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Wissenschaft
Auf der Suche nach Schneealgen
Organismen, die sich an extreme Bedingungen angepasst haben, sind aus molekularer und zellbiologischer Sicht ausserordentlich interessant und begehrt. Unabhängig davon, ob es sich um Bakterien in heißen Quellen, Fische, die einfrieren, oder Insekten handelt - wobei einige Arten Temperaturen von bis zu -70 °C widerstehen - stets lassen sich molekulare Anpassungen nachweisen, die neben dem Grundverständnis zellbiologischer Organisation und evolutionärer Prozesse auch von praktischer Bedeutung sind. So erhofft man sich beispielsweise von einer speziellen Gruppe von Proteinen, den sogenannten AFP's (Anti Freeze Proteins), dass man ihre Expressionsmuster in das Genom ansonsten nicht kälteresistenter Organismen übertragen kann, die dann ebenfalls Frostperioden unbeschadet überstehen sollten. Bisher ist jedoch noch wenig über die molekularen Anpassungen bekannt. Und, was ebenso wichtig ist, nur eine begrenzte Zahl extremophiler Organismen konnte in eine stabile Laborkultur überführt und demzufolge eingehend charakterisiert werden.
Im Rahmen eines vor fünf Jahren vom Humboldt-Fond unterstützten und inzwischen in Kooperation mit dem Alfred-Wegener-Institut für Polarforschung und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Polarprojektes, untersucht eine Arbeitsgruppe am Institut für Biologie, Lehrstuhl für Membranphysiologie, eine an die rauhen Bedingungen der Polarregion angepasste Algengruppe, die unter der Bezeichnung "Schneealgen" zusammengefasst wird. Diese zumeist einzelligen Algen trotzen sechs Monaten Dunkelheit, Temperaturen bis zu -40 °C, vermehren sich in einer extrem kurzen Sommerperiode bei 0 °C auf dem Schnee im Schmelzwasser, das kaum Nährstoffe und Mineralien enthält. Unter diesen extremen Bedingungen akkumulieren sie zudem noch Fette in erheblicher Menge und produzieren Farbstoffe, von denen das Astaxanthin (ein langkettiges Carotinoid) die auffällige rote Schneefärbung erzeugt, die im Mittelalter zu der Bezeichnung "Blutschnee" geführt hat. Obwohl lange bekannt, existieren weltweit nur drei axenische Laborkulturen (bisher nicht aus Spitzbergen) und sind die speziellen Kälteanpassungen dieser Algen nur ansatzweise charakterisiert.
Eines der Hauptziele der Arbeitsgruppe besteht deshalb im Aufbau einer Laborkultur an der Humboldt-Universität. In nunmehr vier Expeditionen nach Spitzbergen konnten jährlich erblühende Algenfelder auf diesem nördlichsten Archipel kartiert und die Vermehrungswege bzw. Randbedingungen, die für eine Laborüberführung wichtig sind, erfasst werden. Im letzten Jahr (nunmehr seit zwölf Monaten) ist es gelungen, permanent Schneealgen auf speziell entwickelten Eis-Flüssigkeitskultursystemen im Berliner Labor zu vermehren.
Die diesjährige Polarexpedition unter Leitung von Prof. Dr. Günter Fuhr führt in den nördlichsten und unberührtesten Teil Spitzbergens mit dem Ziel der Sammlung und Kartierung möglichst vieler Algenarten, die dann an der Humboldt-Universität vermehrt und einer breiteren Forschergemeinschaft zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Expedition vom 22. August bis zum 17. September ist zudem ein deutsch-australisches Gemeinschaftsunternehmen unter Beteiligung von Dr. Hau U. Ling, einem Algenkundler der Antarctic Division in Kingston (Australien), der sich seit langem mit den "Antipoden" der nördlichen Schneealgen auf dem antarktischen Kontinent beschäftigt. Aus dem Institut für Biologie nehmen Dr. T. Müller und T. Leya, beide ebenfalls mit langjähriger Expeditionserfahrung, teil. Geplant ist zunächst ein Aufenthalt in der deutschen Polarstation in Ny Ålesund und danach die Erkundung der Nord-West-Küste Spitzbergens.
Das Expeditionsteam um Prof. Dr. Günter Fuhr ist nur bis heute, Freitag (20.8.99), dann wieder ab 18.9.99 erreichbar unter Tel. 030 - 2093 8617
Hrsg.: HU-Pressestelle, Heike Zappe, http://www.hu-berlin.de/presse/pressemit/pressehub.html
Criteria of this press release:
Biology, Information technology
transregional, national
Research projects
German
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