlicher Leistungen. Außerdem stellte Lamnek fest, daß Schwarzarbeit in der Bevölkerung als am wenigsten schwerwiegendes Delikt gegenüber dem Sozialstaat gesehen wird. "Oft wird sie dem Bereich der Nachbarschaftshilfe zugeordnet", so Lamnek. Entsprechend wird - im Vergleich zu anderen Delikten gegenüber dem Sozialstaat - auch keine strenge Bestrafung dieses Vergehens gefordert. "Schwarzarbeit wird meist als Kavaliersdelikt gesehen", sind sich Schneider und Lamnek einig.
Criteria of this press release:
Economics / business administration, Law, Politics, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Research projects, Scientific conferences
German
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