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Wissenschaft
Ein Interview mit Professor Svante Pääbo, Direktor der Abteilung Evolutionäre Genetik am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, während des Berliner Wissenschaftssommers.
Der mutmaßliche Drahtzieher Usama Bin Ladin hat in einem Interview gesagt, der Mensch habe einen natürlichen Instinkt, Fremde zu vertreiben. Er begründet Gewalt- und Terrorakte quasi mit der menschlichen Natur. Was sagt der Biologe dazu?
Es ist offenkundig, dass der Mensch das Potenzial zur Gewalt hat. Falsch ist jedoch die Schlussfolgerung, Gewalt wäre bei Menschen quasi etwas "Natürliches" . Es gibt kein menschliches Verhalten, das "natürlich" ist - im Sinne von unvermeidbar. Uns zeichnet aus, dass wir unser Verhalten sehr bewusst steuern können. Vor allem wird unser Verhalten beeinflusst durch unsere Kultur, unsere sozialen Systeme und unsere Ethik. Man wird zum Hasser oder Fanatiker gemacht, wenn man in eine Gesellschaft voller Hass hinein geboren wird. Wenn Leute meinen, Gewalt sei natürlich, dann meinen sie im Grunde genommen nur: "ich mag dieses Verhalten".
Kann man Terrorakte rein biologisch, also ohne kulturelle Einflüsse zu berücksichtigen, erklären?
Ohne unsere kulturelle Entwicklung sind solche Terrorakte nicht denkbar. Es sind sehr überlegte, kühl kalkulierte kulturelle Handlungen. Es sind schreckliche, aber hohe geistige Leistungen, technisch und organisatorisch, zu denen nur Menschen fähig sind. Mit Biologie hat das nichts zu tun.
Nun fürchten viele Menschen, dass die Situation eskalieren könnte, dass Gewalt Gegengewalt erzeugt.
Nun antwortet nicht der Biologe, sondern der Mensch Pääbo: Wir zahlen einen Preis dafür, dass wir eine offene Gesellschaft haben. Eine offene Gesellschaft ist per Definition verwundbar. Wenn wir die offene Gesellschaft verteidigen, muessen wir aufpassen, dass wir nicht genau so schlecht werden, wie der Feind. Geschieht dies, haben wir genau
dass verloren, was wir verteidigen wollen.
Professor Svante Pääbo ist Direktor der Abteilung Evolutionäre Genetik am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.
http://www.wissenschaftssommer2001.de
Criteria of this press release:
Biology, Information technology, Psychology, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Research results
German
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