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Wissenschaft
125/97 Weg von der Toepfchenwirtschaft!
Koelner Wirtschaftswissenschaftler analysiert oeffentliche Finanzmisere
Das althergebrachte kameralistische System der Planung und Mittelbewirtschaftung, mit dem der oeffentliche Sektor arbeitet, kann den Anforderungen eines effizienten Finanzmanagements nicht mehr gerecht werden. Das derzeit praktizierte Ressortdenken und -handeln, auch als sogenannte "Toepfchenwirtschaft" bezeichnet, das die Bindung von Finanzmitteln an Titel und die plangerechte, also zweckentsprechende Verausgabung vorschreibt, belohnt den formal Handelnden und bestraft den oekonomisch Denkenden mit Kuerzungen seines Etats. Mangelnde Transparenz, d.h. eine unzureichende Darstellung finanzieller Zusammenhaenge, und fehlende Bewertungsinstanzen verhindern eine optimale Bewirtschaftung der oeffentlichen Finanzen. So argumentiert Dr. Reiner J. Vrenegor in einer Untersuchung, erarbeitet im Rahmen des Staatswissenschaftlichen Seminars der Universitaet zu Koeln. Leere oeffentliche Kassen und eine steigende Staatsverschuldung nimmt er zum Anlass, das oeffentliche Finanzsystem einer gruendlichen Analyse zu unterziehen.
Am Beispiel der Forschungsfoerderung erlaeutert Dr. Vrenegor, warum oeffentliche Verwaltung und ihr Rechnungswesen haeufig ineffizient arbeiten. Die Realisation forschungspolitischer Ziele erfordert der Situation angepasste, auch kurzfristige Reaktionen. Dies steht im scharfen Gegensatz zur Schwerfaelligkeit einer oeffentlichen Einrichtung, die fuer die Phasen Planung, Genehmigung, Beratung, Verabschiedung und Realisation einen langen Zeitraum veranschlagen muss. Die Trennung der Gewalten, die Zustaendigkeitsregelungen zwischen den einzelnen Ressorts und Instanzen, vor allem aber die Differenzierung in Aufgaben- und Geldverantwortung innerhalb der einzelnen Organisationseinheiten verhindern sogar die Einhaltung der in den Gesetzen und den Haushaltsordnungen des Bundes und der Laender festgeschriebenen Regeln. Als Massnahme zur Verbesserung von Effizienz und Wirtschaftlichkeit schlaegt der Koelner Wirtschaftswissenschaftler die Einfuehrung eines Planungs- und Steuerungsinstrumentariums vor. Diese Struktur koennte dafuer sorgen, dass Legislative, Exekutive und Judikative als homogenes Ganzes agieren und zielorientiert kooperieren. Kurzfristige Planungen und Entscheidungen waeren dann gerade im Forschungsbereich moeglich.
Ferner - so bemerkt Dr. Vrenegor - lassen sich aus dem Haushaltsplan und der Jahresrechnung von Forschungseinrichtungen zwar die Betraege ablesen, die fuer Betrieb und Investitionen ausgegeben werden. Es bleibt aber voellig unberuecksichtigt, welche Leistungen die Legislative, die Exekutive und eventuell die Judikative bis zur Verabschiedung des Haushaltsplans schon erbracht haben. Mangels Kosten- und Leistungsrechnung und mangels kaufmaennischer Buchfuehrung kann die Verwaltung nicht ermessen, was sie kostet, noch kann sie beziffern, was sie leistet. Es fehlt ein oeffentliches Rechnungswesen, mit dem sich unabhaengig von Zustaendigkeiten saemtliche relevanten Daten ueber Kosten und Leistungen zur Bewertung der einzelnen Gueter und Dienstleistungen vernetzen liessen. Damit stehen klare Entscheidungsgrundlagen fuer die politisch Verantwortlichen nicht zur Verfuegung: Leistungsbezogene Groessen, z.B. produktive Stunden, sowie entsprechende Bewertungskriterien, wie u.a. Stundensaetze, bestehend aus Personal-, Betriebs- und Investitionskosten, werden nicht ermittelt.
Dr. Vrenegor schlaegt hier unter anderem zwei wichtige Massnahmen vor, die das oeffentliche Finanzwesen reformieren sollen. Innenkontrollen sollen den organisatorischen Ressourcenverbrauch ueberwachen und sich der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Finanzen widmen - aehnlich wie die im privaten Sektor taetigen Stabsstellen Controlling und Innenrevision. Um auch die im privaten Sektor entscheidenden Gesichtspunkte Wettbewerb, Leistung, Wirtschaftlichkeit und Effizienz mit in die Beurteilung einbeziehen zu koennen, bedarf es ferner staendiger Kontrollen der aeusseren Einflussfaktoren, vergleichbar der Marktbeobachtung.
Diese Kontrollinstanzen haben - so der Verfasser der Untersuchung - eine entscheidende Bedeutung: Sie ueberpruefen, ob das optimale Verhaeltnis von Leistung und Kosten erzielt werden kann. Sie koennen gegebenenfalls auch planend und steuernd in laufende Prozesse eingreifen. Fehlinvestitionen oder budgetpolitische Fehleinschaetzungen wie die Einfuehrung der Zinsabschlagssteuer haetten nach Dr. Vrenegor vermieden werden koennen, wenn kalkulierbare Risiken wie Kapitalflucht oder erhoehter administrativer Kontrollaufwand von einer Kontrollinstanz in Betracht gezogen worden waeren. Die Kosten- und Leistungsrechnung als funktionsfaehiges Planungs- und Steuerungsinstrumentarium bietet nach der Meinung Dr. Vrenegors die Gewaehr, dass alle die Volkswirtschaft beeinflussenden Faktoren angemessen beruecksichtigt werden und in die Beurteilung einzelner Ergebnisse eingehen.
Neben diesen kurzfristigen Massnahmen muessen - so Dr. Vrenegor - mittel- und langfristige Zielsetzungen stehen, um die finanziellen Ressourcen des oeffentlichen Sektors zu optimieren, um privatisieren zu koennen und diesen Sektor letztlich nur mit ausschliesslich hoheitlichen Aufgaben zu betrauen. Die Rueckfuehrung des oeffentlichen Sektors auf seine originaeren Aufgaben kann aber nur erfolgen - so schliesst der Koelner Wirtschaftswissenschaftler - , wenn dem eine betriebswirtschaftliche Durchleuchtung, d.h. eine exakte Bewertung der einzelnen staatlichen Taetigkeiten vorangegangen ist.
Verantwortlich: Sabine Reich Fuer Rueckfragen steht Ihnen Professor Dr. Gernot Gutmann unter der Telefonnummer 02204/65051 und der Faxnummer 02204/21736 zur Verfuegung.
Fuer die UEbersendung eines Belegexemplars waeren wir Ihnen dankbar.
Criteria of this press release:
Economics / business administration
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