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Wissenschaft
Unter Fachleuten ist der Tumorsuppressor p53 ein alter Bekannter, der zahlreiche Funktionen bei der Verhinderung von Krebserkrankungen besitzt. Zwei Wissenschaftler der Universität Leipzig haben nun nachweisen können, dass p53 eine bislang unbekannte Aufgabe zukommt: Er steuert das menschliche Schwangerschaftshormon hCG. Diese Erkenntnis ist insofern verblüffend, als p53 damit nachweislich an so gegensätzlichen Prozessen wie Krebsabwehr und Embryonalentwicklung beteiligt ist.
In der Grundlagenforschung gilt p53 als Schlüsselprotein. Es ist wahrscheinlich das am intensivsten bearbeitete Eiweißmolekül überhaupt, vor allem weil es eine entscheidende Rolle im Bereich der Tumorabwehr spielt. Vor einigen Jahren wurde die Erkenntnis über die Aufgaben von p53 auf die Reproduktionsvorgänge bei Mäusen erweitert. Dort reguliert es das so genannte LIF-Protein, das die Gebärmutter auf das Einnisten des befruchteten Eis vorbereitet. Die Leipziger Forscher Prof. Dr. Kurt Engeland, Leiter der Molekularen Onkologie an der Medizinischen Fakultät, und seine Mitarbeiterin Dr. Sindy Sohr haben nun die Brücke zu Reproduktionsvorgängen beim Menschen geschlagen. Die Ergebnisse der beiden Grundlagenwissenschaftler zeigen, dass das menschliche Schwangerschaftshormon hCG von p53 gesteuert wird.
„Die Entdeckung wird einige Wellen schlagen", sieht Prof. Engeland die Wirkung in der Fachwelt voraus. „Auch wenn mit LIF bereits die Brücke von p53 zur Fortpflanzung im Allgemeinen geschlagen wurde, wird jetzt mit dem, was wir herausgefunden haben, die Seite vom ganz frühen Embryo, der Blastozyste, als von p53 reguliert erkannt. Wir zeigen, dass p53 nicht nur auf der Mutterseite die Implantation des Embryos unterstützt, sondern dass es konzertiert von beiden Seiten - von mütterlicher und kindlicher Seite - hilft, eine Schwangerschaft zu etablieren."
Das Hormon hCG (humanes Choriongonadotropin) hat eine umfassende Funktion bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Schwangerschaft und wird bereits in einem frühen Stadium in großen Mengen hergestellt. Dementsprechend wird bei Schwangerschaftstests hCG gemessen. Bei unerfülltem Kinderwunsch verordnen Reproduktionsmediziner einen Hormoncocktail, der auch hCG enthält. Unter anderem stimuliert es den Gelbkörper, fördert die Gefäßneubildung in der Gebärmutter, wo sich der Embryo einnistet, und dämpft die Immunabwehr, damit der Embryo nicht wie ein Fremdkörper behandelt und womöglich abgestoßen wird. „All diese Erkenntnisse gehören zum Lehrbuchwissen", sagt Nachwuchswissenschaftlerin Dr. Sohr. „Neu durch unsere Forschung hinzugekommen ist die Erkenntnis, dass p53 auch hier eine Rolle spielt. Aus unseren Experimenten mit Zellkulturen konnten wir rückschließen, dass deutliche Steigerungen der p53-Konzentration in den Zellen zur Bildung großer Mengen an hCG. Das Hormon wird schließlich aus den Zellen frei gegeben und entfaltet seine Wirkung im Umfeld der Zellen."
Multitalent p53
Ursprünglich hatte man p53 als Tumorsuppressor ausgemacht. Nachgewiesen ist er nicht nur beim Menschen, sondern auch in vielen anderen Organismen wie Mäusen oder Zebrafischen. Der zunächst nahe liegende Schluss, Tumorabwehr und Schwangerschaft könnten miteinander verbunden sein, wurde von den Wissenschaftlern nicht bestätigt. Richtig ist vielmehr, dass p53 viele wichtige Funktionen hat, die unabhängig voneinander ausgeführt werden. An einer Stelle wirkt das Protein als Krebsverhinderer indem es entartete Zellen in den programmierten Zelltod, einer Art Zellselbstmord, schickt. An anderer Stelle ist p53 an der Hormonsteuerung beteiligt, die eine Schwangerschaft erst ermöglicht und die ganz frühe Embryonalentwicklung vorantreibt. Für die offensichtliche Frage, wie die verschiedenen Funktionen von p53 auseinander gehalten werden, vermuten die Forscher weitere Regulationsebenen, für die wiederum andere Proteine verantwortlich sind.
Dr. Sindy Sohr (29) hat in Leipzig Biochemie studiert und arbeitet aktuell als Postdoc in der Arbeitsgruppe von Prof. Engeland. Sie wird für ihre Arbeiten zu den Eigenschaften von hCG über das Nachwuchsprogramm der Medizinischen Fakultät gefördert.
Die Forschungsergebnisse werden jetzt in der Novemberausgabe des Fachjournals „Cell Cycle" veröffentlicht.
http://www.landesbioscience.com/journals/cc/article/17946/
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students
Biology, Chemistry, Medicine
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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