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02/04/1998 00:00

Religion und Staat in Russland

Norbert Frie Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster

    upm-Pressemitteilung der Universitaet Muenster 611/98 - 04. Februar 1998

    Religion und Staat im revolutionaeren Russland

    Zwei Forschungsprojekte im Ostkirchen-Institut der Universitaet

    Das Verhaeltnis von Religionsgemeinschaften, Staat und Gesellschaft in Russland erfuhr in der Revolutionszeit und im fruehen Sowjetsystem einen grundlegenden Wandel. Die Russische Orthodoxe Kirche als groesste Religionsgemeinschaft war nach der Februar- und Oktoberrevolution 1917 auf dem Wege zu einer tiefgreifenden inneren Erneuerung, die sie - vom Zarismus behindert - seit Anfang des Jahrhunderts begonnen hatte. Sie strebte nach Umwandlung von hierarchischen zu konziliar-demokratischen Strukturen. Die Reformansaetze wurden vom sowjetischen Staat und der Partei instrumentalisiert, fallweise geduldet oder planvoll verhindert.

    Die Umbrueche der letzten zehn Jahre haben es ermoeglicht, die einzelnen Prozesse detaillierter zu verfolgen, einmal weil ideologische Praemissen fortgefallen sind, dann weil bisher nicht erschlossenes Archivmaterial in grossem Umfange zugaenglich geworden ist. Dies gab den Anstoss zur Einrichtung zweier Forschungsprojekte am Ostkirchen-Institut der Evangelisch- Theologischen Fakultaet der Universitaet Muenster unter Leitung von Prof. Dr. Guenther Schulz. Beide Projekte knuepfen an Arbeiten des Projektleiters in Moskauer Archiven an.

    Das eine Projekt, von der VW-Stiftung im Rahmen des Forschungsschwerpunktes "Diktaturen im Europa des 20. Jahrhunderts" gefoerdert, ist dem Thema "Oktoberrevolution und Landeskonzil der Orthodoxen Kirche in Russland 1917-18" gewidmet. Dr. Gisela Schroeder und zwei fuer das Projekt in Moskau taetige Mitarbeiter untersuchen anhand der teilweise gedruckt, teilweise handschriftlich vorliegenden Akten des Konzils das Reformpotential der russischen Orthodoxie zu jener Zeit und stellen es in Bezug zur veraenderten rechtlichen Stellung und gesellschaftlichen Rolle der Orthodoxen Kirche in Folge von Februar- und Oktoberrevolution.

    In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefoerderten Projekt "Bolschewistische Kirchenpolitik 1922-25" bearbeitet Prof. Dr. Ludwig Steindorff die Protokolle der 1922 gebildeten "Kommission zur Durchfuehrung des Dekretes ueber die Trennung der Kirche vom Staat beim Zentralkomitee der KPR", vereinfacht schon damals "Antireligioese Kommission" genannt. Die Protokolle geben aus der Sicht der Parteiaktivisten ein anschauliches Bild des religioesen Lebens in der fruehen Sowjetunion und spiegeln die vielen kleinen Schritte zur Kontrolle und Marginalisierung der Religionsgemeinschaften wider. Publikation, UEbersetzung und Erschliessung der Protokolle erfolgen in Koordination mit Prof. N. N. Pokrovskij/Novosibirsk.

    Die Projekte stehen in einem aktuellen Bezug, denn die Aufarbeitung der Geschichte der Orthodoxen Kirche und der anderen Religionsgemeinschaften in Revolutions- und Sowjetzeit ist eine wichtige Voraussetzung auf dem Wege zu ihrer Selbstfindung und Erneuerung im postsozialistischen Russland.

    UNIPRESS Muenster Artikeldienst fuer Presse, Funk und Fernsehen Herausgegeben von der Presse- und Informationsstelle der Universitaet Muenster Schlossplatz 2 48149 Muenster


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    Criteria of this press release:
    Social studies
    transregional, national
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