idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
10/04/1999 19:46

Examensarbeit: Mode räumt die Kleiderschränke

Ole Lünnemann Referat Hochschulkommunikation
Universität Dortmund

    Der gute Wollmantel, der ein Leben lang begleitet. Das Sonntagskostüm, das auch noch nach Jahrzehnten zu besonderen Gelegenheiten aus dem Schrank genommen wird: Relikte aus längst vergangenen Zeiten, eingeholt durch das "Kleid auf Zeit". Schnellebige Modeerscheinungen bestimmen heute das Bild, neue Kleidungsstücke werden regelmässig angeschafft. Alte, aber unverbrauchte "ex und hopp" entsorgt. Eine Entwicklung, der Heike Willingmann, Studentin der Textilwissenschaft an der Universität, im Rahmen ihrer Examensarbeit nachgegangen ist.

    Und die Studentin stellte unter anderem fest: Frauen reagieren stärker auf modische Veränderungen als Männer - auch als Vermeidungsstrategie gegen den biologischen Alterungsprozess. Viele Frauen wollen durch häufigeren Kleiderwechsel dokumentieren, dass sie sich jung fühlen.

    Ein Fazit, zu dem die Studentin durch die Befragung von Dortmunder Familien aus verschiedenen Milieus gelangte. 15 Befragungen mit elf Frauen und vier Männern (insgesamt 27 Interviews) wurden zum Thema "Kleid auf Zeit. Eine empirisch-kulturwissenschaftliche Untersuchung über den Umgang mit der Vergänglichkeit von Bekleidung" ausgewählt und ausgewertet.

    Männer nehmen's pragmatisch

    Die männlichen Gesprächspartner nehmen zum Thema Kleidung eher pragmatisch Stellung. Ist für die Männer das Einkaufen von Kleidungsstücken eher ein "Muss" und die Aufgabe der Bekleidung eine funktionale und die (meist langdauerende) Beziehung zu ihr fast symbiotisch, reagieren Frauen viel sensibler und abweisender auf den textilen Verfallsprozess. Für sie war und ist die Kleidung zugleich Trägerin von Informationen über die bereits verflossene Zeit.

    Heike Willingmann: "Das Lebensalter kann durch das Neue kurzzeitig überspielt werden. Gerade Frauen versuchen, durch neue/modisch angepasste Bekleidung bzw. unverschlissene Kleidung ihrem eigenen Prozess des körperlichen Verfalls entgegen zu wirken." Das trifft vor allem für die über 40-Jährigen zu, die über Grenzerfahrungen der Kriegs- und Nachkriegsgeneration verfügen. "Das Lebensalter kann durch das Neue kurzzeitig überspielt werden."

    Eine weitere Praxis, dem zunehmenden Alterungsprozess zu entfliehen: Das Auftragen alter Kleidungsstücke der eigenen Kinder. "Die in das Kleidungsstück eingewirkte Identität der jugendlichen Person konnte auf diese Weise von der Mutter adaptiert werden," stellt die Referentin fest, "sie konnte sich (psychisch) jünger fühlen." Ein alters- und zeitübergreifender Kontakt über jede Altersgrenze hinaus.

    Die jüngere Generation dagegen ist in einer Welt des Konsums und der "relativen" Freiheit aufgewachsen. Frauen bis 35 Jahre ertragen Vergänglichkeitsspuren leichter, setzen verschlissene Stoffe, Secondhand- und patinierte Kleidungsstücke gegenüber der Elterngeneration provokativ ein. Tragen sie die Zeichen vergangener Zeiten, haben sie das Gefühl von Individualität. "Alte oder altgemachte Kleidungsstücke heben sich von neu hergestellten Waren durch die ihr inne wohnende Authentizität und Aura ab."

    Junge Leute lieben Wechsel

    Beim Konsum von Kleidung gibt es mit Blick auf die Alterstruktur der Befragten Unterschiede. Viele ältere Frauen haben "ihren Stil" gefunden, machen nur die grossen Veränderungen in der Mode mit. Die über 40-Jährigen kaufen weniger, aber dafür länger haltbare Kleidung als früher. Bei den 15- bis 30-Jährigen aber vollzieht sich die Anpassung an die modische Innovation manchmal nur innerhalb einiger Monate.

    Jüngere kaufen sich mehr billige Kleidung als Ältere, es gilt die "Möglichkeit der schnellen Entledigung", die "Entsorgung mit leichtem Gewissen", der "moralisch gerechtfertigte" Neukauf von Bekleidung. Diese Generation orientiert sich dabei weniger an den qualitativen Leistungen des Kleidungsstücks, als an der optischen Erscheinung oder an Markenprodukten, die die Zugehörigkeit zu ihrer Gruppe aufschlüsseln.

    Dass die Umsatzzahlen der Bekleidungswirtschaft in Deutschland seit Öffnung der Grenzen zur DDR 1989 dennoch stark stagnieren, führt Heike Willingmann unter anderem auf die geringere Verfügung von finanziellen Mitteln zurück.

    Information:
    Heike Willingmann Ruf 0231-755-4507 und 0231-8390328


    Images

    Criteria of this press release:
    Economics / business administration, Psychology, Social studies
    regional
    Scientific Publications, Studies and teaching
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).