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Leidenschaftliche Einkaeufer sind zentrentreu
Vollstaendiges Warenangebot wichtigste Faktoren fuer Zentrenattraktivitaet
Um im Wettbewerb um den Konsumenten zu bestehen sollten Kommunen und Einzelhandelsgemeinschaften ihre Ressourcen weniger in atmosphaerische Details investieren, sondern zuerst darauf achten, dass die ganz profanen einkaufstechnischen Rahmenbedingungen stimmen. "Leidenschaftliche Einkaeufer" weisen wie "Einkaufsgegner" die hoechste Zentrentreue auf. Zu diesem Ergebnis gelangt Elisabeth Gohrbandt in ihrer Staatsexamensarbeit, die am Geographischen Institut der Universitaet zu Koeln unter Betreuung von Professor Dr. Guenther Schweizer entstand.
Im Zeichen zunehmender Konkurrenz wetteifern Staedte untereinander und mit Einzelhandelsstandorten "auf der gruenen Wiese" um den Kunden, der dank seiner hohen Mobilitaet nicht mehr im naechstgelegenen Zentrum einkaufen muss und daher unberechenbar geworden ist. Das Zauberwort im Wettbewerb um den Konsumenten lautet "Einkaufsatmosphaere". Darunter werden landlaeufig vorwiegend aesthetisch-erlebnisorientierte Qualitaeten verstanden. Gemeinden und Interessengemeinschaften des Einzelhandels organisieren Flohmaerkte, begruenen die Fussgaengerzone oder modernisieren die Weihnachtsbeleuchtung, um kaufkraeftige Kundschaft in ihren Bann zu ziehen.
Doch ueberraschenderweise spielen solche Faktoren bei der alltaeglichen Zentrenwahl fuer den Einkauf der Konsumenten so gut wie keine Rolle. Dies ist das Ergebnis einer Befragung von Konsumenten im Spannungsfeld zweier konkurrierender (Geschaefts-) zentren am Beispiel von Gladbach- und Bensberg-Mitte unmittelbar am Rand des Oberzentrums Koeln. Zentrenwahl muss danach als mehrstufiger Entscheidungsprozess betrachtet werden, bei dem der Konsument seine Ziele und Ansprueche mit den bestehenden Handlungsalternativen, d. h. den zur Verfuegung stehenden Zentren, abgleicht, um zu einer befriedigenden Loesung zu gelangen.
Der Konsument eruiert zunaechst aufgrund seiner vorhandenen Informationen, in welchen Zentren er gewuenschte Gueter und Dienste ueberhaupt in der erwarteten Auswahl und Qualitaet erhalten kann. Da dies in der Regel in mehreren Zentren der Fall ist, wird die Wahl als naechstes von der Moeglichkeit beeinflusst, den Einkauf dort mit einer anderen Taetigkeit wie dem Besuch von Arbeitsstaette, Arzt oder Bekannten zu verbinden. Falls dies nicht verwirklicht werden kann, faellt die Entscheidung zugunsten des Zentrums, das mit dem jeweils verfuegbaren Verkehrsmittel besser erreichbar ist. Beide Strategien entspringen dem Beduerfnis, beim Einkauf Zeit zu sparen. Die Wahl des Zentrums erscheint daher als relativ rationaler Vorgang. Bei den Eigenschaften des idealen Geschaeftszentrums rangierte denn in der Sicht der Befragten auch ein vollstaendiges Warenangebot an erster Stelle vor der guten Anbindung an das Verkehrsnetz und der Bedienung durch ein kompetentes Fachpersonal. Nur wenn auch nach Erfuellung des Kriteriums der Kopplung und der Erreichbarkeit noch immer mehrere gleichwertige Zentren vorliegen, was nur selten der Fall ist, koennen die aesthetischen und erlebnisorientierten Eigenschaften von Zentren in den Entscheidungsprozess eingreifen.
Eine groessere Rolle spielt hier jedoch noch die Gewohnheit. Wurde naemlich jemand durch Zufall oder Kopplungsmoeglichkeiten (z. B. den Arbeitsplatz oder einen ueber laengere Zeit notwendigen regelmaessigen Arztbesuch) mit einem Zentrum erst einmal vertraut, so behaelt er diese Orientierung solange bei, wie die individuellen Ansprueche noch in tolerierbarer Weise erfuellt werden. Die hoechste Zentrentreue zeigten dabei bemerkenswerterweise sowohl die Verbraucher, die sich als "leidenschaftliche Einkaeufer" bezeichneten, als auch diejenigen, die Einkaufen nur als laestige Pflicht empfinden. Erstere koennen eine starke emotionale Bindung an ihr Zentrum entwickeln, waehrend die "Einkaufsgegner" lediglich ihre Ortskenntnis nutzen, um den Einkauf so schnell wie moeglich hinter sich zu bringen.
Den Kommunen und Einzelhandelsgemeinschaften waere von daher zu raten, soweit es im Rahmen marktwirtschaftlicher Moeglichkeiten steuerbar ist, auf ein umfassendes Angebot fuer alle Bevoelkerungsgruppen zu achten, wobei nach den Ergebnissen der genannten Studie vor allem ein (grosses) Warenhaus als "Magnet" dienen kann. Ausserdem muss eine gute Erreichbarkeit mit allen Verkehrsmitteln gewaehrleistet sein.
Investitionen in atmosphaerische Details bzw. bereits vorhandenes "Kapital" in Form von attraktiven architektonischen Gestaltungselementen koennen dann, nach Erfuellung der genannten Grundkriterien vor allem fuer die erwaehnten "leidenschaftlichen Einkaeufer" den Ausschlag fuer eine persoenliche emotionale Bindung an ein bestimmtes Zentrum geben.
Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
Fuer Rueckfragen stehen Ihnen am 30. April Frau Gohrbandt in der Zeit von 9.00 bis 12.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr unter der Telefonnummer 02202/59687 und Professor Dr. Guenther Schweizer in der Zeit von 9.00 bis 12.00 Uhr unter der Telefonnummer 02205/1204 und von 14.00 bis 18.00 Uhr unter der Telefonnummer 0221/470-5618 zur Verfuegung.
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Criteria of this press release:
Economics / business administration
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