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Wissenschaft
Warum es auf den zweiten Blick gar nicht so verwunderlich ist, dass Petraeus & Co tagelang die Presselandschaft in Deutschland beschäftigten, erklärt Dr. Reimar Zeh, Kommunikationswissenschaftler an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
In den vergangenen Tagen zierten die außerehelichen Affären hochrangiger US-Militärs auch die Titelseiten unserer „seriösen“ Medien. Sind die Bettgeschichten von David Petraeus und John Allen wichtiger als Eurokrise, Nahostkonflikt oder die Energiewende? Auf den ersten Blick mag man dies als weiteren Beleg für die Boulevardisierung unserer Nachrichtenmedien einordnen und den Kopf schütteln. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Die Boulevardisierung der Berichterstattung ist keine Entwicklung, die die Journalisten alleine vorantreiben. Letztlich produzieren sie ein Produkt, das sich am Markt verkaufen muss. Offensichtlich sind aber gerade Boulevardthemen geeignet, Reichweiten und Auflagen zu steigern. Da wir, das Publikum, für uns in Anspruch nehmen, mündige Bürger zu sein, können wir uns da auch ein bisschen an der eigenen Nase packen: Am Zeitungskiosk oder mit der Fernbedienung signalisieren wir den Medien, dass uns die Themenauswahl gefällt.
Abseits der Boulevardisierungstendenzen gibt es aber auch andere Erklärungsansätze, die das „Petraeus“-Phänomen erklären können. Hier sind die journalistischen Routinen der Nachrichtenauswahl am Werk. Durch die Präsidentschaftswahl ist die mediale Aufmerksamkeit noch stark auf die USA fokussiert, so dass Vorgänge rund um Obama ohnehin mehr Beachtung finden, als zu anderen Zeiten. Dieser Sachverhalt erklärt nebenbei bemerkt, warum nach dem Unglück der Costa Concordia auf einmal so viele Kreuzfahrtschiffe havariert sind. Ferner ist es durchaus relevant, wenn dem Chef des mächtigsten Geheimdienstes (Petraeus) und einem hohen Militär (Allen) Verfehlungen nachgewiesen werden, die sie möglicherweise erpressbar machen. Zwar mögen wir mit Blick auf deutsche Politiker einwenden, dass deren Privatleben ihren politischen Karrieren kaum Schaden zufügen kann, jedoch gelten in den USA andere Standards.
Weiterhin stößt die Affäre in eine innenpolitisch nachrichtenarme Zeit, was nicht zuletzt an einer Opposition liegt, die mehr mit sich selbst beschäftigt ist, als Themen auf die politische Agenda zu setzen. Der Bundesregierung kann das alles nur recht sein."
Sie finden den Kommentar von Dr. Reimar Zeh auch online unter:
http://blogs.fau.de/news/2012/11/15/amerikas-amouren-im-spiegel-der-deutschen-be...
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Universität Erlangen-Nürnberg
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Dr. Reimar Zeh
Bild: privat
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Criteria of this press release:
Journalists
Media and communication sciences, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications
German
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