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08/17/1999 09:22

Saubere Luft, verschmutztes Wasser

Dr. Gottfried Oy Public Relations und Kommunikation
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (Main)

    Diskussion um MTBE als Zusatz für Vergaser-Kraftstoffe

    FRANKFURT. Geo-Chemiker der Goethe-Universität untersuchen in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt in Berlin die Belastung der Umwelt mit dem Kraftstoffzusatz MTBE (Methyl-tertiär-Butyl-Ether). MTBE wird in den USA seit Ende der 70iger Jahre und in Deutschland seit Mitte der 80iger Jahre als sauerstoffhaltige Verbin-dung dem Vergaser-Kraftstoff zugesetzt, um die Oktanzahl zu erhö-hen und gleichzeitig den Schadstoff-Ausstoß der Kraftfahrzeuge durch Verbesserung des Verbrennungsverhaltens zu senken. Entsprechend drastisch sind die Produktionszahlen der Verbindung gestiegen. Die "Wunderwaffe" gegen Smog wird zunehmend als Ursache für die Verunreinigung von Grundwasser betrachtet. Gray Davis, der Gou-verneur von Kalifornien, hat deshalb am 25. März 1999 entschieden, daß die Verbindung bis Ende 2002 wieder aus den dort verkauften Kraftstoffen zu entfernen ist. Durch Einsatz der Verbindung liege "ein signifikantes Risiko für die Umwelt" vor.

    In Deutschland geht die Diskussion noch nicht so weit. "Der Grund dafür ist ein Mangel an Messungen und an Analysenverfahren, um den Stoff auch in geringen Konzentrationen nachweisen zu können", erläutert der Geo-Chemiker Prof. Dr. Wilhelm Püttmann. Um diese Lücke zu schließen, hat er am Institut für Mineralogie/Umweltanalytik zusammen mit der Geologin Christine Eichler ein Verfahren entwik-kelt, um MTBE direkt in einer Wasserprobe in Konzentrationen von weniger als 0,1 Mikrogramm pro Liter zu messen. Das Verfahren wurde in vielen anderen Anwendungsbereichen bereits erfolgreich eingesetzt und beruht auf einer Kopplung von Gaschromatographie mit Massenspektrometrie. "Erste Analysen von Regenwasser und Wasserproben aus Rhein, Main, Elbe und Oder haben gezeigt, daß die Gehalte an MTBE nicht wesentlich niedriger sind als bei den in den USA untersuchten Flüssen", faßt Püttmann zusammen. In Santa Mo-nica, Kalifornien, wurden mehrere Trinkwasser-Brunnen wegen zu hoher MTBE-Belastungen geschlossen. Erhöhte Konzentrationen wurden auch in Seen mit regem Verkehr von Motorbooten und Jet-Skis nachgewiesen. Zudem ist die Verbindung im Gegensatz zu vielen anderen Bestandteilen des Vergaser-Kraftstoffs in Grundwasser nur schlecht biologisch abbaubar.

    MTBE ist mit einem Siedepunkt von 55 oC eine leicht flüchtige Ver-bindung und gelangt zum Teil an Tankstellen aber auch aus den Kraft-fahrzeugen als unverbrannter Kraftstoff-Anteil in die Umwelt. Erste Berichte über Gesundheitsbeschwerden, die mit MTBE in der Luft in Verbindung gebracht wurden, stammen bereits aus dem Jahr 1992 aus Fairbanks in Alaska. Dort führten überwiegend Raffineriearbeiter Probleme wie Kopfschmerzen, Schwindel, Augenreizung, Nasen- und Rachenbrennen sowie Übelkeit auf MTBE in der Luft zurück. Seither wird heftig darüber debattiert, ob MTBE gesundheitsschädigend ist oder nicht, ohne daß bisher eine abschließende Bewertung vorge-nommen werden kann.

    "Unsere Ergebnisse legen nahe, sich auch in Deutschland um MTBE verstärkt zu kümmern", folgert Wilhelm Püttmann. MTBE spiele hier-zulande als Kraftstoff-Zusatz keineswegs eine unbedeutende Rolle, wie eine Untersuchung der Zeitschrift Ökotest (4/98) gezeigt habe. Danach enthalten die in Deutschland vertriebenen Super-Plus-Kraftstoffe durchschnittlich 7,7 Prozent MTBE mit Höchstwerten von 14,1 Prozent. Für das bleifreie Normal- und Superbenzin liegen keine aktuellen Daten vor. Aus Messungen der Deutschen Wissenschaftli-chen Gesellschaft für Erdöl, Erdgas und Kohle aus den Jahren 1992/93 (Forschungsbericht 502, 1994) gehen MTBE-Gehalte von 0,2 Prozent für das bleifreie Normalbenzin und 1,7 Prozent für das blei-freie Superbenzin hervor. Bei Zugrundelegung dieser Zahlen ergibt sich, daß im Jahr 1997 in Deutschland circa 450.000 Tonnen MTBE als Kraftstoffzusatz verwendet worden sind. Demnach sollte in der Bundesrepublik Deutschland die MTBE-Belastung der Umwelt nicht wesentlich geringer sein als in den Ballungszentren der USA.

    Zusammen mit dem Umweltbundesamt in Berlin erarbeitet das Frank-furter Team den gegenwärtigen Stand zum Thema MTBE in Deutschland. Zu diesem Zweck muß die Datenbasis noch deutlich verbreitert werden. "Danach wird auch für Deutschland die Entschei-dung pro oder contra MTBE anstehen", meint Püttmann. Ein mögli-cher Ersatzstoff für MTBE ist bekannt: Es ist der Bioalkohol. In den USA steht die Landwirtschaft bereits in den Startlöchern.

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Wilhelm Püttmann, Institut für Mineralogie/Umweltanalytik, Telefon: 069/798-28701 oder -23882, Fax: 069/798-28702, E-Mail: puettmann@kristall.uni-frankfurt.de
    Christine Eichler, Institut für Mineralogie/Umweltanalytik, Telefon 069/798-28791.


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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry
    transregional, national
    Research results
    German


     

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