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"Bildung fuer alle" - keine Selbstverstaendlichkeit
Der muehseligen Ausbau des Elementarschulwesens im Rheinland
"Bildung fuer alle" - dabei handelt es sich nicht um eine seit jeher gesellschaftlich akzeptierte Maxime. Vielmehr ist damit ein Programm bezeichnet, welches erst im Zuge der gewaltigen gesellschaftlichen und politischen Umwaelzungen des vergangenen Jahrhunderts durchgesetzt werden konnte. Der Erinnerung an die bildungspolitischen Reformen, die mit dazu beitrugen, dass heutzutage prinzipiell jedem Buerger der Weg an die Universitaet freisteht, und an die widrigen Umstaende, unter welchen diese meist durchgefuehrt werden mussten, ist eine von Professor Dr. Guenter Bers vom Seminar fuer Geschichte und ihre Didaktik der Universitaet zu Koeln erarbeiteten Studie.
Die Untersuchung stuetzt sich auf Quellen zur Situation des Elementarschulwesens im Rheinland nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft. Professor Bers zog unter anderem Vorarbeiten des Volksschullehrers Anton Richter heran, der in den Jahren zwischen 1926 und 1929 Nachforschungen zur Bildungssituation in den franzoesisch besetzten Gebieten des Rheinlandes zu Beginn des vorigen Jahrhunderts angestellt hatte.
Die Situation des Schulwesens im Rheinland jener Zeit war geradezu verheerend. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts begonnene Reformen zur Einrichtung von Primaerschulen, in denen Lesen, Schreiben, Rechnen und Geschichte gelehrt werden sollte, waren durch die Folgen der Franzoesischen Revolution vorerst zunichte gemacht worden. Haupttraeger von Bildungseinrichtungen war bis zu diesem Zeitpunkt traditioneller Weise die Kirche gewesen. Von der Revolutionsbewegung aber, die sich gegen die Kirche richtete, waren insbesondere auch die Schulen betroffen, von denen zahlreiche geschlossen wurden. Darueber hinaus waren Ausbildung und Besoldung der Lehrer haeufig unzureichend und ihre Moeglichkeiten, Wissen an die Schueler zu vermitteln dementsprechend gering. So handelte es sich bei den Elementarschullehrern nicht selten um ehemalige Landarbeiter und Handwerker, die mangels Koerperkraft in ihrem Gewerbe nicht reuessiert hatten. Auch Kuester waren haeufig nebenberuflich als Lehrer taetig. Mit dem von den Eltern der Schueler entrichteten Schulgeld bestritten sie ihren Lebensunterhalt. Staatliche Pruefungen, in denen die Lehrer im Hinblick auf ihre Qualifikation ausgewaehlt wurden, gab es haeufig nicht. Das Lehrmaterial beschraenkte sich vornehmlich auf verschiedene Fassungen des "Roemischen Katechismus", der nach 1806 durch den napoleonischen "Reichskatechismus" in deutscher Sprache ersetzt wurde.
Allein die Verwendung deutschsprachiger Fibeln im Unterricht stellte Lehrer und Schueler gleichermassen vor handfeste Probleme: insbesondere in doerflichen Gegenden waren nur die allerwenigsten Schueler des Hochdeutschen maechtig. Der sichere, gewandte Umgang mit der Muttersprache blieb haeufig ein nie erreichtes Unterrichtsziel. Um so groesseren Wert legte man auf das Einstudieren von Floskeln zur korrekten Anrede niederer und hoeherer Repraesentanten des Ancien Régime bzw. der franzoesischen Verwaltung. Sogenannte "Titelbuecher" lieferten hierfuer die entsprechenden Vorgaben. Erst unter preussischer Herrschaft wurde mit dem systematischen Ausbau des Schulwesens begonnen, die Hebung des Bildungsniveaus in breiten Schichten der Bevoelkerung in Angriff genommen. Aus der Zeit der napoleonischen Herrschaft blieben - immerhin - einige Versatzstuecke der franzoesischen Sprache, die sich die Lehrer notgedrungen angeeignet hatten, um im Verkehr mit den Behoerden der Besatzer zu bestehen
Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
Fuer Rueckfragen steht Ihnen Professor Bers unter der Telefonnummer 02232/22583 zur Verfuegung.
Criteria of this press release:
Social studies
transregional, national
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German
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