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Wissenschaft
Das langjährige Ringen der Europäischen Union um eine gemeinsame Asylpolitik hat bald ein Ende, wohl im Mai wird die EU das „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ verabschieden. Was das bedeutet und warum es wichtig ist, dass Wissenschaft und Öffentlichkeit die Umsetzung dieser neuen Richtlinien genau verfolgen, erklärt PD Dr. Petra Bendel, Geschäftsführerin des Zentralinstituts für Regionenforschung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).
Kurz vor Ostern, am 27. März, erklärte die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström, der Ausschuss der Ständigen Vertreter und das Europäische Parlament hätten einen politischen Durchbruch über das seit fünf Jahren höchst umstrittene, revidierte „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ erzielt. Voraussichtlich im Mai werden die beiden europäischen Gesetzgeber, Rat und Parlament, das Paket aus drei Richtlinien und zwei Verordnungen verabschieden, mittels dessen die Europäische Union die vielfach kritisierten Fehler des bislang geltenden Asylsystems verbessern will.
Das Asylpaket regelt dann aufs Neue, wer überhaupt als Flüchtling gelten soll, wie diese Menschen aufzunehmen sind und wie Asylverfahren verlaufen. Es fixiert, wer in Europa für die Behandlung eines Asylbegehrens zuständig ist – die so genannte „Dublin-Verordnung“ – und wer auf die dafür eingerichtete Fingerabdruck-Datenbank EURODAC Zugriff erhält.
Ziel ist es, höhere Standards zu setzen und EU-weit ein Schutzniveau für Flüchtlinge und Asylbewerber anzugleichen, das u.a. das Hohe Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen zu Recht als regelrechte „Schutzlotterie“ gegeißelt hatte. Noch immer nämlich macht es einen Riesenunterschied, in welchem EU-Mitgliedstaat Flüchtlinge ankommen: In manchen Staaten herrschen menschenunwürdige Aufnahme-, Haft- und Verfahrensbedingungen, funktionieren die Asylsysteme überhaupt nicht. Das hat auch eine wegweisende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vor zwei Jahren im Falle einer Abschiebung von Belgien nach Griechenland verdeutlicht. Einige Staaten haben eine hohe Anerkennungsquote in Asylverfahren, andere eine sehr niedrige, auch wenn es sich um Menschen mit einem ganz ähnlichen Fluchthintergrund und Schutzbedürfnis handelt.
Nunmehr soll jeder Angehörige eines Nicht-EU-Staates, der oder die internationalen Schutz benötigt, einen angemessenen Status erlangen. Und schließlich soll endlich auch das eherne Prinzip des internationalen Flüchtlingsrechtes gewährleistet werden: das Gebot der Nicht-Zurückweisung. Als zwingende Regel des Völkerrechts legt dieses fest, dass kein Staat einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen darf, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde.
Insgesamt weist das neue System einige flüchtlingsrechtliche Verbesserungen auf. Weiter reichende Reformen jedoch, wie sie von der Europäischen Kommission in den ursprünglichen Entwürfen vorgeschlagen worden waren, blieben im Brüsseler Verhandlungsmarathon stecken. Dies hängt eng mit den massiv im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens „hineinverhandelten“ Interessen einiger Mitgliedstaaten zusammen. Es bleibt aber schwer nachvollziehbar, welche Interessen sich wann und unter welchen Bedingungen durchsetzen: Das Aushandeln im so genannten „Trilog“ zwischen Parlament, Kommission und Rat ist intransparent, das Verhandeln im Rat entzieht sich weitestgehend der öffentlichen Kontrolle.
Das führt dazu, dass auch viele flüchtlingsnahe Advocacy-Organisationen in großer Distanz zur europäischen Politik verharren und ihre Einflusschancen ungenügend wahrnehmen. Ihre Aufgabe ist es nunmehr, in einem effizienten Monitoring auf die Umsetzung der beschlossenen Richtlinien zu beharren: in Brüssel und Berlin, in Athen, Rom sowie in Budapest. Auch die Wissenschaft hat aus meiner Sicht hier eine wichtige Funktion: Wir können und sollten die Gesetzgebung in der EU kritisch beleuchten, den Prozess der Transposition und Implementation dieses neuen europäischen Rechts in nationale politische Entscheidungen eng nachverfolgen. Wir können und sollten darauf aufmerksam machen, wo weiterhin Schutzlücken im Sinne der menschen- und flüchtlingsrechtlichen Verantwortung bestehen.
Ansprechpartner für die Medien:
PD Dr. Petra Bendel
Tel.: 09131/85-22368
petra.bendel@ze.uni-erlangen.de
PD Dr. Petra Bendel
Foto: privat
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Criteria of this press release:
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Politics, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications
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