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Wissenschaft
Die schöne Melusine ist mit einem Fluch behaftet: Einmal in der Woche wächst ihr einen Tag lang von der Hüfte abwärts ein Schlangenleib. Die populäre Sagengestalt des späten Mittelalters, die im 19. Jahrhundert auch als fischgeschwänzte Nixe dargestellt wird, steht nun im Zentrum einer Konferenz an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU): Beinahe 80 deutschsprachige Ausgaben vom 15. bis 19. Jahrhundert sind ermittelt und beschrieben worden in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt „Die Melusine des Thüring von Ringoltingen in der deutschen Drucküberlieferung von ca. 1473/74 bis ins 19. Jahrhundert – Buch, Text und Bild“.
Die Melusine beschäftigte in Erlangen in den vergangenen zweieinhalb Jahren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Buchwissenschaft (Prof. Dr. Ursula Rautenberg), der Germanistischen Sprachwissenschaft (Prof. Dr. Mechthild Habermann) und der Kunstgeschichte (Prof. Dr. Heidrun Stein-Kecks), die jeweils ihre ganz eigenen Fragen und Methoden in die gemeinsame Arbeit eingebracht haben. Die Tagung stellt die Forschungsergebnisse nun in einem größeren internationalen wie interdisziplinären Rahmen vor.
„Missgeburt und Erbkrankheit – Mythos, Märchenfigur und Sagengestalt. Die pathologische Anatomie der Melusine“ ist der Festvortrag überschrieben, den Prof. Dr. Helmuth Steiniger (Friedrichshafen) hält. Steiniger, der sein medizinisches Staatsexamen 1977 an der FAU abgelegt hat, fokussiert die Verwandlung der schönen Melusine unter dem Aspekt der Missbildung resp. Erbkrankheit – womit sich die Melusine einreiht in das Heer der mit Anomalien behafteten Nixen, Riesen, Zwerge, Wichtelmänner, Kobolde, Frösche und der anderen phantastischen Gestalten, welche die Welt der Mythen, Märchen und Sagen bevölkern. Doch verweist hier einmal mehr die Fiktion auf das Leben. So verschmelzen etwa bei der Sirenomelie (Symmelie) die unteren Extremitäten – ein Ereignis, das mit einer Häufigkeit von 1: 100 000 Neugeborenen belegt ist. Dagegen entsprechen Schlangenhaut wie auch Fischschuppen einer relativ häufigen Erbkrankheit, der Ichthyosis vulgaris, der Fischschuppenkrankheit, die in unterschiedlicher Form und Ausprägung vorkommt.
Martin Behr (Erlangen) behandelt die Schreibsprachen-Entwicklung hin zur neuhochdeutschen Schriftsprache, die entscheidend durch die Vorbildfunktion der Drucker in Augsburg und Frankfurt geprägt wird. Benedicta Feraudi (Erlangen) zeichnet die Höhepunkte der Illustrationsgeschichte am Beispiel der Erstausgabe aus Basel und des 16. Jahrhunderts nach – jeweils unter Einbeziehung des künstlerischen und stilistischen Umfelds sowie des Bezugs der Bilder zum Text. Ursula Rautenberg (Erlangen) entwickelt auf der Grundlage einer typographischen Analyse charakteristische Buchtypen und stellt Zusammenhänge mit der Buchhandelsgeschichte und der Lesergeschichte her. Hans-Jörg Künast (Erlangen) widmet sich methodischen Fragen am Beispiel der Datierung und Zuweisung von unfirmierten Drucken.
Weitere namhafte Referenten wie Frédéric Barbier (Paris), John Flood (London) und Jan-Dirk Müller (München) werden erwartet. Die Konferenzsprache ist weit gehend Deutsch. Die Tagung ist wegen des begrenzten Platzangebots nicht öffentlich – mit Ausnahme des Festvortrags (Donnerstag, 14. Oktober, 19.15 - 20.00 Uhr, Aula im Schloss, Schlossplatz 4, 91054 Erlangen).
Medienvertreter sind jedoch ausdrücklich eingeladen und werden gebeten, sich anzumelden unter: sekretariat.buchwissenschaft@buchwiss.uni-erlangen.de oder 09131/85-24700.
Konferenz „Typographie, Text und Bild: Zeichensprachen des literarischen Buchs in der frühen Neuzeit“
Donnerstag bis Samstag, 14. bis 16. Oktober
Universitätsbibliothek Verwaltungsgebäude (Altbau), 1. Stock, Großer Sitzungssaal
Universitätsstraße 4 (Eingang Schuhstr.), 91054 Erlangen
Das gesamte Programm ist einsehbar unter: http://www.buchwissenschaft.phil.uni-erlangen.de/Melusineflyer.pdf
Die Universität Erlangen-Nürnberg, gegründet 1743, ist mit 27.000 Studierenden, 550 Professorinnen und Professoren sowie 2000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen an den Schnittstellen von Naturwissenschaften, Technik und Medizin in engem Dialog mit Jura und Theologie sowie den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Seit Mai 2008 trägt die Universität das Siegel „familiengerechte Hochschule“.
Weitere Informationen für die Medien:
Dr. Hans-Jörg Künast
Tel.: 09131/85-22917
hans-joerg.kuenast@buchwiss.uni-erlangen.de
Prof. Dr. Ursula Rautenberg
Foto: FAU
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Raymond überrascht Melusine beim Baden und entdeckt ihren Schlangenleib. Illustration aus Thüring vo ...
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Criteria of this press release:
Art / design, History / archaeology, Language / literature
transregional, national
Research projects, Research results
German
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